Thea­ter­mu­seum: Gus­tav Mahler und Wien: Der Künst­ler und seine Stadt

25.06.2010 | Kultur

Wien, Wien, nur du allein? Man kennt die Tücken die­ser unver­gleich­li­chen Stadt, die es ihren Künst­lern nicht leicht macht. Den­noch blieb Gus­tav Mahler „lei­der“, wie er betonte, „ein ein­ge­fleisch­ter Wie­ner“.
Von Renate Wag­ner

Viele der Gro­ßen, die spä­ter den Glanz der Kai­ser­stadt Wien aus­mach­ten, kamen aus den Län­dern der Mon­ar­chie wie der aus Mäh­ren stam­mende Gus­tav Mahler. Gebo­ren 1860 (man fei­ert sei­nen 150. Geburts­tag), ver­stor­ben 1911 in sei­ner neuen Hei­mat­stadt, unter­sucht das Thea­ter­mu­seum die ebenso span­nungs­rei­che wie künst­le­risch tur­bu­lente und frucht­bare Zeit, die Gus­tav Mahler in Wien ver­brachte. Es waren letzt­end­lich doch mehr als zwei Jahr­zehnte, die zu den wich­tigs­ten sei­nes Lebens zählen.

Zuerst kam der unge­mein begabte Junge, der zwi­schen sei­nem 15. und 20. Lebens­jahr die Grund­la­gen sei­nes Künst­ler­tums legte, als Stu­dent hier­her. Seine Kan­tate „Das kla­gende Lied“, die er für den Beet­ho­ven-Preis ein­ge­reicht hat, machte kei­nen Preis, und keine frühe Kar­riere stellte sich ein. Gus­tav Mahler musste lange Jahre als Diri­gent durch viele Städte zie­hen, von der öster­rei­chi­schen Pro­vinz wie Bad Hall oder Olmütz bis in deut­sche Groß­städte wie Ham­burg. 17 Jahre eiserne Thea­ter­pra­xis, in denen Gus­tav Mahler – der gleich­sam „neben­bei“ Kom­po­nist war und im Laufe sei­nes Lebens u.a. neun Sym­pho­nien voll­endete – seine hohen Ansprü­che an den Thea­ter­be­trieb aus­for­mu­lierte. Als er – der Jude war zum Chris­ten­tum kon­ver­tiert – dann für zehn Jahre Direk­tor der Wie­ner Hof­oper wurde, hat er mit gro­ßem Erfolg ver­sucht, die Oper von einer, wie er meinte, „toten“ Tra­di­tion zu befreien und mit Hilfe des Aus­stat­ters Alfred Rol­ler zu einem Ort neuer, leben­di­ger Aus­ein­an­der­set­zung zu machen. Hier setzt die Aus­stel­lung im Thea­ter­mu­seum (die Mahlers Pri­vat­le­ben mit sei­ner berühmt-berüch­tig­ten Gat­tin Alma weit­ge­hend aus­spart) ihre Schwer­punkte. Hier erwa­chen auch in vie­len Büh­nen­bild­mo­del­len legen­däre Auf­füh­run­gen zum Leben, hier bli­cken die damals berühm­ten Sän­ger wie Leo Sle­zak auf die Besu­cher herab, da erzeu­gen Kos­tüme den Ein­druck höchs­ter Leben­dig­keit, da berich­ten Thea­ter­zet­tel, Fotos, Doku­mente von Höchstleistungen.

Aber Wien war für Mahler kei­nes­wegs ein ein­zi­ger Tri­umph: Was immer er durch­setzte, musste er gegen Wider­stände aller Art erkämp­fen, und seine Feinde ruh­ten nie, bis sie ihn nach zehn Jah­ren sei­ner Tätig­keit end­lich stürz­ten. Der Welt­ruhm, den er als Diri­gent im Ame­rika erfuhr, wurde einem schon tod­kran­ken Mann zuteil. Schließ­lich kam er nach Wien zurück, um hier zu ster­ben. Sein Grab hatte er sich schon gekauft…

Selbst­ver­ständ­lich wird nicht nur der Thea­ter­prak­ti­ker Mahler behan­delt. Man sieht auch kost­bare Ori­gi­nal­par­ti­tu­ren, und gera­dezu berüh­rend per­sön­lich wird die Aus­stel­lung, wenn man etwa vor sei­nem Diri­gen­ten­stab oder sei­ner Wan­der­kappe steht. Kuriose Erin­ne­run­gen an die Mahler-Zeit sind etwa Zie­gel­steine des alten Musik­ver­eins-Gebäu­des. Der Zeit­geist von heute mani­fes­tiert sich u.a. in Touch­screens, auf denen heu­tige Diri­gen­ten über ihre Mahler-Erfah­run­gen spre­chen. So ent­fal­tet sich auf brei­tes­ter Ebene das Bild eines Künst­lers in der Stadt, die ihm allen Anfein­dun­gen zum Trotz doch mehr zur „Hei­mat“ gewor­den ist als jede andere. 

Was, Wann, Wo:

Gus­tav Mahler und Wien
Bis 3. Okto­ber 2010,
täg­lich außer Mon­tag 10 bis 18 Uhr
Öster­rei­chi­sches Thea­ter­mu­seum,
Lob­ko­witz­platz 2, Wien

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 12 /​25.06.2010