Interview Artur Wechselberger: „Gestiegenes Bewusstsein“

10.03.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Artur Wechselberger, Mitglied im CIRSmedical Team sowie Referent im ÖÄK-Referat für Qualitätssicherheit und Qualitätsmanagement, spricht im Interview mit Sophie Niedenzu über 15 Jahre CIRSmedical, über Meilensteine, Visionen für die Zukunft und über  die Fehlerkultur in der Patientenversorgung.

Was ist Ihnen am meisten in Erinnerung geblieben, als CIRSmedical vor 15 Jahren umgesetzt wurde? Der Beschluss im Vorstand der Österreichischen Ärztekammer, ein Fehlermeldesystem zu errichten und auch zu finanzieren, wurde ohne langwierige oder widersprüchliche Diskussionen gefasst. Der Termin der Vorstandssitzung ist mir gut in Erinnerung, war es doch der 1. April 2009, an dem mein Antrag beschlossen wurde. Es war, um eine nationales Fehlermeldesystem zu entwickeln, wichtig, das System auf eine breite Basis zu stellen. Die unterstützende Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium und mit dem Bundesinstitut für Qualität im Gesundheitswesen (BIQG) ermöglichten diese Basis. Parallel wurde auch an der technischen Umsetzung in der ÖQMED gearbeitet, sodass www.cirs-medical.at in den ersten Novembertagen 2009 ins Netz gehen konnte. Wichtig war dann auch die Evaluierung durch das BIQG nach dem ersten Betriebsjahr. Diese viel überaus positiv für unser System aus und hat uns großen Auftrieb gegeben, CIRSmedical weiter auszubauen.

Auf welche besonderen Meilensteine blicken Sie gerne zurück? Neben der positiven Evaluierung durch das BIQG waren es die CIRS-Meldegruppen, die wir interessierten Einrichtungen wie Rettungsdiensten, Fachgruppen, Krankenhäusern und Krankenhausverbänden anbieten konnten. Sie erweiterten den Nutzerkreis und verbreiteten die Idee eines anonymen Fehler- und Beinahe-Fehler Meldesystems in vielen Teilen Österreichs. Damit war es gelungen, eine einfache und preiswerte Kopie unseres CIRSmedical.at für die lokale Anwendung anzubieten, aus der dann Meldungen, die über die eigene Einrichtung hinausgehendes Interesse erwecken könnten, in unser nationales System eingespielt werden. Weitere Meilensteine waren die Öffnung der Nutzung unseres CIRSmedical.at über die Beschäftigten im Gesundheitswesen hinaus. Seither haben auch Patienten oder andere Personen, denen gefährliche, fehlergeneigte Situationen auffallen, die Möglichkeit, diese zu melden. Einen weiteren Meilenstein betraf die Zusammenarbeit mit dem deutschen Fehlermeldesystem www.cirsmedical.de, die einen transnationalen Austausch interessanter Fälle ermöglicht.

Wie sollte sich CIRSmedical weiterentwickeln, wie sind Ihre Vorstellungen und Ideen dazu? Ein Entwicklungsschritt betrifft die Pläne, auch Bildmaterial, das die gemeldeten Fehler- und Beinahe-Fehler-Situationen besser veranschaulichen könnte, hochzuladen. Neben den technischen Anpassungen sind es aber auch Fragen des Datenschutzes und der Anonymität, die es zu lösen gilt. Auf jeden Fall muss es unser Bestreben sein, das in den 15 Jahren des Bestehens generierte Wissen, das in CIRSmedical.at steckt, in noch größerem Ausmaß den Beschäftigten im Gesundheitswesen zurückzuspielen. Neben den etablierten Schienen wie Vorträgen, Newsletter und andere schriftliche Publikationen, einschließlich der e-Learning-Artikel, werden wir die elektronischen Informationskanäle ausbauen. Dazu gehören Social-Media-Auftritte, die wir um kleine Videoclips erweitern wollen, wie auch der Ausbau unserer Podcast-Serie.

Wie sehr hat sich der Umgang mit Fehlern in der Medizin verändert? Ich bin überzeugt davon, dass es der Österreichischen Ärztekammer mit der Installierung von www.cirsmedical.at gelungen ist, einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Patientensicherheit zu leisten. Generell ist in den letzten 20 Jahren das Bewusstsein über das Gefahrenpotential, das ein komplexes, multiprofessionelles Gesundheitsversorgungssystem in sich birgt, wie auch das Wissen um die notwendigen Sicherheitsstrategien gestiegen. Schließlich gibt es engagierte Bestrebungen dazu von Seiten des für die Gesundheit zuständigen Ministeriums (BMSGPK) oder einschlägig tätigen Vereinen, wie der Plattform Patientensicherheit.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2024