Ärzteausbildung: Kein Idealzustand

15.08.2010 | Politik

Die Ausbildungssituation an den österreichischen Spitälern wurde neuerlich in einer repräsentativen Studie des Instituts für Empirische Sozialforschung (IFES) durchleuchtet. 620 Ärzte in Ausbildung – also rund zehn Prozent aller Turnusärzte – wurden dafür befragt.
Von Ruth Mayrhofer

Das Ergebnis der Studie – nach 2003 und 2006 ist sie die dritte zum Thema – zeigt, dass Turnusärzte in Ausbildung zum Facharzt besonders unter langen Dienstzeiten (im Rahmen der Facharztausbildung bisweilen bis zu 76 Wochenstunden) leiden, Turnusärzte in Ausbildung zum Arzt für Allgemeinmedizin vor allem für administrative Tätigkeiten eingespannt werden. Im Vergleich zur IFES-Studie 2006 ergaben sich zwar geringfügige Verbesserungen, welche jedoch nach Beurteilung von Harald Mayer, Vizepräsident der ÖÄK und Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte, „noch weit vom Idealzustand“ entfernt seien. Zur Entspannung der Situation verlangt Mayer eine generelle Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie grundsätzliche Änderungen in der Ausbildung zur Allgemeinmedizin. Denn: Sollte sich an der Ausbildungssituation nichts ändern und schaffe man keine ausreichend guten Rahmenbedingungen für alle Ärzte in Ausbildung, seien Qualitätseinbußen im Bereich der Allgemeinmedizin zu erwarten, warnt Mayer. Außerdem würden sich nur noch wenige Ärzte nach einer abgeschlossenen Facharztprüfung bereit erklären, im Spital zu arbeiten.

Papierkrieg reduzieren

Aber nicht nur eine deutliche Verringerung der teilweise gesetzwidrig langen Arbeitszeit – etwa eine gesetzliche Beschränkung der maximal zulässigen Dienstdauer auf 25 Stunden – sondern auch eine Reduktion der administrativen Arbeiten scheint das Gebot der Stunde: Immerhin verwenden derzeit fast die Hälfte der Turnusärzte in Ausbildung zum Allgemeinmediziner satte 47 Prozent ihrer wöchentlichen Arbeitszeit für Administration und Dokumentation. Bei der Facharzt-Ausbildung liegt der Anteil des „Papierkriegs“ immerhin noch bei 34 Prozent. „Ein Großteil der administrativen Arbeit könnte leicht delegiert werden“, meint ÖÄK-Vize Mayer und fordert die flächendeckende Einführung von Administrations-Assistenten. „Dann hätten die angehenden Mediziner endlich Zeitressourcen frei für das, was in ihrem Beruf wirklich wichtig ist: die Medizin.“

Der hohe administrative Aufwand wirkt sich auch auf die subjektive Wahrnehmung der Qualität der Ausbildung aus: Diese wird vor allem von angehenden Allgemeinmedizinern schlecht bewertet: 38 Prozent sind mit der derzeitigen Ausbildungssituation „überhaupt nicht zufrieden“, weitere 36 Prozent können sich gerade noch zur Note 3 durchringen. Künftige Fachärzte zeigen sich etwas zufriedener: 34 Prozent beurteilen die Ausbildung als „gut“, weitere 35 Prozent empfinden sie als „befriedigend“.

Aber es gibt, wie die Studie ausweist, auch durchaus positive Aspekte: Im Vergleich zu früheren Studien zeigt sich, dass die Turnusärzte den Punkt „Führungsstil“ kontinuierlich besser beurteilen. „Das hat mit einem Generationswechsel in den Krankenhäusern und damit einem moderneren Führungsstil mit flacheren Hierarchien zu tun“, interpretiert Georg Michenthaler von IFES.

Von der Idee, den Allgemeinmedizin-Turnus abzuschaffen, hält Bundeskurienobmann Mayer nichts. Vielmehr solle man den Allgemeinmedizin-Turnus optimieren und sich auf seine eigentliche Aufgabe konzentrieren, nämlich, künftige Allgemeinmediziner auszubilden. „Ausbildung muss der Gesellschaft etwas wert sein – das ist eine Investition in die Zukunft!“ Und er ergänzt: „Es geht auch darum, den Turnus attraktiver zu gestalten, denn dadurch kann in letzter Konsequenz auch dem drohenden Ärztemangel vorgebeugt werden!“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 15-16 / 15.08.2010