Kurz und informativ

10.04.2024 | Medizin

Renale Folgen des metabolischen Syndroms
Die American Heart Association (AHA) setzt sich dafür ein, beim metabolischen Syndrom künftig verstärkt auf die Nieren zu achten: Man solle besser von einem „Herz-Kreislauf-Nieren-Stoffwechsel-Syndrom“(CKM) sprechen. Aspekte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen würden sich mit chronischen Nierenerkrankungen überlappen und Typ-2-Diabetes und Adipositas das neue Krankheitskonzept ebenfalls stützen. Eine Arbeitsgruppe der AHA schlägt daher eine Neufassung von Algorithmen und Leitlinien vor. Durch Algorithmen, die die Abschätzung eines Zehn-Jahres- und eines 30-Jahres-Risikos erlauben, könnte im Verdachtsfall schon Jahrzehnte vor dem Auftreten einer Herz-Kreislauf-, Stoffwechsel- oder Nierenerkrankung eine gezielte Prävention erfolgen. Messwerte zur Nierenfunktion und Blutzuckerkontrolle sollen in die Kalkulationen ebenso einfließen wie psychosoziale und wirtschaftliche Faktoren. Die Algorithmen sollten so früh wie möglich angewandt werden – laut den Experten der AHA schon ab einem Alter von 30 Jahren. APA/Circulation

Erklärung für geringen Appetit bei Hitze
Ein neu beschriebener neuronaler Signalweg könnte erklären, weshalb es bei Hitze zu reduzierter Nahrungsaufnahme kommt. Offenbar handelt es sich nicht – wie bisher angenommen – um eine Beeinträchtigung des Sättigungsgefühls, sondern um eine Hemmung jener Gehirnzellen, die zur Aufnahme und Suche von Nahrung anregen. Das berichten Forscher um Tibor Harkany vom Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien, der mit Tamas L. Horvath von der Yale School of Medicine in den USA eine Studie geleitet hat. Sie beobachteten im Nucleus parabrachialis von Mäusen bei einer Temperatur von 40 Grad Celsiuseine Aktivierung von speziellen Zellen. Diese strecken ihre Axone in den Hypothalamus aus, wo sich Neurone zur Koordination der Nahrungsaufnahme befinden. Die Signalübertragung erfolgt dabei über Tanyzyten. Deren nach außen ragende Strukturen dringen in das Hirngewebe ein und treten mit den betreffenden Neuronen in Kontakt. Über die Freisetzung eines Wachstumsfaktors erfolgt schließlich die Hemmung der neuronalen Aktivität. APA/MUW/Nature

1,8
Millionen Menschen sind in Österreich 65 Jahre oder älter. Bis 2050 wird sich dieser Anteil verdoppeln. APA

Weltweit erste Schweinenieren-Transplantation
Ein Ärzteteam hat am Massachusetts General Hospital (MGH) in Boston weltweit zum ersten Mal einem Menschen eine Schweineniere eingesetzt. Zuvor waren beim Organ 69 genetische Modifikationen durchgeführt worden, um Abstoßungsreaktionen zu verhindern. Der 62-jährige Patient litt seit Jahren an Diabetes Typ-2 und Hypertonie. 2018 hatte er eine Spenderniere erhalten, die aber fünf Jahre lang Probleme verursachte und eine Dialyse erforderlich machte; dabei kam es laufend zu Komplikationen am Dialyse-Gefäßzugang, die Gerinnselentfernungen und chirurgische Korrekturen nötig machten. Die nunmehrige Operation dauerte vier Stunden und wird von Experten als Erfolg gewertet; schon in einigen Jahren könne es bei ausgesuchten Patienten zu entsprechenden Operationen kommen. APA

