Kunst­his­to­ri­sches Museum: Johan­nes Ver­mee: Ein Bild erzählt seine Geschichte

10.03.2010 | Kultur

Öster­reich besitzt nur einen ein­zi­gen Ver­meer. Aber er ist nicht nur das vom For­mat her größte Bild, das er je gemalt hat, son­dern auch eines sei­ner berühm­tes­ten, geheim­nis­volls­ten – und umstrit­tens­ten …
Von Renate Wag­ner

Wenn das Kunst­his­to­ri­sche Museum in Wien einem ein­zi­gen Gemälde eine so genannte „Fokus“-Ausstellung wid­met, gibt es dafür gute Gründe. Da es um die „Mal­kunst“ von Johan­nes Ver­meer geht, um 1666/​68 ent­stan­den, muss man diese nicht lange suchen. Dabei sind sie natür­lich vor­dring­lich, aber durch­aus nicht nur künst­le­ri­scher Natur. Das Werk geriet zuerst in Dis­kus­sion, als wei­tere Ver­lei­hun­gen ver­bo­ten wur­den, da sich nach einer aus­führ­li­chen Rei­se­tä­tig­keit nach dem Zwei­ten Welt­krieg Schä­den her­aus­stell­ten. Das erfor­derte aus­führ­li­che Unter­su­chun­gen, die zu neuen Erkennt­nis­sen über Ver­meers Mal­weise und das von ihm ver­wen­dete Mate­rial führten. 

Wei­tere Unruhe ver­ur­sacht der seit Kriegs­ende und nun wie­der aktu­ell auf­ge­flammte Rechts­streit zwi­schen der Repu­blik Öster­reich als der­zei­ti­gem Besit­zer des Bil­des und der Fami­lie Czernin, die es auf­grund eines genö­tig­ten Ver­kaufs an Adolf Hit­ler im Jahr 1940 nun zurück­for­dert, nach­dem es die Ame­ri­ka­ner nach dem Krieg an Öster­reich zurück gestellt hatten. 

Auf „Spu­ren­su­che“ zur „Mal­kunst“ beschrei­tet man im Kunst­his­to­ri­schen Museum meh­rere Wege. Am anschau­lichs­ten ist der gelun­gene Ver­such, das Bild auf sei­nen „Rea­li­täts­ge­halt“ zu über­prü­fen. Ver­meer zeigt einen Maler in kost­ba­rem Wams, der mit dem Rücken zum Betrach­ter sitzt, die Hand an der Staf­fe­lei, eben mit der Arbeit begin­nend. Links von ihm steht sein Modell, eine blonde junge Frau mit halb geschlos­se­nen Augen, in hell­blauem Kleid, einen Kranz im Haar, in einem Arm ein gro­ßes Buch hal­tend, mit der ande­ren Hand eine Trom­pete. All das fin­det inner­halb einer kost­ba­ren Ein­rich­tung statt, eine reich gemus­terte Tapis­se­rie wirft sich in Fal­ten, an der Decke hängt ein Kron­leuch­ter, im Hin­ter­grund ist eine genau zu iden­ti­fi­zie­rende Land­karte zu sehen. 

Die Wie­ner Aus­stel­lung hat diese Objekte bezie­hungs­weise ähn­li­che gefun­den, das Wams des Künst­lers nach­schnei­dern las­sen und man hat vor allem das Ori­gi­nal der „Land­karte mit den 17 Pro­vin­zen der Nie­der­lande“ von Claes Jansz. Vis­scher aus der Biblio­t­hè­que Natio­nale de France in Paris geholt, und man kann auch ori­gi­nale Gra­phi­ken der Stadt­an­sich­ten betrach­ten, die auf dem Gemälde die Karte umgeben. 

Beson­dere Aspekte sind die Frage nach der Mal­weise (man hat eine Camera Obscura nach­ge­baut, obwohl nicht klar ist, ob Ver­meer sie als Hilfs­mit­tel ver­wen­det hat), nach den ver­wen­de­ten Mate­ria­lien, die genau ana­ly­siert wur­den, und natür­lich die Pro­ve­ni­enz­frage. Inter­pre­ta­to­ri­sche Fra­gen des Bil­des fin­den sich vor allem in dem Kata­log, der auch alle im Lauf der Arbeit an der Aus­stel­lung gefun­de­nen neuen Erkennt­nisse zusammenfasst. 

Was, Wann, Wo:

VERMEER „Die Mal­kunst“
Spu­ren­si­che­rung an einem Meis­ter­werk

Bis 25. April 2010, Diens­tag bis Sonn­tag
10 bis 18 Uhr, Don­ners­tag bis 21 Uhr
Kunst­his­to­ri­sches Museum, 1010 Wien
www.khm.at

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 5 /​10.03.2010