Kurz und informativ

09.06.2023 | Medizin

Neu: nasale/orale SARS-CoV-2-Impfung
Forscher um Prof. Thomas Klimkait und Christian Mittelholzer vom Department Biomedizin der Universität Basel haben einen neuen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 entwickelt, der nasal und oral verabreicht werden kann. Das Vakzin beruht auf einer speziell angepassten Version des Virus – „1-Zyklus-Viren“ –, die sich im Labor vermehren lässt. Sobald diese Viren jedoch erstmals in Körperzellen eingedrungen sind, können sie sich nicht weiter vermehren. „Äußerlich sind diese Impfviren mit den normalen Corona-Viren völlig identisch. Aber das Virushüllen-Gen fehlt in ihrem Erbgut. Das heißt, in normalen Körperzellen, die keinen Ersatz anzubieten haben, können sie sich nicht vervielfältigen“, so Mittelholzer. Auch entfernten die Forscher im Virus-Erbgut diejenigen Gene, die es dem Virus ermöglichen, die Abwehrreaktion der Zelle zu hemmen. Im Versuch an Hamstern waren – nasal verabreicht – alle 20 Tiere geschützt, auch beim Kontakt mit einer hohen Dosis SARS-CoV-2. Andere Tiere wurden nicht angesteckt; es kam also zu einer sterilen Immunität. Nun soll eine erste Studie mit Probanden in der Schweiz starten. APA

SARS-CoV-2-Impfung: Verzicht auf Ursprungs-Virus
Bei der laufenden Anpassung von Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 sollte nach Ansicht von internationalen Experten auf das Ursprungs-Virus verzichtet und jeweils die aktuell gültigen dominanten Virus-Stämme berücksichtigt werden. Das teile das Impfberatungsgremium der WHO kürzlich mit. Aktuell sind Virus-Stämme des Typs XBB.1 weltweit am meisten verbreitet; sie stammen von der Omikron-Variante ab. APA/WHO

Neuroinvasive Elektroden fürs Gehirn
Ein Team von Wissenschaftern um Prof. Stéphanie Lacour von der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Lausanne (École polytechnique fédérale de Lausanne, EPFL) hat ein Elektrodenarray entwickelt, das direkt unter der knöchernen Schädeldecke am Gehirn angebracht werden kann. Der Prototyp verläuft durch ein Loch mit zwei Zentimeter Durchmesser, der sich nach dem Entfalten auf einen Durchmesser von vier Zentimeter ausdehnt. Mittels Applikator wird das Elektrodenarray durch ein Loch in der Schädeldecke eingeführt. Damit sich die spiralförmigen Arme des Arrays über das Gehirn ausbreiten, wird Flüssigkeit eingefüllt. Die Ausbreitung selbst erfolgt mit Hilfe eines Eversionsmechanismus, der von der flexiblen Robotik inspiriert ist. „Wir mussten dafür ein Entfaltungssystem entwickeln, das sanft genug ist, um das darunterliegende Gehirn nicht zusammenzudrücken oder zu beschädigen, und stark genug, um die Entfaltung in diesem engen Raum zu unter-stützen“, sagte Lacour. Das Elektrodennetzwerk wurde erfolgreich an einem Zwergschwein getestet. Ziel ist es, die Technologie für die Anwendung am Menschen anzupassen. APA/Science Robotics

Hauptrisikofaktoren für lower back pain
Im Jahr 2020 litten weltweit 619 Millionen Menschen unter Schmerzen am unteren Rücken. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationales Forschungsteam um Prof. Manuela Ferreira von der Universität Sydney in Australien. Die Studie wurde vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) an der University of Washington’s School of Medicine als Teil der Global Burden of Disease Studie 2021 durchgeführt. Hauptrisikofaktoren für den lower back pain sind Rauchen, Übergewicht sowie ergonomische Faktoren am Arbeitsplatz wie wiederholte schnelle Bewegungen oder das Heben von schweren Lasten. Am häufigsten traten diese Schmerzen altersstandardisiert in Ungarn und Tschechien auf; am seltensten auf den Malediven und in Myanmar. Frauen waren – unabhängig von Ländern und Regionen – in allen Altersgruppen häufiger betroffen. Am häufigsten traten Rückenschmerzen bei 85-Jährigen auf. Im Jahr 2050 könnten 843 Millionen Menschen – rund 36,4 Prozent mehr – weltweit von lower pack pain betroffen sein. Der größte Anstieg wird in Asien und Afrika erwartet – vor allem aufgrund des Bevölkerungswachstums. In Ostasien, Südasien, Lateinamerika und der Karibik hingegen ist das Alter der Grund für den Anstieg. APA/The Lancet Rheumatology

