FAQs: Resistente Krankenhauskeime kompakt

25.03.2024 | Medizin

Die wichtigsten Informationen rund um das Thema „Resistente Krankenhauskeime“ bietet folgende Übersicht:

„Krankenhauskeime“ … ist ein Sammelbegriff für Mikroorganismen, die eine nosokomiale Infektion verursachen. Auslöser sind meist fakultativ pathogene Bakterien der Mikrobiota. Dadurch kommt es vor allem zu Harnwegsinfektionen, Infektionen der unteren Atemwege, postoperativen Wundinfektionen und Gefäßkatheter-assoziierten Infektionen. Nosokomiale Infektionen werden in den nächsten Jahrzehnten eine der wichtigsten Todesursachen in Industrienationen darstellen. Dies ist Folge des medizinischen Fortschritts, der höheren Invasivität und „Aggressivität“ der Therapie bei zunehmend multimorbiden, betagten und schwerkranken Patienten.

Multiresistente Erreger … (MRE) haben Resistenzen gegenüber gängigen Antibiotika entwickelt. Die wichtigsten Erreger werden unter dem Akronym „ESKAPE“ (Enterococcus faecium, Staphylococcs aureus, Klebsiella pneumoniae, Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa, Enterobacter-Spezies) zusammengefasst. Resistenzen werden begünstigt, wenn Antibiotika falsch angewendet werden: falsche Indikation, zu niedrig dosiert, zu kurze Therapie.

Die Übertragung … kann durch direkten oder indirekten Kontakt zwischen Menschen, zwischen Mensch und Tier sowie aus der Umwelt erfolgen. Die Hände sind ein wichtiges Vehikel – vor allem in Gesundheitseinrichtungen.

Hohes Bedrohungspotential … sieht die WHO bei folgenden Bakterien:

Priorität 1: kritisch

– Acinetobacter baumannii: Carbapenem-resistent
– Pseudomonas aeruginosa: Carbapenem-resistent
– Enterobacterales: Carbapenem-resistent, ESBL-(Extended-Spectrum-Beta-Laktamasen) Produktion

Priorität 2: hoch

– Enterococcus faecium: Vancomycin-resistent
– Staphylococcus aureus: Methicillin-resistent, Vancomycin-intermediär empfindlich und resistent
– Helicobacter pylori: Clarithromycin-resistent
– Campylobacter spp.: Fluoroquinolon-resistent
– Salmonellae: Fluoroquinolon-resistent
– Neisseria gonorrhoeae: Cephalosporin-resistent, Fluoroquinolon-resistent

Methicillin-resistente  Staphylococcus aureus … – MRSA-Stämme – stellen den „Prototyp“ des multiresistenten Erregers dar. Sie sind gegenüber allen Beta-Laktam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine, Monobactame, Carbapeneme) resistent. Ausgenommen sind einige wenige neuere Substanzen (Ceftarolin, Ceftobiprol). MRSA-Stämme sind weltweit verbreitet und können ein breites Spektrum an Infektionen verursachen – vor allem eitrige Haut- und Weichteilinfektionen; in vielen Fällen geht eine Kolonisation voraus.  Daher kommt dem Screening von Risikopatienten eine wichtige Rolle zu. Für MRSA-positive Patienten sind Barriere-Maßnahmen sinnvoll. Im Gegensatz zu anderen multiresistenten Erregern sind entsprechende Dekolonisierungs-Schemata etabliert.

Vancomycin-resistente Enterokokken … – (VRE) sind weltweit verbreitet; aufgrund der bei Enterokokken vorhandenen breiten primären Resistenz (Enterokokken-Lücke bei Cephalosporinen) stellen Stämme mit Resistenz gegenüber Glykopeptiden eine große Herausforderung dar. VRE sind resistent gegenüber Vancomycin und je nach Genotyp auch gegenüber Teicoplanin. VRE-Stämme treten hauptsächlich als Erreger von Harnkatheter-assoziierten Harnwegsinfektionen, Wundinfektionen, Cholezystitiden und Septikämien auf. Gefürchtet ist die VRE-Endokarditis. Betroffene Patienten sollten mittels entsprechenden Barriere-Maßnahmen abgesondert werden. Ein Eradikationsschema – wie zum Beispiel für MRSA – steht für VRE-Patienten nicht zur Verfügung. Bei VRE-Negativität ist eine Entisolierung denkbar.

Linezolid-Resistenzen … sind etwa bei S. aureus, bei MRSA-Stämmen und VRE beschrieben. Primär sind Linezolid-Resistenzen jedoch bei Koagulase-negativen Staphylokokken (überwiegend S. epidermidis) zu beobachten. Aus Sicht der Krankenhaushygiene sollten Hygiene- und Barriere-Maßnahmen je nach Infektionserreger erfolgen.

Multiresistente gramnegative Erreger … (MRGN) stellen eine der größten Herausforderungen bei der Antibiotikatherapie dar. Für die Behandlung von bakteriellen Infektionen werden überwiegend Beta-Laktam-Antibiotika wie Penicilline, Cephalosporine und Carbapeneme eingesetzt. Die steigende Zahl von Resistenzen, die dabei auftreten, erschwert jedoch deren Einsatz. Beta-Laktamasen sind bakterielle Enzyme, die den Beta-Laktam-Ring von bestimmten Antibiotika spalten und zerstören können. Sie werden vor allem von gramnegativen Enterobacterales (etwa Klebsiella pneumoniae) und Non-Fermentern (etwa P. aeruginosa) gebildet. Bakterien, die Extended-Spectrum-Beta-Laktamasen (ESBL) produzieren, sind vor allem gegenüber Penicillinen und Cephalosporinen resistent. Nachdem der Anteil der ESBL-bildenden Stämme von K. pneumoniae, E. coli oder Non-Fermentern wie P. aeruginosa weltweit steigt, steigt der Einsatz an Carbapenem-Antibiotika und damit die Zahl der Carbapenem-resistenten Mikroben.

Eine Definition für MRGN … und daraus abgeleitete Hygienemaßnahmen hat die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut veröffentlicht. Demnach gelten Erreger gelten als multiresistent, wenn mindestens drei Antibiotika-Gruppen nicht wirksam sind: Acylaminopenicilline, Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Carbapeneme und Chinolone.

Eingeteilt wird in:

– 3MRGN: gramnegative Stäbchen, die gegen drei der vier Antibiotikaklassen resistent sind. Carbapeneme sind meist noch wirksam.
– 4MRGN: gramnegative Stäbchen, die gegen alle vier Gruppen resistent sind.
– 2MRGN NeoPäd: nur im pädiatrischen Bereich gebräuchlich; gramnegative Stäbchen, die gegen eine der drei Gruppen (Acylureidopenicilline, Cephalosporinde der 3./4. Generation, Carbapeneme) empfindlich sind.

Folgende Antibiotika sind bei 4MRGN oft noch wirksam: Colistin, Aminoglykoside, Tigecyclin, Fosfomycin, Ceftazidim/Avibactam und Ceftolozan/Tazobactam, Cefiderocol.

Gefährdet … für eine Infektion mit MRGN sind vor allem Personen mit einer Abwehrschwäche oder mit Barrierestörungen wie etwa offenen Wunden oder Hauterkrankungen; aber auch Personen mit chronischen Erkrankungen sowie jene, bei denen häufig medizinische Eingriffe vorgenommen werden. (MWa)

Quelle: State of the Art „Resistente Krankenhauskeime“ von Univ. Prof. Dr. Cornelia Lass-Flörl, Dr. Michael Berktold; ÖÄZ 1-2/25. Jänner 2023

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2024