neu & aktuell: Medizinische Kurzmeldungen

25.09.2010 | Medizin

Keine Schmerzlinderung durch Zuckerwasser

Zuckerwasser ändert lediglich den Gesichtsausdruck von Neugeborenen, hat aber keinen schmerzlindernden Effekt bei Babys. Das berichten Forsches des University College London, die mit einer schmalen Klinge an der Ferse 59 Neugeborener, die entweder steriles Wasser oder Zuckerwasserlösung erhalten hatten, kratzten und deren Gehirnreaktion überwachten.
APA/The Lancet


Erdnussallergie: erfolgreiche Desensibilisierung

23 Allergikern zwischen drei und 14 Jahren wurden sieben Monate lang kleinste Mengen an Erdnüssen verabreicht: Nach sieben Monaten erreichten 60 Prozent eine Toleranz gegenüber dieser Menge, ein Kind sprach nur teilweise an, vier Kinder erlitten Nebenwirkungen. Diese Desensibilisierung wurde in einer Pilotstudie der Klinik für Pädiatrie am Virchow-Klinikum der Berliner Charité durchgeführt.
APA

Ketamin als Antidepressivum

Das bisher vor allem als Anästhetikum eingesetzte Ketamin zeigt in geringerer Dosierung bei fast 70 Prozent der Patienten, die vorher nicht auf Therapien ansprachen, rasch eine antidepressive Wirkung. Der Nachteil: Die Injektion kann Psychose-artige Zustände verursachen. Ketamin könnte vor allem bei akut suizid-gefährdeten Menschen zum Einsatz kommen.
APA/Science

Grapefruit-Bitterstoff gegen Diabetes

Naringenin – es entsteht beim Abbau von Naringin und ist für den bitteren Geschmack von Grapefruits verantwortlich – macht Ratten sensibler für Insulin und fördert außerdem den Fettabbau. Naringenin aktivierte in der Leber der Tiere eine Gruppe von Proteinen, die am Abbau von Fettsäuren beteiligt sind, berichteten die Forscher der Universität Jerusalem.
APA/PLoS One

ADHS: fast eine Million Fehldiagnosen

In den USA leben möglicherweise fast eine Million Kinder mit der falschen Diagnose ADHS; vor allem jüngere Kinder einer Jahrgangsstufe im Kindergarten oder in der Schule seien fehl diagnostiziert – wie eine Studie an 12.000 Kindern ergab. Laut Studienautor Todd Elder von der Universität Michigan würde bei den jüngsten Kindergarten-Kindern eines Jahrgangs durchschnittlich 60 Prozent häufiger ADHS diagnostiziert als bei den Gruppenältesten; bei Schulkindern sei der Anteil sogar bis zu doppelt so hoch. „Die Symptome könnten einfach nur die emotionale und geistige Unreife der jüngeren Kinder widerspiegeln“, erklärt Todd. Die Arzneimittelkosten für die falschen Diagnosen betragen zwischen 320 bis 500 Millionen Dollar. Darüber hinaus sind die Langzeitfolgen der Behandlung von Kindern mit Psychopharmaka nicht gut erforscht.
APA/Journal of Health Economics

Gesundheitsschäden nach Ölpest-Hilfseinsatz

Die Rettungshelfer, die an den Säuberungsarbeiten nach der schlimmsten Ölpest in der Geschichte Spaniens im Jahr 2001 beteiligt waren, zeigen häufig Symptome von Atemwegsproblemen sowie chromosomale Veränderungen der Lymphozyten, mit welchen ein erhöhtes Krebsrisiko einhergeht. Zwischen September 2004 und Februar 2005 wurden insgesamt 501 Fischer, die an den Arbeiten beteiligt waren, untersucht; ebenso auch 177 Fischer, die nicht im Einsatz waren. Die Wissenschafter ziehen den Schluss, dass die Rettungsarbeiten „offenbar gesundheitsschädliche Folgen“ hatten; es sei jedoch nicht gesichert, dass die Beeinträchtigungen direkt von dem Öl kamen, dem die Helfer ausgesetzt waren. Beim Untergang des liberianischen Tankers „Prestige“ gelangten rund 64.000 Tonnen Schweröl vor der spanischen Westküste ins Meer.
APA/Annals of Internal Medicine

