Alpine Notfallmedizin: Made in Austria

25.09.2010 | Medizin

Ärzte, die im alpinen Notarztbereich tätig sind, konnte ihre Kenntnisse beim „Spezialkurs für Alpine Rettung und Notfallmedizin“ Mitte September an der Dachstein-Südseite erweitern. Der zweiteilige Fortbildungslehrgang fand heuer österreichweit zum ersten Mal statt.
Von Birgit Oswald

Die Steirische Ramsau war vom 11. bis 16. September Kulisse des ersten österreichischen Spezialkurses für Alpine Rettung und Notfallmedizin. Erstmals war es Notärzte möglich, eine spezifische Aus- und Fortbildung in den Bereichen alpine Notfallmedizin, alpine Rettungstechnik sowie Fels- und Eisklettern zu erhalten. Bisher gab es österreichweit kein umfassendes Ausbildungspaket in diesem Bereich, sondern lediglich vereinzelte Möglichkeiten, die urbane Notarztausbildung durch Bergrettungstechnik zu erweitern.

Der sechstägige Wochenkurs fügt sich in ein international akkreditiertes dreistufiges Alpinmedizinisches Diplomausbildungssystem ein, wobei bislang nur die ersten beiden Stufen, der Basiskurs für Alpinmedizin und die Expeditionsmedizin, in Österreich angeboten wurden. Die dritte Stufe, der Kurs zur alpinen Notfallmedizin, fand bisher nur fernab des deutschsprachigen Raums in Argentinien statt, wo dieser 2005 von der Internationalen Kommission für alpines Rettungswesen erstmals veranstaltet wurde. „Ich wollte diese Fortbildung im Bereich der alpinen Rettungsmedizin unbedingt auch in Österreich umsetzen. Der Kurs ist quasi das Ergebnis der Zusammenarbeit von der Christophorus Flugrettung und der Österreichischen Gesellschaft für Alpin- und Höhenmedizin,“ so Lehrgangsleiter Günther Sumann, Leiter des Instituts für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Krankenhaus Vöcklabruck.

Die Kursdauer beträgt zweimal sechs Tage, die einmal im Winter und einmal im Sommer zu absolvieren sind. Im März dieses Jahres konnte bereits das erste Modul absolviert werden. Nach Erfüllung beider Module schließt die Ausbildung mit einer Prüfung, wodurch das Internationale Diplom für alpine Rettungsmedizin erworben werden kann. Der Kurs kann aber auch als 20-Stunden Notarztrefresher angerechnet werden. Die Lehrinhalte werden jeweils an die Jahreszeit angepasst; demnach stellen in der warmen Jahreszeit Notfälle im Zusammenhang mit Felsklettern, Canyoning, Paragleiten und Mountainbiking Kursinhalte dar, während der Fokus im Winter etwa auf Lawinenmedizin, Gletscher-, Kälte- und Pistenrelevante Themen gelegt wird. Zwei Drittel der Kursinhalten werden in Form von praktischer Ausbildung im Gelände vermittelt, wo neben alpinistischer Notfallversorgung auch Bergrettungs-, Seil-, Hubschrauber- und Bergungstechnik gelehrt werden, das restliche Drittel besteht aus Theorieunterricht im Lehrsaal.

„Wir verlangen eine gute körperliche Fitness und Übung im alpinen Gelände. Wir gehen davon aus, dass sich die Teilnehmer regelmäßig im alpinen Gelände bewegen. Sie sollen eine gewisse Grundkenntnis der Bergsteigerei mitbringen“, betont Sumann. Besonders im Westen und im gebirgigen Teil Österreichs besteht laut dem Fachmann für Alpinmedizin ein großer Bedarf an Ärzten, die im alpinen Bereich, sowohl in der Flugrettung als auch im bodengebundenen Bergrettungsdienst tätig sind. Die Ausbildung richtet sich vor allem an Flug- und Bergrettungsärzte, die aktive Einsätze im alpinen Bereich absolvieren müssen, als auch an die in den betroffenen Gebieten ansässigen Ortsstellenärzte, die meist Allgemeinmediziner sind und freiwillig dem Österreichischen Bergrettungsdienst angehören.

Erstmals kamen Videoanalysen bei den Trainings im Gelände zum Einsatz. Diese wurden zur genauen und kritischen Fehleranalyse eingesetzt und wurden bisher im alpinen Bereich noch kaum genutzt. Und auch allgemeine Neuigkeiten der alpinen Medizin wurden vermittelt. „Es gab in den letzten Jahren einen Trendwechsel. Um die Stabilität eines Patienten während des Transportes nicht zu gefährden und innere Blutungen sowie das Abkühlen des Patienten nicht zu verstärken, ist man nun mit invasiver Therapie vorsichtiger“, erklärte der Experte. Und er ergänzt: „Wir wollen künftig den Kurs auch auf Englisch anbieten, um das Teilnehmerspektrum noch einmal zu vergrößern. Die hohe Kompetenz und Praxis, die wir hier in Österreich haben, soll auch international bekannt werden.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 / 25.09.2010