Österreichischer Impftag: Bewährtes und Neues

10.02.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Der Österreichische Impftag, der wieder als hybride Fachtagung über die Bühne gegangen ist, spannte den Bogen von neuen Techniken in der Impfkommunikation über Herausforderungen hinsichtlich der Durchimpfungsraten bis hin zu neuen Impfstoffen.

Sophie Niedenzu

Empathie bewusst zeigen, auf die Ängste von Patienten eingehen, deren Wurzeln erfassen und passend widerlegen: die Psychologin Cornelia Betsch widmete sich im ersten Vortrag im Rahmen des Österreichischen Impftags 2024 der Impfkommunikation, in der Bestätigung und Einfühlungsvermögen eine wichtige Rolle spielen. Es sei nicht sinnvoll, auf die einzelnen Argumente einzugehen, man solle den Kern, die Einstellungswurzel dahinter erfassen. Grundsätzlich würde die Zahl der unsicheren Menschen und jener, die viele Fragen und Gesprächsbedarf haben, potenziell zunehmen, wodurch auch die Relevanz nach Ärzten als Gesprächspartner steige. Im Hinblick auf diese Entwicklung könnte die Künstliche Intelligenz die Arbeit der Ärzte unterstützen und diese entlasten, in der schriftlichen Kommunikation nutzen und perspektivisch beim Training in der Gesprächsführung für skeptische Patienten helfen.

Masern und Pertussis

Neben der Impfkommunikation im Zeitalter von künstlicher Intelligenz widmete sich der Impftag auch der den staatlichen Impfkonzepten, den aktuellen Informationen rund um die Entwicklungen der HPV-Impfung, den Unterschieden zwischen RSV, Influenza, Pertussis und Parapertussis – die Liste der Themen war facettenreich: „Es ist gelungen, den Bogen zu spannen und neben der Impfkommunikation, der Impfawareness und neuen Impfungen auch genügend Raum für bewährte Impfungen zu finden, die leider unter aktuell zu niedrigen Durchimpfungsraten leiden“, sagt Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer, die neben der MedUni Wien, der Österreichischen Akademie der Ärzte und der Österreichischen Apothekerkammer Kooperationspartner beim Österreichischen Impftag ist. So sei beispielsweise die Zahl der Masernfälle stark gestiegen, obwohl diese Erkrankung durch eine hohe Durchimpfungsrate zurückgedrängt werden könnte – europaweit hat es 2023 nur in Rumänien mehr Masernfälle gegeben als in Österreich. In Ländern wie den USA sei es hingegen gelungen, die Masern fast auszurotten: „Aber in einem kleinen Land wie Österreich verzeichnen wir steigende Fälle, obwohl das nicht sein müsste“, betont Schmitzberger. Auch die Fälle von Pertussis seien momentan steigend: „Die Pertussis-Impfung sollte jedenfalls vor Schulantritt aufgefrischt werden“, rät Schmitzberger. So ließen sich Ausbrüche vermeiden, denn ein Pertussis-Patient stecke im Durchschnitt 17 andere Ungeimpfte an – und diese langwierige Erkrankung treffe ebenso Erwachsene: „Der Impfstatus sollte daher regelmäßig, etwa im Rahmen der jährlichen Vorsorgeuntersuchung, geprüft werden“, sagt der Impfexperte.

RSV und Influenza

Neu sei die RSV-Impfung, die – anders als die Influenza-Impfung, die auf die variablen Oberflächen-Glykoproteine abziele – nicht jährlich angepasst werden müsse. Bei RSV handle es sich um ein stationäres Virus, das im Unterschied zu Influenza nicht mit Reisetätigkeiten in Zusammenhang stehe, berichtete die Virologin Monika Redlberger-Fritz. Da habe man insbesondere beim Lockdown in Australien beobachten können: Während des Lockdowns wurden keine Fälle von Influenza oder RSV dokumentiert. Als der Lockdown aufgehoben worden sei, aber die Grenzen weiterhin geschlossen blieben, zirkulierte RSV – aber nicht Influenza. Bislang sei das Hauptaugenmerk auf der Erkrankung von Säuglingen und Kleinkindern gelegen, wo ein lebensbedrohlicher Verlauf möglich ist, erzählt Schmitzberger: „Vor allem die Altersgruppe ab 60 Jahren ist aber auch gefährdet.“ Problematisch sei, dass die Impfung relativ teuer sei. Anders bei Influenza, die im kostenfreien österreichischen Impfprogramm gegen Selbstbehalt erstmals bundesweit für alle verfügbar gewesen sei: „Die Impfkampagne geht in die richtige Richtung, Nachholbedarf gibt es aber bei den Bestellungen, der Logistik und dem Verrechnungsmodus. Der für die Erwachsenen eingeführte Selbstbehalt wird den ökonomischen Evaluierungen nicht standhalten und sollte abgeschafft werden“, sagt Schmitzberger: „Ich bin aber optimistisch, dass die Impfungen als wesentliche Säule der Vorsorgemedizin zukünftig noch stärker gefördert werden.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 3 / 10.02.2024