Ansatz gegen das Krim-Kongo-Fieber
Der LDL-Rezeptor (Low Density Lipoprotein Receptor) spielt eine entscheidende Rolle bei der Infektion mit dem Krim-Kongo-Hämorrhagische-Fieber-Virus (CCHFV). Das hat ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Prof. Josef Penninger von der MedUni Wien und Prof. Ali Mirazimi vom Karolinska Institut in Stockholm herausgefunden. Im Mausmodell zeigte sich bei den Tieren, denen LDLR fehlt, eine Verzögerung der CCHFV-induzierten Krankheit. „Die Interaktion zwischen CCHFV und LDLR ist hochspezifisch“, so Penninger. Damit liegt ein bisher ungekannter Ansatzpunkt für die Therapie und Prävention des Krim-Kongo-Fiebers vor. APA/Nature Microbiology

Aspergillose-Schnelltest in Entwicklung
Ein neues Diagnostiktool auf Basis von DNA-Molekülen ermöglicht die Entwicklung eines Schnelltests auf Aspergillose. Erstellt wurde es von Forschern des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) um Assoz. Prof. Matthias Steiger und von Forschern der Technischen Universität Wien. Das neue Tool funktioniert auf Basis von in vitro hergestellten DNA-Aptameren, die mittels ihrer 3D-Struktur an ein spezifisches Molekül binden können, etwa an invasive Pilzstämme. Das Team erstellte in einem ersten Schritt eine Vielzahl von DNA-Oligonukleotiden unterschiedlicher Basenabfolge. Aus diesen Sequenzen wurden jene mit der höchsten Affinität für Sporen von Aspergillus niger herausgefiltert. Mit Erfolg: Die Wissenschafter beobachteten bereits spezifische Bindungsreaktionen. Die isolierten Aptamere stellen nun die Basis für die Entwicklung eines Schnelltests dar. Dieser soll ähnlich funktionieren wie ein SARS-CoV-2-Antigentest. Allerdings haben die Aptamere gegenüber Antikörpern den Vorteil, aus synthetisierter DNA zu bestehen. Dadurch sind sie schnell in großen Mengen lieferbar, kostengünstiger und rascher in der Lage, Zielmoleküle zu detektieren. Die Technologie lässt sich auch auf andere Aspergillusarten übertragen. APA

COVID-19: bestimmender Faktor für Komplikationen
Ein fehlgeleiteter, durch Liganden verursachter Zelltod könnte die Ursache für schwere Krankheitsverläufe und Lungenschäden im Rahmen von COVID-19 sein. Das fanden Wissenschafter um Marie-Christine Albert von der Universität Köln und ihre Co-Autoren, darunter Roman Reindl-Schwaighofer von der Universitätsklinik für Innere Medizin in Wien, heraus. Die Forscher entwickelten ein Mausmodell (MA20), an dem sie die wichtigsten Krankheitsabläufe von COVID-19 in Serienexperimenten nachverfolgten. Gleichzeitig mit dem Auftreten von Zelltod und Entzündung konnte eine Erhöhung der Expression des Immunbotenstoffs FasL (Fas-Ligand) auf monozytischen Makrophagen und natürlichen Killerzellen (NK) bei den mit MA20 infizierten Mäusen festgestellt werden. Die Bindung von FasL an Zellen mit entsprechendem Rezeptor löst Apoptose aus – üblicherweise um schädliche Zellen zu beseitigen. Die Forscher versuchten eine Umkehrung und blockierten den Botenstoff bei den mit SARS-CoV-2 infizierten Mäusen. Dabei stellten sie fest: Die Apoptose und die Entzündungen der Lungen wurden reduziert und die Überlebensrate der Tiere verbesserte sich deutlich. FasL ist in Lungen-Lavage-Flüssigkeit von COVID-19-Patienten in kritischem Krankheitsstadium verstärkt vorhanden. Die Forschungsergebnisse identifizieren den Stoff als bestimmenden Faktor der krankmachenden Immunantwort. APA/Cell Death & Differentiation

