15 Jahre CIRSmedical: Lernen ohne Sanktionen

10.03.2024 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die anonyme Plattform www.cirsmedical.at feiert ihr 15jähriges Bestehen. Sie ermöglicht den offenen Austausch über unerwünschte Ereignisse, um die Patientensicherheit zu erhöhen. Die zuvor geprüften und anschließend veröffentlichten Berichte werden thematisch zusammengefasst und für die ärztliche Fortbildung verwendet.

Sophie Niedenzu

917 veröffentlichte Berichte, 637 Leserkommentare: das bundesweite, freiwillige und anonyme Fehlerberichts- und Lernsystem Critical Incident Reporting System, kurz CIRS, hat sich in seinem 15jährigen Bestehen immer weiter etabliert. Auf der Online-Plattform werden sicherheitsrelevante Ereignisse, Beinahe-Fehler, Risiken, kritische oder unerwünschte Ereignisse berichtet, kommentiert oder können zu Lernzwecken nachgelesen werden. CIRSmedical, das von der Österreichischen Ärztekammer implementiert und von der Österreichischen Gesellschaft für Qualitätssicherung- und Qualitätsmanagement in der Medizin (ÖQMED) operativ umgesetzt wird, wendet sich an alle im österreichischen Gesundheitswesen Beschäftigten sowie an alle Patienten. In den vergangenen Jahren hat sich das Angebot erweitert, eine eigene Podcast-Serie, die auf der Webseite abrufbar ist, beleuchtet Fehlerquellen im Gesundheitswesen und Anwendungsgebiete von CIRSmedical. Bislang wurden die Folgen über 1.700-mal downgeloaded.

Vor einer Veröffentlichung der Berichte werden diese nach strengen Regeln geprüft. Wichtig ist, dass sie sachlich und vollständig sind, zudem muss der Berichtende den Vorfall entweder selbst beobachtet haben oder daran beteiligt gewesen sein. „Es geht uns mit diesem Projekt zur Patientensicherheit nicht um Berichtsrekorde, sondern darum, dass möglichst alle Bereiche des Gesundheitswesens sich daran beteiligen“, sagt Artur Wechselberger, Mitglied im CIRSmedical Team sowie Referent im ÖÄK-Referat für Qualitätssicherheit und Qualitätsmanagement (siehe Interview). Zu betonen sei auch, dass die Plattform auf dem Vorfall fokussiere, nicht auf mögliche Sanktionen für den einzelnen. „Wir bieten mit der Plattform die Möglichkeit, Fehler als Lernquelle zu nutzen“, ergänzt er. Was den grundsätzlichen Ausbau angehe, ist das Fehlermeldesystem in Österreich seit Ende 2021 mit jenem aus Deutschland verknüpft. Dadurch können relevante Berichte aus Deutschland (und umgekehrt) nachgelesen werden.

Ärztliche Fortbildung

Die Plattform ist anonym, sodass hier auch sichergestellt wird, dass über Fehler oder Beinahe-Fehler offen und ohne Einschränkungen oder Beschönigungen berichtet wird. Damit würden die Voraussetzungen für einen maximalen und tatsächlichen Lerneffekt geschaffen. Unerheblich ist zudem, ob durch die Fehler oder Beinahe-Fehler ein Patient geschädigt wurde oder nicht. Über den offenen Austausch sollen Beschäftigte im Gesundheitswesen für die Zukunft lernen, kritische Situationen zu entschärfen und ein sinnvolles Risikomanagement zu führen. Neben individuellen Kenntnismängeln sind es oft systemische Fehler, die kritische Situationen provozieren. So ließen sich die meisten Vorfälle auf Organisations-, Kommunikations- oder Medikationsfehler zurückführen, erzählt Wechselberger: „Kein Fall für CIRS sind Arzneimittel-Nebenwirkungen. Solche Beobachtungen sind direkt der österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit zu übermitteln“, sagt er. Grundsätzlich würden auch weiterhin vor allem Krankenhäuser Berichte melden, denn dort sei die Arbeitsdichte hoch und es bleibe wenig Zeit für Kommunikation mit Kollegen und Patienten – Stichwort Übergabe-Fehler.

Um Ärzte in ihrer Fortbildungspflicht zu unterstützen, werden Berichte aus CIRSmedical.at thematisch zusammengefasst und mit anschließenden MC-Fragen erweitert. Nach erfolgreicher Beantwortung der Fragen werden den Ärzten automatisch die für den Artikel vorgesehenen DFP-Punkte verbucht. Die thematische Spannweite geht von Dokumentation und Dokumentationsfehlern über Never Events hin zur Kommunikation im Gesundheitswesen und Medikamentenfehlern. Bislang haben knapp 5.600 Ärzte die über die Webseite angebotene E-Learnings absolviert.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 5 / 10.03.2024