Aortenaneurysma: bikuspid versus trikuspid
Aortenaneurysmen bilden und entwickeln sich unterschiedlich – je nachdem, ob die Aortenklappe des Betreffenden bikuspid oder trikuspid ist. Das fand ein Team um Univ. Prof. David Bernhard und Christian Doppler vom Zentrum für Medizinische Forschung der Medizinischen Fakultät der Johannes Kepler-Universität in Linz heraus. Die Wissenschafter stellten fest, dass nur Patienten mit einer trikuspiden Aortenklappe massive arteriosklerotische Veränderungen im Gewebe und eine krankheitsbedingte Störung des Fettstoffwechsels aufwiesen. Dabei konnten Lipid-gekoppelte Stoffwechselwege identifiziert werden, die bei den betroffenen Zellen krankhaft verändert waren; auch war die Verteilung dieser Lipide im Gewebe insgesamt krankheitsbedingt verändert. Diese Veränderungen konnten hingegen bei den Patienten mit einer bikuspiden Aortenklappe nicht festgestellt werden. Doppler dazu: „Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es sich bei dieser Gruppe symptomatisch gesehen zwar auch um ein Aortenaneurysma handelt, deren Ursache und pathologische Entwicklung sich jedoch gravierend unterscheidet.“ Die Ergebnisse dieser Studie eröffnet den Aussagen von Bernhard zufolge Möglichkeiten für eine „bessere Früherkennung und individualisierte Therapie“. APA/Johannes Kepler-Universität

Stuhltransplantation via Minikapseln
Eine neue Methode zur Verkapselung von Fäkalkeimen hat ein Forscherteam um Prof. Eric Allémann von der School of Pharmaceutical Sciences der Universität Genf in Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Lausanne entwickelt. Damit können die im Stuhl des Spenders vorhandenen Mikroorganismen lebend in etwa zwei Millimeter große Kügelchen eingekapselt werden, die oral eingenommen werden. Die geschmacklosen Kapseln lassen sich leicht in einer Flüssigkeit oder einem Nahrungsmittel verteilen, was die Einnahme erleichtert – speziell für Kinder. Bevor die neue Technologie in der Praxis zum Einsatz kommt, sind noch klinische Tests notwendig. APA/International Journal of Pharmaceutics

Nebenwirkung von Antihypertensiva entschlüsselt
Thiazide hemmen Carboanhydrase 5b, das für die Ausschüttung von Insulin zentral ist. Das ist der Grund, wieso Thiazide das Risiko für Diabetes mellitus erhöhen, wie Wissenschafter um Prof. Daniel Fuster von der Universitätsklinik für Nephrologie und Hypertonie des Universitäts- und Inselspitals Bern herausgefunden haben. In einem nächsten Schritt sollen Funktion und Regulation der Carboanhydrase 5b in den Beta-Zellen des Pankreas weiter untersucht werden, um „die Entwicklung von Diabetes beim Menschen besser zu verstehen und die Grundlagen für neue Behandlungsansätze zu legen“, so Fuster. APA/Journal of the American Society of Nephrology

1,8
Millionen Österreicher greifen täglich zur Zigarette.

Zuckerfreie Süßstoffe ungeeignet für Gewichtskontrolle
Die WHO rät nach der Prüfung von zahlreichen Studien zum Einsatz von zuckerfreien Süßstoffen davon ab, diese für die Gewichtskontrolle einzusetzen. Zwar sei es auf diese Weise möglich, kurzfristig abzunehmen oder nicht weiter zuzunehmen; langfristig steige laut WHO jedoch das Risiko für eine Gewichtszunahme und Adipositas. Den Studien zufolge steigt bei langfristigem Konsum bei Erwachsenen das Risiko für Typ 2-Diabetes und Herz-/Kreislauf-Erkrankungen. Weniger Studien gibt es zu Kindern. Insgesamt deute wenig darauf hin, dass der Konsum von süßen Getränken mit zuckerfreien Süßstoffen zur Fettreduktion beiträgt. Zu zuckerfreien Süßstoffen zählt die WHO alle synthetischen und natürlichen Süßstoffe, auch Produkte aus dem Süßkraut (Stevia). APA/WHO

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.06.2023