Österreichischer Impftag 2024: Luft nach oben

15.12.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Was man aus der Corona-Pandemie lernen könne, welche neuen Impfstoffe am Programm stehen und wie das öffentliche Impfprogramm ausgebaut werden könnte – diesen Fragen widmet sich der österreichische Impftag.

Sophie Niedenzu

Wie jedes Jahr wird auch im Anfang 2024 der Österreichische Impftag als hybride Fachtagung im Austria Center Vienna stattfinden (Anmeldung unter www.impftag.at). Unter dem Titel „Impfen schützt! Von neuen Impfstoffen bis zu künstlicher Intelligenz“ werden am 20. Jänner unter dem medizinisch-wissenschaftlichen Vorsitz von Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien, von zahlreichen Experten aktuelle Fragen rund um das Thema Impfen beleuchtet. Der Impftag widmet sich unter anderem den „Learnings“ aus der Corona-Pandemie: Denn der gesteigerte Aufwand an Forschungen hat zahlreiche Erkenntnisse gebracht, von denen die Immunologie und Vakzinologie auch im Sinne anderer Erkrankungen und Impfungen profitieren. Ebenfalls am Programm stehen Neuerungen bei Impfstoffen. So gibt es ein neues Vakzin gegen das Respiratorische-Synzytial-Virus (RSV). Hier sind einerseits Säuglinge und Kleinkinder betroffen, aber auch Menschen ab 60 Jahren sowie immunsupprimierte Menschen sollten sich impfen lassen, da dies für diese Personen eine schwerwiegende Erkrankung darstellen kann. Auch gegen Pneumokokken steht eine neue Generation an Impfstoffen zur Verfügung.

Impfungen in Ordinationen

Als eines der „Learnings“ aus der Pandemie könne man mitnehmen, dass sehr sensibel mit medizinischen Inhalten umzugehen ist, sagt Rudolf Schmitzberger, Leiter des Referats für Impfangelegenheiten der Österreichischen Ärztekammer: „Dadurch, dass am Anfang falsche Versprechen bei der Covid-19-Impfung verbreitet wurden und vielen nicht klar war, dass die Impfung nicht gegen eine Infektion an sich, sondern vor einem schweren Verlauf schützt, ist die Impfskepsis gestiegen und das Impfen per se in Verruf geraten“, sagt Schmitzberger. Das sei – gerade in Hinblick auf die aktuell schlechten Durchimpfungsraten, etwa bei MMR oder Influenza – nicht sehr zielführend. Grundsätzlich gebe es großen Nachholbedarf bei Impfungen, ein Wiederaufflammen von Erkrankungen aufgrund von Impflücken sollte vermieden werden: „Impfungen sind ein Teil der Vorsorgemedizin, daher sollten auch die jährlichen Vorsorgeuntersuchungen dafür verwendet werden, den Impfpass durchzugehen, auf für den Patienten sinnvolle Impfungen hinzuweisen und idealerweise gleich vor Ort zu impfen“, sagt er. Den „One-Stop-Shop“ gebe es etwa heuer durch das bundesweite Influenza-Impfprogramm: „Die Influenza-Impfstoffe sind in den Ordinationen gelagert und die Patienten bekommen sie direkt und niederschwellig bei ihrem Vertrauensarzt“, sagt Schmitzberger. Organisatorisch sei bei Beschaffung und Verteilung der Impfstoffe in den Ordinationen Luft nach oben: „Wir müssen hier in der praktischen Durchführung des Influenza-Impfprogramms besser werden, auch die Einhebung eines Selbstbehalts auf diese Art sollte überdacht werden“, betont Schmitzberger. Es sei aber der richtige Weg, Impfungen wie die Influenza-Impfung im bundesweiten Impfprogramm anzubieten – und zwar direkt bei den Ärzten in den Ordinationen.

Erweiterung des Impfprogramms

Überhaupt sei eine Erweiterung des öffentlichen Impfprogramms sinnvoll und müsste auch das Ziel einer Gesundheitspolitik sein, die stark auf Prävention setze: „Wir sind Weltmeister in Impfempfehlungen, aber es fehlt der Schulterschluss zwischen den Impfungen bei Kindern und Jugendlichen und den Erwachsenen“, sagt Schmitzberger. Als Beispiel nennt der Impfexperte die Pneumokokken-Impfung, die erfolgreich im Kinder-Impfprogramm aufgenommen ist – aber nicht bei Erwachsenen. Die Impfung sei aber nicht nur für Kinder, sondern auch für Personen ab 60 Jahren empfohlen: „Eine Ausweitung des Impfprogramms auf die ältere Bevölkerungsgruppe wäre daher sinnvoll, man darf die älteren Personen nicht aus dem Blick verlieren“, sagt Schmitzberger. Es sei bedauerlich, dass Impfungen gegen RSV oder auch Herpes Zoster zu hochpreisig seien: „Als Arzt ist es auch schwierig, Patienten Impfungen zu empfehlen, die noch derart kostenintensiv sind“, sagt er. Auch hier seien wieder ältere Personen die Leidtragenden, für die beide Impfungen – RSV und Herpes Zoster – grundsätzlich empfohlen sind.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2023