PDE-5-Hemmer: Ein Wechsel lohnt sich

10.03.2024 | Medizin

Erst nach vier- bis fünfmaliger Einnahme kann die Wirksamkeit von PDE-5-Hemmern beurteilt werden, betonen Experten. Kommt es zu Nebenwirkungen, sind diese individuell unterschiedlich. Wird eine Substanz grundsätzlich schlecht vertragen, lohnt sich der Wechsel auf eine andere.

Martin Schiller

PDE-5-Hemmer sind für alle Patienten geeignet, bei denen keine prinzipielle Kontraindikation für sexuelle Aktivität besteht“, sagt Priv. Doz. Anton Ponholzer, Leiter der Abteilung für Urologie und Andrologie am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien. Daher seien sie bei der medikamentösen Therapie der erektilen Dysfunktion (ED) „Mittel der ersten Wahl“. Dennoch haben viele Männer die „unbegründete Sorge“ (Ponholzer) vor gesundheitlichen Folgen und auch Frauen, die ihren Männern deswegen von der Einnahme abraten. „Daher ist wichtig, zu vermitteln: PDE-5-Hemmer sind sehr sicher, sehr gut verträglich und sehr gut wirksam“, betont Ponholzer.

Die auf dem Markt verfügbaren PDE-5-Hemmer unterscheiden sich durch ihre Wirkungsdauer. Diese liegt bei Sildenafil bei vier bis fünf Stunden und beträgt für Tadalafil 24 bis 36 Stunden. Das passende Präparat wird dahingehend ausgewählt, wie lange der Patient sexuell aktiv sein möchte, wie Ponholzer ausführt: „Wünscht sich jemand einmal pro Woche sexuelle Aktivität und dies bevorzugt abends, ist Sildenafil eine gute Wahl. Besteht der Wunsch nach Aktivität zum Beispiel über ein gesamtes Wochenende, sollte man zu Tadalafil greifen.“ Die Einnahme von Tadalafil in einer niedrigen Dosierung ist laut den Aussagen des Experten auch täglich möglich, falls eine häufige sexuelle Aktivität gewünscht ist.

Die Nebenwirkungen von PDE-5-Hemmern sind zahlenmäßig überschaubar, wie Univ. Prof. Karl Pummer, ehemaliger Vorstand der Universitätsklinik für Urologie an der Medizinischen Universität Graz, berichtet: „Kopfschmerzen, Schwindel, Fließschnupfen, Rötungen im Gesicht sowie Magen-Darm-Beschwerden treten nur bei einem kleinen Teil der Patienten auf.“ Selten kommt es besonders bei Sildenafil und Vardenafil zu Störungen des Farbsehens. Welche Nebenwirkung auftritt, ist dabei individuell unterschiedlich. Wird der jeweilige PDE-5-Hemmer schlecht vertragen, lohnt sich ein Substanzwechsel.

Kontraindiziert ist die Einnahme von PDE-5-Hemmern, wenn der Patient NO-Donatoren oder vergleichbare Präparate verordnet bekommen hat. „Hier kann es mitunter zu lebensgefährlichen Kreislaufkrisen kommen, wie wir aus der Anfangszeit von Sildenafil wissen“, führt Pummer weiter aus. „Die Verschreibung von Nitropräparaten nimmt aber nur noch eine sehr untergeordnete Rolle ein“, ergänzt Ponholzer.

Wichtig für den Therapieerfolg ist aus Sicht von Ponholzer die Schulung für die richtige Einnahme des PDE-5-Hemmers. Demnach beginnt man mit einer niedrigen Dosierung, die in der Folge etwas erhöht werden kann. Nach mehrmaligen Einnahmeversuchen kann eine Beurteilung der Wirksamkeit erfolgen, wie Ponholzer erläutert: „Erst nach vier- bis fünfmaliger Einnahme ohne Effekt sollten andere Optionen erwogen werden. Manche Patienten schreiben die Wirksamkeit des Präparats zu früh ab.“ Außerdem sei sexuelle Stimulation parallel zur Einnahme von großer Bedeutung.

Multifaktorielle Genese

Bei den meisten Patienten, die an einer erektilen Dysfunktion leiden, liegt eine multifaktorielle Genese vor. Stress im sozialen und/oder beruflichen Umfeld sowie psychogene oder somatische Grunderkrankungen müssen in Betracht gezogen werden. „Eine urologische Untersuchung vor der Erst-Verschreibung eines PDE-5-Hemmers ist zwingend erforderlich“, betont Pummer. Auch an internistische Erkrankungen wie Diabetes mellitus und kardiovaskuläre Beschwerden muss gedacht werden. Die Einnahme von Antihypertensiva und Psychopharmaka kommt ebenfalls als Ursache einer Erektionsstörung in Frage. Die Anamnese umfasst auch den Raucherstatus, allfällige Dauermedikationen, das Vorhandensein oder Fehlen nächtlicher und morgendlicher Spontan-Erektionen sowie die durchschnittliche Sexualfrequenz (nach dem Motto „use it or loose it“).

Ponholzer merkt an, dass es mittlerweile „gängige Praxis ist, einen PDE-5-Hemmer bei medizinisch begründeten Erektionsstörungen zu versuchen“. Hier habe sich bei der Verschreibung ein niederschwelliger Zugang entwickelt. Vielfach äußern Männer mit Erektionsstörungen von selbst den Wunsch nach medikamentöser Unterstützung. Pummer kann diesen Wunsch nachvollziehen, betont aber: „PDE-5-Hemmer dürfen nicht zur Lifestyle-Droge werden. Sie sind Arzneimittel, die eine klare Indikation erfordern, und das muss man auch vermitteln.“

Auch bei benigner Prostatahyperplasie

Studien haben gezeigt, dass Miktionsbeschwerden im Rahmen der benignen Prostatahyperplasie (BPH) durch die Einnahme von PDE-5-Hemmern gelindert werden können. Pummer sieht die Evidenz für den Einsatz bei benigner Prostatahyperplasie „eher schwach und nicht ausreichend“. Auch pharmakologisch sei eine positive Wirkung auf die Entleerungsfunktion der Harnblase „nicht gut nachvollziehbar“. Denkbar wäre aus seiner Sicht, dass eine gesteigerte Sexualfrequenz eine bessere Entspannung des Beckenbodens nach sich ziehe. „Das ist aber spekulativ“, merkt er an.

Ponholzer sieht auf Basis der Studienlage die mögliche Anwendung bei Patienten mit Lower Urinary Tract Symptoms (LUTS), die an einer Erektionsstörung leiden. Zum Einsatz kommt dabei täglich niedrig dosiertes Tadalafil. Ganz grundsätzlich erfolgt der Einsatz von PDE-5-Hemmern bei Miktionsbeschwerden eher selten, weiß Ponholzer, „da die Patienten selbst dafür aufkommen müssen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2024