Interview – Vize-Präs. Günther Wawrowsky: Die Nagelprobe kommt noch

25.06.2010 | Politik


Kurienobmann Günther Wawrowsky berichtet im Interview mit Kurt Markaritzer über die Hintergründe der Vereinbarung mit der SVA, die den vertragsfreien Zustand beendet.

ÖÄZ: Was hat den Stimmungsumschwung gebracht, dass man doch noch zu einer Lösung gefunden hat?
Wawrowsky: Das Verhandlungsklima war schon Ende Mai bei den Gesprächen in Linz, an denen Präsident Wechselberger und Dr. Leitl teilgenommen haben, deutlich besser als vorher. Aber es hat damals trotzdem keine Einigung gegeben, obwohl wir bis spät in die Nacht verhandelt haben. Dann hat sich aber der mediale und politische Druck auf unser Gegenüber verstärkt und das hat schließlich bewirkt, dass die SVA bei den jüngsten Verhandlungen bereit war, jene Verhandlungsergebnisse zu akzeptieren, die wir schon im September erreicht hatten, die dann aber von der SVA im letzten Augenblick verworfen worden sind.

Das Paket, das Sie jetzt vereinbart haben, umfasst aber wesentlich mehr.
Ja, unter anderem werden wir jetzt eine monatliche Abrechnung haben, welche die Ärztekammer immer wieder gefordert hat. Vor allem geht es hier aber um ein Reformprojekt für die Zukunft, das zu einem Muster für ganz Österreich werden könnte. Ich nenne nur die Stichworte Zuwendungsmedizin, Aufwertung des Hausarztes, Verstärkung der Prävention. Hier geht es um umfassende Neuerungen, die wir in der kurzen Zeit nicht allen Kollegen ausführlich erklären konnten. Umso dankbarer bin ich, dass die Kurie in weniger als 24 Stunden einen Umlaufbeschluss zustande gebracht hat; ich empfinde das als Vertrauensbeweis.

Die grundlegenden Neuerungen sollen 2012 wirksam werden.
Bis Ende 2011 müssen die Vorarbeiten für dieses große Reformprojekt erledigt werden. Das wird auch die Nagelprobe, ob das jetzige bessere und partnerschaftliche Verhältnis von Dauer sein wird. Derartig grundlegende Neuerungen kann man nur mit gemeinsamen Anstrengungen durchsetzen und wir hoffen, dass unsere Gesprächspartner auf der Gegenseite diese Kooperationsbereitschaft aufbringen und den Willen, Verbesserungen für die Patienten zu erreichen. In der Vergangenheit war das ja leider nicht immer so, sonst hätte es die vertragsfreie Phase nicht gegeben.

Sind Sie zuversichtlich, dass die Maßnahmen umgesetzt werden können?
Ich bin von Natur aus optimistisch und diesen Optimismus lasse ich mir auch bei einer so schwierigen Aufgabe nicht nehmen. Ich hoffe eben, dass es bei einem partnerschaftlichen Verhältnis mit der SVA bleibt, so wie wir es mit den anderen Sozialversicherungen auch haben. Und ich hoffe auch, dass sich das traditionell gespannte Verhältnis zwischen Wirtschaftskammer und Ärztekammer lockert, dass wir auf der legistischen Ebene vielleicht gemeinsame Vorstöße unternehmen können.

Was hat, zusammenfassend gesehen, der vertragsfreie Zustand gebracht?
Im Wesentlichen drei Dinge. Erstens eine vernünftige, zukunftsorientierte Vereinbarung. Zweitens das Signal an die Politik und die Sozialversicherungen, dass wir zu einem vertragsfreien Zustand bereit sind, wenn man die Ärzteschaft überfordert. Und drittens die Erkenntnis für alle Kolleginnen und Kollegen, dass ein vertragsfreier Zustand nichts ist, vor dem man sich fürchten muss.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2010