Ärztetage Grado 2010: Blackout: keine Bagatelle

25.04.2010 | Medizin

Umgangssprachlich oft ganz anders verwendet, versteht man in der Medizin darunter jedoch einen Bewusstseinsverlust unklarer Ursache. Über die Details und die entsprechenden Schritte bei der Abklärung informiert ein Experte bei den diesjährigen Ärztetagen in Grado Ende Mai.
Von Corina Petschacher

Vielen ist es schon passiert: Man verliert aus ungeklärten Gründen kurz das Bewusstsein, weiß nicht, was gerade passiert ist, wundert sich und ignoriert das Geschehene als einmaliges Vorkommnis. Vor der Bagatellisierung des „Blackouts“ warnt allerdings Univ. Prof. Gerhard Luef von der Neurologischen Universitätsklinik Innsbruck. Blackout ist eigentlich ein Begriff aus der Umgangssprache, der häufig falsch gebraucht wird, etwa für Symptome wie Gedächtnisverlust, Verwirrtheit oder auch Bewusstseinseintrübung, aber auch im Zusammenhang mit übermäßigem Alkoholkonsum ist er in aller Munde. In der Medizin aber spricht man von einem Blackout, wenn es zu einem Bewusstseinsverlust unklarer Ursache gekommen ist, so Luef.

Vielfältige Ursachen

Da die Ursachen für den ungeklärten Bewusstseinsverlust so vielfältig sind, ist eine genaue Anamnese wichtig. Hier handelt es sich vor allem um eine Fremdanamnese, denn die Betroffenen erinnern sich ja selbst an das Ereignis nicht, erklärt Luef am Beispiel eines Blackouts im Rahmen von epileptischen Anfällen, bei denen der Betroffene über einen bestimmten Zeitraum das Bewusstsein verloren hat und nur durch Erzählungen von Beteiligten rekonstruiert werden kann, was genau passiert ist.

Die Anamnese stellt grundsätzlich die wichtigste diagnostische Maßnahme dar, da körperliche Untersuchung und apparative Diagnostik im symptomfreien Intervall häufig unauffällig sind. So können beispielsweise Ursachen wie ein vorausgegangener Unfall, eine bereits bekannte Epilepsie oder kardiale Erkrankungen in der Vorgeschichte des Patienten schnell geklärt werden und Schritte in die entsprechende Richtung unternommen werden. Können aus der Anamnese keine Rückschlüsse auf die Ursache des Blackouts gezogen werden, ist eine genaue körperliche Untersuchung mit Schwerpunkt auf die Examination des Herzens und eine genaue neurologische Abklärung notwendig.

Zu den häufigsten Ursachen eines Blackouts zählen epileptische Anfälle und Synkopen. „Das Schreiben eines EEG’s ist der nächste Schritt in Richtung Diagnosefindung. Es zeigt bei einem epileptischen Geschehen ein charakteristisches Bild in den ersten zwanzig Stunden nach dem Ereignis. Danach sind keine Veränderungen mehr sichtbar“, erklärt Luef. Deswegen sei es wichtig, so rasch wie möglich ein Krankenhaus aufzusuchen, um Zeichen für eine Epilepsie noch nachweisen zu können. Eine weitere Methode, die ebenfalls zur Abklärung eines Blackouts im Krankenhaus durchgeführt wird, ist die so genannte Kipptisch-Untersuchung, wenn Verdacht auf eine Synkope als Ursache des Blackouts besteht. Verschiedenste Arten der Synkopen können einen Bewusstseinsverlust auslösen. Nach der vorherrschenden Ursache teilt man sie ein in kardiogene, vaskuläre und zerebrale Synkopen, die vom jeweiligen Facharzt genau abgeklärt werden sollten.

Weitere Ursachen, die es bei einem Blackout abzuklären gilt, reichen von leichter Exsikkose, Hypoglykämie und Hyperventilation bis hin zu malignen Tumoren des Gehirns, Herzerkrankungen, transitorischen ischämischen Attacken, Schlaganfällen und Karotissinusstenosen. Wegen der vielfachen Ursachen für ein Blackout gibt es auch keine einheitliche Therapie; die Behandlung erfolgt je nach Ursache spezifisch.

Abklärung durch Experten wichtig

„Die genaue Zahl der Patienten mit einem Blackout ist nicht bekannt, wir sehen sie aber jeden Tag im Krankenhaus“, so Luef. Seinen Aussagen zufolge ist die Dunkelziffer der Patienten mit Bewusstseinsverlust unklarer Ursache hoch: „Viele gehen nicht zum Arzt und ignorieren das Ereignis einfach, andere werden zum Teil ohne weitere Abklärung wieder nach Hause geschickt.“ Weswegen der Experte auch fordert: „Unbedingt schon beim ersten Auftreten eines Blackouts abklären lassen.“ Denn der Bewusstseinsverlust werde oft bagatellisiert, „leider auch von Ärzten“, bedauert Luef. Sein Tipp: Der Allgemeinmediziner soll nicht verharmlosen und die Symptome als einmalig und bereits vorbei abtun, sondern weitere Abklärungsschritte einleiten, zum Neurologen und Kardiologen schicken. Patienten selbst bagatellisieren ihre Symptome auch sehr oft, gehen bei einmaligem Auftreten eines Blackouts häufig gar nicht zum Arzt oder verharmlosen die Symptome sich selbst gegenüber, nach dem Motto: Jetzt ist ja wieder alles in Ordnung, es war sicher nur die Hitze, der Füssigkeitsmangel etc. die Ursache. Eine solche Verharmlosung kann schwerwiegende Folgen haben, da sowohl harmlose Erkrankungen als auch Malignome des Gehirns oder ein Schlaganfall dahinter stecken können, dessen Folgen bei nicht Beachtung bleibend oder sogar tödlich sein können. Es gilt: In jedem Alter auf jeden Fall vom Experten abklären lassen! Denn: „Ein Blackout kann ein einmaliges Ereignis sein, kann aber auch Vorbote für etwas Schlimmeres sein“, so Luef abschließend. 

Amnesien

Im Rahmen des Bewusstseinsverlustes treten auch oft Amnesien auf, die je nach Ursache in verschiedene Kategorien eingeteilt werden können:

  • Anterograde Amnesie: Amnesie für eine bestimmte Zeit nach einem schädigenden Ereignis zum Beispiel bei Unfällen mit Schädelhirntrauma.

  • Retrograde Amnesie: Amnesie für einen bestimmten Zeitraum vor Eintritt eines schädigenden Ereignisses.
  • Kongrade Amnesie: für die Zeit der eigentlichen Bewusstlosigkeit.
  • Transitorische globale Amnesie: Patienten wirken verwirrt und stellen ständig dieselben Fragen, Spontanremission innerhalb von Stunden.

 

 

Ärztetage in Grado

Zeit:
30. Mai bis 5. Juni 2010

Ort:
Grado

Details und Anmeldung:
www.arztakademie.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2010