Verbindendes vor Trennendes stellen: Interview – Landesrätin Bettina Vollath

25.01.2010 | Politik


Verbindendes vor Trennendes stellen

Die gelernte Juristin und Rechtsanwältin Bettina Vollath ist seit Ende September 2009 Landesrätin für Gesundheit, Spitäler und Kultur in der Steiermark. Im Interview mit Ruth Mayrhofer spricht sie über ihre neue Herausforderung, ihre Pläne, und darüber, wie sie auch über Landesgrenzen hinweg tätig sein will.

ÖÄZ: Sie sind nach der vierjährigen Tätigkeit als Landesrätin für Bildung, Jugend, Frauen und Familie nun ins Ressort Gesundheit, Spitäler und Kultur gewechselt. Wie werden Sie diese neue Herausforderung angehen?
Vollath: Mein prinzipieller Zugang bleibt sicher erhalten: Mir selbst ein genaues Bild verschaffen durch viele persönliche Gespräche, Konzepte gemeinsam erarbeiten, Gemeinsames und Verbindendes vor Trennendes stellen, die Zugänge auch in meinen neuen Ressortbereichen so breit wie möglich für alle Steirer zu gestalten …

Bei der Budgetklausur der Steiermärkischen Landesregierung im April 2009 wurde zwar zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Finanzkrise eine Neuverschuldung von 110 Millionen Euro genehmigt, doch diese fließen zur Gänze in Bereiche wie Infrastruktur-, Tourismus- oder Beschäftigungsprogramme. Die Gesundheit – also Ihr Ressort – ging leer aus. Wie lebt es sich mit „leeren Taschen“?

Die steirischen KAGes Landeskrankenhäuser haben das Budget des Landes für 2009 und 2010 nicht belastet, da über die Grundstückstransaktion 1,2 Milliarden für Investitionen – also auch Großprojekte wie das LKH 2020 – und den Betriebsabgang zur Verfügung gestellt wurden. Rund 700 Millionen wurden davon über eine Anleihe als erste Tranche lukriert, die zweite Tranche soll im Frühjahr 2010 aufgelegt werden. Für die Spitäler wurde im Rahmen des Doppelbudgets und mit langfristigen Verträgen vorgesorgt. Die nach den damaligen Budgetverhandlungen eingebrochene Wirtschaftskrise verstärkt die Bedeutung der Investitionen der KAGes, da diese ein wesentlicher Faktor für die Bauwirtschaft und die damit verbundenen Arbeitsplätze sind. Wichtig wäre es daher auch für die Versorgung der Steirer endlich vom Bund die schon mehrmals zugesagte Unterstützung für das Großbauprojekt LKH 2020 zu erhalten, dann würde nicht nur das Gesundheitswesen sondern vor allem auch die Bauwirtschaft profitieren. Hier gibt es seit Monaten keine Reaktionen von Seiten des Bundes, trotz mehrmaligen Anstößen von Kollegen Christian Buchmann (Finanz- und Wirtschaftslandesrat, Anm.), meinem Vorgänger und mir.

Ihr Vorgänger, Landesrat Hirt, hat sich dafür eingesetzt, die Chirurgien an den Landeskrankenhäusern Bad Aussee und Mürzzuschlag zu schließen, um kleinere Einheiten und neue Schwerpunkte zu schaffen. Das ist nicht gelungen. Wie sehen Sie diese Situation?

Ganz einfach: Es gibt gültige Landtagsbeschlüsse, die ich natürlich respektiere, auch wenn ich sachlich die Einschätzung meines Vorgängers und vieler Fachleute sehr gut nachvollziehen kann. Wie die geführte Debatte wieder unter Beweis gestellt hat, ist allerdings gerade die Gesundheitsversorgung ein sehr emotional besetztes Thema, von dem die Bevölkerung unmittelbar betroffen ist. Mein Auftrag ist es nun als ressortzuständiges Regierungsmitglied, die Umsetzung der Landtagsbeschlüsse so zu gestalten, dass die bestmögliche und qualitativ hochwertigste Versorgung für die Bevölkerung vor Ort sichergestellt ist.

