Österreichischer Impfplan 2023/24: Die neuen Empfehlungen

10.11.2023 | Medizin

Zwei Impfstoffe gegen das RS-Virus, ein Vakzin gegen Dengue-Fieber, die Impfung gegen SARS-CoV-19 mit nur einer einzigen Dosis – das sind einige Änderungen im aktuellen Impfplan.

Martin Schiller

Seit Kurzem stehen erstmals zwei Impfstoffe zum Schutz vor Infektionen mit RSV (Respiratory Syncytial-Virus), die zu einer Erkrankung der unteren Atemwege führen, zur Verfügung. Die Impfung ist ab dem vollendeten 60. Lebensjahr zugelassen und laut dem aktuellen Österreichischen Impfplan 2023/24 für diese Personengruppe empfohlen. „In der allgemeinen Wahrnehmung wurde der zweite Altersgipfel einer RSV-Infektion nach dem Kleinkindalter lange Zeit übersehen“, sagt Univ. Prof. Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie an der Medizinischen Universität Wien. Mit den neuen Vakzinen stünden nun „sehr potente Impfstoffe“ für die ältere Bevölkerung zur Verfügung. Eine Impfung für Menschen unter 60 Jahren kann off-label für immunsupprimierte Personen und bei einer pulmonalen Grunderkrankung wie COPD erwogen werden.

Für Kinder stehen noch keine RSV-Impfstoffe zur Verfügung. Jedoch bietet ein neuer monoklonaler Antikörper eine effektive Schutzmöglichkeit. „Der Antikörper beruht auf demselben Wirkprinzip wie die Impfstoffe, indem er sich gegen die Präfusionsform des Fusions-Moleküls von RS-Viren richtet. Er muss nur einmalig intramuskulär appliziert werden und schützt Kinder in ihrer ersten RSV-Saison“, erklärt Wiedermann-Schmidt. Für Neugeborene bietet die RSV-Impfung der Mutter zwischen der 24. bis 36. Schwangerschaftswoche eine Möglichkeit der passiven Immunisierung, wie Wiedermann-Schmidt ausführt: „Studiendaten zeigen, dass bis zu 180 Tage nach der Geburt ein guter Schutz vorhanden ist.“ Eine generelle Empfehlung für die RSV-Impfung von Schwangeren gibt es im aktuellen Impfplan jedoch „aufgrund geringer Datenlage“ noch nicht. „Wir weisen auf die Möglichkeit hin, aber für eine generelle Empfehlung waren bisherige Studienkollektive zu klein“, sagt Wiedermann-Schmidt.

Einmalige Impfung gegen SARS-CoV-19

Zum Schutz vor einer Infektion mit SARS-CoV-19 wird als Impfung ab sofort nur noch eine einmalige Impfung mit dem gegen XBB gerichteten (monovalenten) Varianten-Impfstoff empfohlen. Die Empfehlung gilt grundsätzlich für Personen ab zwölf Jahren, bevorzugt aber für Personen ab 60, bei einem erhöhten Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf sowie Personal des Gesundheitswesens. „Bei jüngeren Personen, die bereits drei- oder viermal geimpft wurden und/oder auch eine Infektion mit SARS-CoV-2 hatten, geht man von einer gewissen Langzeit-Immunität aus, so dass eine erneute Impfung nicht zwingend nötig ist “, erklärt Wiedermann-Schmidt. Dennoch gilt das Prinzip: „Wer sich schützen möchte, kann sich impfen lassen“.

Impfstoff gegen Dengue-Fieber

Mit Qdenga steht heuer ein neuer Impfstoff gegen das Dengue-Fieber zur Verfügung. Dabei handelt es sich um einen attenuierten Lebendimpfstoff, der auf dem Gerüst des Dengue 2-Virus alle vier Dengue-Viren abdeckt. Die Verbreitung des Virus ist aktuell besonders in Südostasien und Südamerika fortgeschritten. Auch viele Staaten in Zentral-Afrika sind betroffen. Ein Aufenthalt von beispielsweise mehr als vier Wochen kann das Krankheitsrisiko erhöhen. Hier kann eine Impfung bei Sero-negativen „sinnvoll sein“ (Wiedermann-Schmidt); ebenso bei Personen, die wiederholt – wenn auch für kürzere Zeit – in ein Hoch-Endemiegebiet reisen, kann die Impfung verabreicht werden. Bei einem kürzeren – einmaligen – Urlaub in ein Endemiegebiet hingegen sind Mückenschutz und Moskitonetze die „vorrangigen“ Schutzmaßnahmen. Wenn zuvor schon einmal eine gesicherte Infektion mit dem Virus durchgemacht wurde und eine Reise in ein Risikogebiet geplant ist, ist eine Impfung indiziert. Denn bei einem erneuten Virus-Kontakt kann es zu einem Dengue-hämorrhagischen Fieber oder einem Dengue-Schocksyndrom kommen. Dabei kommt es zu einem Virus-Enhancing-Effekt. Bei der Zweitinfektion mit einem anderen Serotypus als bei der Erstinfektion können Antikörper den anderen Subtyp nicht neutralisieren, hingegen „zu einer vermehrten Aufnahme in die Körperzellen führen und so die Infektion begünstigen“, erklärt die Expertin. Anders ist die Situation bei Reisenden, die sich bisher noch nicht infiziert haben. Bei seronegativen Personen, die geimpft wurden, hätten Studien bei einer Infektion vor allem mit Serotyp 3 höhere Hospitalisierungsraten als Nicht-Geimpfte gezeigt. Man vermutet, dass besonders bei Serotyp 3 (DENV-3) kein optimaler Schutz bei seronegativen Personen aufgebaut wird. „Somit muss der Einsatz des Impfstoffes bei naiven Personen ohne vorherigen Dengue-Kontakt genau abgewogen werden“, betont die Expertin.

Bei der Verabreichung von Qdenga ist die Vorlaufzeit zu berücksichtigen: Es sind zwei Dosen im Abstand von drei Monaten notwendig, um einen guten Schutz aufzubauen. Bisherigen Studien zufolge führt der Impfstoff zu einer Immunogenität von jedenfalls fünf Jahren. Beim Dengue-Fieber handelt es sich um eine meldepflichtige Erkrankung.

Weitere Änderungen

Die Influenza-Impfung wird in der Saison 2023/24 erstmals österreichweit zum Selbstbehalt von sieben Euro angeboten; für bestimmte Personengruppen – bei Betriebsimpfungen – ist sie kostenlos erhältlich, informiert Wiedermann-Schmidt. Neu im aktuellen Impfplan ist auch, dass die Impfung gegen Hepatitis A in das Kapitel ReiseIndikationsimpfungen integriert wurde. Wegen der unauffälligen epidemiologischen Situation in Österreich wird die Impfung bei Kindern nicht mehr allgemein empfohlen. „Geraten wird zur Impfung, wenn eine Familie demnächst eine Auslandsreise plant“, sagt Wiedermann-Schmidt. Eine Präzisierung gab es bei der Empfehlung zur Impfung gegen Meningokokken der Gruppen A, C, W135 und Y für Kinder. Hier sollte laut dem neuen Impfplan nun ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit einem tetravalenten, konjugierten Impfstoff gegen Meningokokken ACWY (anstelle der Impfung gegen Meningokokken C) geimpft werden.

Quelle: Impfplan Österreich 2023/24, Version 1.0 vom 5.9.2023

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 21 / 10.11.2023