YouTube-Clips fördern Rauchen

Laut einer neuseeländischen Studie der University of Otago in Wellington fördert das Internet-Videoportal YouTube das Rauchen bei jungen Menschen. Werbefiguren wie der Marlboro-Cowboy, die längst in Fernsehen, Kino und auf Plakatwänden verboten sind, würden durch die Hintertür YouTube ein positives Raucherimage verbreiten. Die Forscher untersuchten Video-Clips, in denen fünf der bekanntesten Zigarettenmarken auftauchten: Filmszenen mit rauchenden Stars, von der Tabakindustrie gesponserte Ausschnitte von Sportereignissen sowie längst verbotene Werbung. Von den 169 analysierten Clips vermittelten 71 Prozent ein positives und vier Prozent ein negatives Bild vom Rauchen. 25 Prozent wurden als neutral bewertet. Demnach würde die Tabakindustrie vom Marketing-Potenzial des Web 2.0 stark profitieren, ohne Gesetze oder Werberichtlinien zu brechen. Die Sprecher der betroffenen Konzerne versicherten, keine Werbung mehr über YouTube betreiben zu wollen; von YouTube selbst gibt es bis dato keine Stellungnahme.
APA/Tobacco Control


Digitale Medien verändern Gehirn

Die intensive Nutzung digitaler Medien verändert laut dem Neurobiologen Gerald Hüther nicht nur unser Gehirn, sondern ermöglicht den Nutzern auch das schnellere Erkennen von Bildern und eine raschere Reaktion mit der Hand auf das Gesehene. Bei diesen sogenannten „Digital Natives“, die mit PC, Internet und Handy aufgewachsen sind, sei außerdem jene Gehirnregion im motorischen Cortex größer, die für die Steuerung des Daumens zuständig ist. Es kommt zur Anpassung der Nervenzellverschaltung im Gehirn, sobald man sich über längere Zeit mit besonderer Begeisterung mit etwas beschäftigt. Diese „Nutzungsabhängige Neuroplastizität“ ist bis ins hohe Alter möglich; aber besonders Gehirne von Kindern sind sehr gut formbar. Die „Digital Natives“– laut Hüther gehören dazu alle nach 1980 Geborenen – verarbeiten Informationen folglich anders als die „Digital Immigrants“, die nicht von klein auf von neuen Medien umgeben waren.
APA

Paracetamol steigert Allergie-Risiko bei Jugendlichen

Selbst die gelegentliche Einnahme von Paracetamol führt bei Jugendlichen zu einem verstärkten Risiko für Asthma, Ekzeme und allergischen Schnupfen, wie eine internationale Studie des Medizinischen Forschungsinstituts in Neuseeland rund um Richard Beasley zeigt. Bei einer Befragung von mehr als 300.000 Jugendlichen in 50 Ländern zeigte sich, dass die regelmäßige Einnahme der Substanz mit einer 2,5-fach höheren Asthma-Wahrscheinlichkeit einhergeht. Beim gelegentlichen Gebrauch zeigte sich ein um fast die Hälfte erhöhtes Risiko. In ähnlichem Maß stieg die Gefährdung für Rhinokonjunktivitis. Zwar beweist die Studie nicht, dass das Medikament die Ursache für diese Allergien war; allerdings deuten etliche frühere Untersuchungen stark auf einen solchen Zusammenhang hin. Diese Verbindung müsse dringend geklärt werden, betonte Beasley. Das Problem betreffe auch Schwangere und Erwachsene.
APA/American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2010