Pathogene Spermienmutationen bei jungen Männern
Auch junge Männer können bereits potentiell pathogene Mutationen in den Spermien haben, fanden Wissenschafter um Assoz. Prof. Irene Tiemann-Boege vom Institut für Biophysik der Universität Linz heraus. Das Team analysierte Spermaproben anonymer Spender von der Kinderwunschklinik an der Linzer Universitätsklinik. Gesucht wurde nach der Häufigkeit für Mutationen für zehn Varianten des bekannten Onkogens FGFR3 bei Männern im Alter von 23 bis 59 Jahren. Bereits geringe Mutationen können die Funktionalität des Proteins beeinflussen, resultierend in verschiedenen Arten von Dysplasien. Die Wissenschafter fanden erwartungsgemäß Mutationen, deren Häufigkeit mit steigendem Alter in Hoden und Spermien zunimmt. Einige der analysierten Mutationen können jedoch auch in jungen Probanden auftreten und hängen nicht mit steigendem Alter zusammen. In den Hoden junger Männer bleiben diese Veränderungen offenbar klein und formen keine großen Cluster wie bei älteren Probanden. Neun der zehn Mutationsvarianten haben jedoch einen funktionalen Effekt und können zu einer Hyperaktivierung des Proteins führen, wie biophysikalische Messungen ergaben. Laut Tiemann-Boege können solche Mutationen teilweise schon vor der Geschlechtsreife des Mannes auftreten. Das Risiko für Fehlbildungen und Störungen beim Nachwuchs sei davon abhängig, wie viele Keimbahnzellen betroffen sind. APA/Genome Biology and Evolution

Früher Rauchstopp normalisiert Mortalitätsrisiko
Ein Rauchstopp vor dem 40. Lebensjahr senkt die Mortalität schon innerhalb von drei Jahren auf das Niveau von Nichtrauchern. Das fanden Forscher um Eo Rin Cho von der Dalla Lana School of Public Health in Toronto nach Analyse von Beobachtungsstudien aus den USA, Norwegen, Kanada und Großbritannien heraus. Die Daten stammten von 1,48 Millionen Menschen zwischen 20 und 80 Jahren; die Beobachtungszeit betrug 15 Jahre. Bei rauchenden Frauen ist das Sterberisiko im Vergleich zu Nichtraucherinnen um den Faktor 2,8 erhöht, bei Männern um den Faktor 2,7. Rauchen verkürzte die Lebenserwartung der 40- bis 79-jährigen Frauen um zwölf Jahre und jene der Männer um 13 Jahre. Ein frühzeitiger Rauchstopp ergab signifikante Effekte: Erfolgte die letzte Zigarette unter 40 Jahren, stieg die Lebenserwartung um zwölf Jahre. Bei einem Rauchstopp zwischen 40 und 49 Jahren erhöhte sich die Lebenserwartung im Schnitt um sechs Jahre; nach zehn Jahren verringerte sich die Übersterblichkeit bei Ex-Raucherinnen um 99 Prozent, bei den Männern um 96 Prozent. Mindestens zehn Jahre Tabakabstinenz bei 50- bis 59-Jährigen ergaben minus 95 Prozent Übersterblichkeit bei Frauen und minus 92 Prozent bei Männern. In der Gruppe der 60- bis 79-Jährigen ergab sich bei weniger als drei Jahren Tabakabstinenz eine bei Frauen immer noch um 40 Prozent reduzierte Sterblichkeit, bei Männern lag dieser Wert bei 33 Prozent. APA/NEJM

Zu viele Zentrosomen können Krebsvorläuferzellen töten
Zu viele Zentrosomen in Zellen können die Entstehung von Krebs nicht nur vorantreiben, sondern in manchen Fällen die Tumorentstehung auch verhindern. Das haben Vincent Braun und Gerlinde Karbon vom Biozentrum der MedUni Innsbruck, das von Prof. Andreas Villunger geleitet wird, herausgefunden. Dabei kann PIDD1 die kontrollierte Apoptose einleiten, wenn es Unregelmäßigkeiten in der Zentrosomenzahl feststellt. Dies passiere laut den Forschern offensichtlich vor allem, wenn die Zellen durch Erbgutschäden, die durch Bestrahlung ausgelöst wurden, geschwächt sind. Nun gelte es zu untersuchen, ob man dieses Phänomen für Therapien nutzen könnte, so die Forscher. APA/Science Advances

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2024