Bei der Landesgesundheitsreferenten-Konferenz Mitte Juni dieses Jahres wurde beschlossen, für bedarfsgerechte Ärztegesellschaften einzutreten und damit eine Verschränkung zwischen Bedarfsprüfungsverfahren und integrierter Gesundheitsversorgung einzuleiten. Welche konkreten Maßnahmen werden Sie aus Sicht der Steiermark dafür setzen?
Anlass ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Fall Hartlauer, womit eine Änderung der bestehenden Bundesgesetze notwendig wird. Aus der Sicht der Länder ist es wichtig, dass es zu einer zunehmenden Verschränkung zwischen dem Bedarfsprüfungsverfahren nach dem Krankenanstaltenrecht und den Ergebnissen der integrierten Gesundheitsplanung im Rahmen der Regionalen Strukturpläne Gesundheit kommt. Die dafür notwendigen Änderungen auf Bundesebene – insbesondere des KAKuG – stehen noch aus. In der Steiermark hat man im Rahmen des Ausführungsgesetzes versucht, dies zu berücksichtigen. Daher wurde mit der letzten KALG Novelle 2006 bereits ein Anhörungsrecht der Gesundheitsplattform für sanitätsbehördliche Bewilligungsverfahren festgelegt. Auch bei der Erstellung des Krankenanstaltenplans wurde im KALG die Anhörung des Gesundheitsfonds und damit die Berücksichtigung des Regionalen Strukturplans Gesundheit verankert.

Die Gesundheitspolitik der Länder soll künftig besser aufeinander abgestimmt werden. Wie wollen Sie aus steirischer Sicht dazu beitragen?
Die Steiermark bildet mit Burgenland und Kärnten die Versorgungszone Süd. In regelmäßigen „Zonenkonferenzen“ werden Schnittstellen und aktuelle Anliegen besprochen. Zudem haben wir bei der Erstellung des Regionalen Strukturplans Gesundheit die beiden angrenzenden Bundesländer bei den Berechnungen berücksichtigt. Auch bei der aktuellen Entwicklung von Gesundheitszentren in der Steiermark werden wir mit unseren Nachbar-Bundesländern zusammenarbeiten. Mittlerweile besteht eine gute Zusammenarbeit vor allem in den „Grenzregionen“. Auch mit den anderen angrenzenden Bundesländern, die nicht der Versorgungszone Süd angehören, sollen zukünftig vermehrt Abstimmungen getroffen werden. Im Bereich des Rettungswesens funktionieren die länderübergreifenden Kooperationen schon seit Jahren.

In der Steiermark droht mittelfristig ein Mangel an niedergelassenen Ärzten, insbesondere Fachärzten. Wie wollen Sie dieser Situation begegnen?
Derzeit können noch alle Turnusplätze besetzt werden. Im Bereich der Krankenanstalten hat die KAGes gemeinsam mit der Technischen Universität Graz ein EDV-Tool erarbeitet, das ein Monitoring für die Besetzung und Altersstruktur im fachärztlichen Bereich für die gesamte KAGes bietet. Aktuell werden die gesamten dafür erforderlichen Daten erhoben. So kann die Genehmigung von Ausbildungsstellen und Ausbildungsstätten besser eingeschätzt werden. Durch die Einrichtung der Gesundheitsplattform und die damit verbundene gemeinsame Planung können wir dieses Problem zudem gut im Auge behalten.

Was sind für Sie die drei wichtigsten gesundheitspolitischen Prioritäten für die Steiermark und wie möchten Sie diese umsetzen?
Oberste Priorität hat für mich die höchste Qualität und Sicherheit bei der Patientenversorgung. Hier gilt es, den Regionalen Strukturplan Gesundheit Schritt für Schritt umzusetzen. Ein weiterer meiner Schwerpunkte wird die Vorsorge sein, hier ist es mir ein Anliegen, die steirischen Gesundheitsziele in der Bevölkerung noch bekannter zu machen. Diese Ziele lauten: „Gesunde Lebensverhältnisse schaffen, Rahmenbedingungen für ein gesundes Leben entwickeln und ein gesundheitsförderndes Gesundheitssystem schaffen.“ Daran werde ich mit viel Energie arbeiten, denn das Wohl der Steirerinnen und Steirer liegt mir am Herzen. Wichtig ist mir aber auch, Synergien zu schaffen oder, wo sie schon bestehen, zu verstärken. Mittlerweile arbeitet die KAGes in einigen Projekten sogar schon grenzübergreifend mit Slowenien zusammen, das spart Ressourcen und eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Hier werde ich nicht lockerlassen, um solche Kooperationen weiter voranzutreiben.


Dr. Bettina Vollath


Geboren 1962
in Graz
1988 Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften, Promotion. Anschließend Gerichtspraxis.
1989 – 1999: Geburt von drei Söhnen, Karenzjahre, Teilzeitarbeit in der Privatwirtschaft neben der Kinderbetreuung
1998 – 2000: Viersemestrige Ausbildung zur Mediatorin bei der ARGE für Sozialpädagogik in Wien
1999 – 2005: Tätigkeit in zwei Grazer Rechtsanwaltskanzleien, Rechtsanwaltsprüfung
2005 – 2009: Landesrätin für Bildung, Jugend, Frauen und Familie
Seit 22.9. 2009: Landesrätin für Gesundheit, Spitäler und Kultur

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2010