Kommentar Lukas Stärker: Finanzausgleich – Art. 15a Vereinbarungen: Was jedenfalls fehlt

10.11.2023 | Politik

Drei für ein zukünftiges Funktionieren des Gesundheitssystems wesentliche Aspekte finden sich neben anderen (noch?) nicht in den für den Gesundheitsbereich wesentlichen Entwürfen zum Finanzausgleich beziehungsweise zu den abzuschließenden neuen Art. 15a Vereinbarungen über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitssystems.

Lukas Stärker*

  1. Es fehlt eine klare Behandlungsablaufskaskade

Bis dato hieß der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Dies wurde nunmehr auf „digital vor ambulant vor stationär“ erweitert. Während die Erweiterung um „digital“ vollkommen nachvollziehbar ist (siehe dazu auch Punkt 3), ist unverständlich, warum die schon die letzten Jahre für große Verwirrung gesorgt habende unklare Formulierung ambulant vor stationär nicht endlich in „niedergelassen-ambulant vor spitalsambulant“ konkretisiert und damit klargestellt worden ist. Denn die alleinige Verwendung des Wortes ambulant ermöglicht es noch immer und damit auch pro futuro, gleich Spitalsambulanzen aufzusuchen, denn auch Behandlungen in Spitalsambulanzen gelten als ambulante Behandlung.

Dass dies nicht spitalsambulanzentlastend wirken wird, ist evident, noch dazu wo die Zuständigkeiten der Spitalsambulanzen ausgeweitet werden sollen.

Hinzu kommt, dass die Aufgaben der Spitalsambulanzen laut „Legistikpaket FAG“ Stand 24.10.2023 um „die Erfüllung von in den Verordnungen gemäß Zielsteuerung-Gesundheit festgelegten Aufgaben/Leistungen“ erweitert werden sollen.

Zwischenfazit: wirkliche Spitalsambulanzentlastung sieht anders aus.

  1. Es fehlen Regelungen zur Patientensteuerung

In den Unterlagen und Entwürfen fehlen – wie in der Vergangenheit auch – Regelungen zur Patientensteuerung. Die Patientensteuerung wird zwar von politischer Seite immer wieder angesprochen, in den Entwürfen sucht man sie jedoch vergebens. Zusätzlich erschwert wird eine Patientensteuerung durch die undifferenzierte Verwendung des Begriffs „ambulant“, der – wie unter Punkt 1 erläutert – eben sowohl den niedergelassen ambulanten Bereich als auch die Spitalsambulanzen inkludiert.Das Patientensteuerungsregime muss in weiterer Folge auch Regelungen für jene Patienten enthalten, die sich – aus welchem Grund auch immer – nicht an die vorgegebenen Behandlungspfade halten.

  1. Fehlende Systemintegration von 1450

Getreu dem neuen Slogan digital vor ambulant vor stationär soll 1450 laut Politik eine der Erstanlaufstellen sein. Wenn nun eine Patientin oder ein Patient 1450 als Erstanlaufstelle anruft, dann werden von ihm beziehungsweise ihr die einschlägig relevanten Daten erhoben und anschließend erfolgt eine Empfehlung, wohin sich die betreffende Person als nächstes wenden soll. Zumeist wird dies der Hausarzt sein, in Notfällen auch das Spital. Unverständlich ist, warum die bei 1450 erhobenen Patientendaten nicht sofort so „ins System“ eingespielt werden, damit alle anderen späteren Behandler darauf zugreifen und ohne weiteren Administrationsaufwand darauf aufbauen können.

Damit würde man sich auch bei einer anschließend erfolgenden Behandlung in einer ärztlichen Ordination oder Spitalsambulanz einiges an Administrationsaufwand ersparen, weil der betreffende Patient diesfalls ja schon angelegt wäre und das Ordinations- oder Spitalspersonal die Daten einfach übernehmen könnte.

  1. Succus

Es ist zu hoffen, dass diese Punkte bald Eingang in das Gesundheitssystem und dessen Strukturen finden.

*) Doz. (FH) Dr. Lukas Stärker ist Kammeramtsdirektor der ÖÄK

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2023