Hygieneverordnung: Qualitätssicherung für die tägliche Praxis

15.08.2010 | Politik


Qualitätssicherung für die (tägliche) Praxis

Das Thema Hygiene in Arztpraxen ist eine Selbstverständlichkeit. Allerdings stellt Hygiene auch einen eminent wichtigen Qualitäts- und Vertrauensfaktor für die einzelnen Ordinationen dar.
Von Ruth Mayrhofer

Insgesamt 16 Seiten inklusive Anhänge umfasst die „Verordnung der Österreichischen Ärztekammer über die hygienischen Anforderungen von Ordinationsstätten und Gruppenpraxen“ (kurz: Hygieneverordnung), die jüngst einstimmig ohne Stimmenthaltung bei der Vollversammlung der ÖÄK beschlossen wurde. Diese Verordnung, an der Experten ein Jahr lang gearbeitet hatten, hat zum Ziel, Patienten, Ärzte, Ordinationspersonal sowie ‚beteiligte Dritte‘ (wie es in der Verordnung heißt) vor der Ansteckung mit Infektionskrankheiten in Ordinationen zu schützen. Sie wird mindestens alle drei Jahre auf ihre Aktualität geprüft, gegebenenfalls überarbeitet und erneut freigegeben werden. Die Nachverfolgung und Koordination der Versionsführung obliegt der ÖQMed.

Der Grundsatz der Verordnung lautet, dass für den hygienisch einwandfreien Betrieb der Ordination der Hygieneverantwortliche beziehungsweise der ordinationsführende Arzt selbst verantwortlich zeichnet. Er kann die einzelnen Aufgaben an ausgebildete Mitarbeiter unter seiner Aufsicht delegieren, wobei die Delegation zu dokumentieren ist.

Die Anforderungen an die Hygiene in einer Ordination hängen direkt von der Art der in der Ordination erbrachten Leistungen, der Patientenfrequenz und dem Gefährdungspotenzial besonderer Erkrankungen ab. Deswegen müssen sie für jede Ordination eigens definiert werden. Die in der Verordnung angeführten Allgemeinen Empfehlungen und Leitlinien sind daher dem Leistungsspektrum der jeweiligen Ordination anzupassen. Für jede Ordination und daher entsprechend der erwähnten Kriterien eine Bewertung des Infektionsrisikos vorzunehmen. Auch dies ist die Aufgabe des ordinationsführenden Arztes.

„Mit Maß und Ziel“

Diese neue Verordnung, die gemäß Ärztegesetz verpflichtend umgesetzt werden muss, wurde unter Einbeziehung von Experten der Bundesfachgruppe für Hygiene und Mikrobiologie, der Landesärztekammern und diverser Bezirksbehörden erstellt. „Dabei wurde mit Maß und Ziel vorgegangen, auch welche möglichen finanziellen Auswirkungen die Richtlinie auf eine einzelne Ordination haben könnte“, erklärt der Präsidialreferent für Qualitätssicherung in der ÖÄK, Otto Pjeta, der federführend seitens der ÖQMed an der neuen Richtlinie beteiligt war. Die Richtlinie liefert außerdem jeder Arztpraxis auf umfassende Art und Weise konkrete Informationen und praxisnahe Anleitungen hinsichtlich einer einwandfreien hygienischen Vorgangsweise. Sie nimmt zugleich auf die Art, die Größe der Ordination und die Einrichtung beziehungsweise Ausstattung Bezug und berücksichtigt genauso die diversen Interessenslagen, also jene der Patienten – „Hygiene ist letztlich Teil des Vertrauens“, so Pjeta – der Ärzteschaft, des Gesundheitsministeriums und dessen nachgelagerten Stellen, des Hauptverbandes und der Bezirksverwaltungsbehörden. Pjeta betont, dass mithilfe dieser Leitlinie der Ärzteschaft selbstverständlich anmutende Dinge und Gegebenheiten bewusst gemacht werden sollen und ein möglicher Änderungsbedarf auf die einzelne Praxis zugeschnitten umgesetzt werden kann.


Verwundbare Ordinationen

Nach wie vor ortet Pjeta aber Problembereiche, wenn es um Hygiene in Zusammenhang mit Ordinationen geht: So sei etwa die Entsorgung von medizinischen Abfällen, wie sie derzeit gesetzlich vorgesehen ist, nicht lebbar, weil darin auch „der Amtsschimmel grüßen“ lässt. Er setzt sich daher für eine Änderung des entsprechenden Paragraphen ein. Oder: Zunehmend zeigen Patienten eine vorgeblich mangelnde Hygiene in Arztordinationen beim Magistrat beziehungsweise bei Bezirksbehörden an. Im schlimmsten Fall – also, wenn der Verdacht sich bestätigt – muss die inkriminierte Ordination geschlossen werden, die Haftpflichtversicherung zahlt nicht, es entsteht großer finanzieller Schaden. „In diesen Fällen ist die Umsetzung der neuen Hygieneverordnung ein wichtiges und präventives Schutzschild für die Ärzteschaft“, ist Otto Pjeta überzeugt.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2010