Mut­ter-Kind-Pass: Nix ist fix

24.03.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Das Erfolgs­mo­dell Mut­ter-Kind-Pass ist seit Mona­ten in Dis­kus­sion, der Aus­stieg aus dem Ver­trag steht im Raum. Nach einem kurz­fris­tig schrift­lich vor­ge­leg­ten Vor­schlag des Gesund­heits­mi­nis­te­ri­ums for­dert die Bun­des­ku­rie nie­der­ge­las­sene Ärzte sub­stan­zi­elle Gespräche.

Sophie Nie­denzu

Seit Mona­ten sorgt der Mut­ter-Kind-Pass, stän­di­ger Beglei­ter in der Gesund­heits­vor­sorge von Schwan­ge­ren, Unge­bo­re­nen und Kin­dern bis zum fünf­ten Lebens­jahr, für Dis­kus­sio­nen. Bald 29 Jahre lang sind die Hono­rare nicht ein­mal an die Infla­tion ange­passt wor­den, zudem sind die Leis­tun­gen aus­ge­baut wor­den. Der Erfolg lässt sich in Zah­len unter­mau­ern: Wäh­rend die Müt­ter­sterb­lich­keit im Jahr 1946 noch 328 pro 100.000 Lebend­ge­bo­re­nen betrug, lag sie im Jahr 2020 bei 2,4. Auch die peri­na­tale Sterb­lich­keit sank rapide: Bereits zehn Jahre nach Ein­füh­rung des Mut­ter-Kind-Pas­ses, also 1984, hal­bierte sich die Säug­lings­sterb­lich­keit auf 11,4 pro Tau­send Kin­der (Pro­mille) und sank kon­ti­nu­ier­lich wei­ter. Im Jahr 2021 betrug die peri­na­tale Sterb­lich­keit 2,7 Pro­mille. Diese Zah­len wür­den den Erfolg des Mut­ter-Kind-Pas­ses unter­strei­chen, sagt Tho­mas Fied­ler, Obmann der Bun­des­fach­gruppe Frau­en­heil­kunde und Geburts­hilfe: „Wir ver­lan­gen ein kla­res Bekennt­nis zum Mut­ter-Kind-Pass und eine ent­spre­chende Absi­che­rung die­ses wert­vol­len Werk­zeu­ges für die Zukunft und ins­be­son­dere für alle wer­den­den Müt­ter und ihre Kinder.“

Gemein­sam an einen Tisch
Denn seit Mona­ten steht die Frage im Raum, ob die Bun­des­ku­rie der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte den Ver­trag zu den Mut­ter-Kind-Pass Unter­su­chun­gen kün­digt, sofern es keine Leis­tungs­an­pas­sung und Valo­ri­sie­rung über die ver­gan­ge­nen 29 Jahre gibt. Mitte Dezem­ber noch wurde in der Kuri­en­sit­zung beschlos­sen, die Ver­hand­lun­gen abzu­war­ten. Auf­grund der zu Schei­tern dro­hen­den Ver­hand­lun­gen wurde im Vor­feld zur Bun­des­ku­ri­en­sit­zung Mitte März das Aus­spre­chen der Kün­di­gung mit Ende März wahr­schein­li­cher. In der Nacht vor Beginn der Kuri­en­sit­zung erhielt die Bun­des­ku­rie einen schrift­li­chen Vor­schlag vom Gesund­heits­mi­nis­te­rium zur

Causa Mut­ter-Kind-Pass, der in der Kuri­en­sit­zung aus­führ­lich dis­ku­tiert wurde. Das Resü­mee: Viele Punkte müss­ten drin­gend per­sön­lich bespro­chen wer­den: „Die­ses Gesamt­pa­ket lässt ein wenig Bewe­gung erken­nen, beinhal­tet aber noch viele offene Fra­gen. Diese müs­sen mit dem Gesund­heits­mi­nis­te­rium in sub­stan­ti­el­len Gesprä­chen, gemein­sam an einem Tisch, geklärt wer­den“, sagt Edgar Wut­scher, Vize­prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte. Man stehe jeder­zeit für Gesprä­che zur Ver­fü­gung, es stehe aber wei­ter „Spitz auf Knopf“, sagt Wut­scher, der war­nend in den Raum stellte, dass es nach wie vor eine auf­rechte Beschluss­lage gebe, den Ver­trag mit Ende März zu kün­di­gen, falls es zu kei­ner Eini­gung komme.

Klar­heit für die Patienten
„Im Sinne der Ver­sor­gung von Müt­tern und Kin­dern, unse­ren Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten, deren Wohl wir uns als Ärz­tin­nen und Ärzte ver­pflich­tet füh­len, for­dern wir jetzt end­lich sub­stan­ti­elle Gesprä­che“, sagt Diet­mar Bayer, stell­ver­tre­ten­der Bun­des­ku­ri­en­ob­mann. „Müt­ter und Kin­der haben end­lich Klar­heit ver­dient und Ärz­tin­nen und Ärzte wol­len sich end­lich wie­der darum küm­mern kön­nen, ihnen die best­mög­li­che Ver­sor­gung zu bie­ten. Wir sind es leid, eigent­lich Selbst­ver­ständ­li­ches ein­zu­for­dern und Kon­se­quen­zen ankün­di­gen zu müs­sen“, sagt er. Der Mut­ter-Kind-Pass gebe seit Jahr­zehn­ten Fami­lien viel Sicher­heit und sollte allen wei­ter­hin ein wich­ti­ges Anlie­gen sein, ergänzt Naghme Kama­leyan-Schmied, stell­ver­tre­tende Bun­des­ku­ri­e­nob­frau und All­ge­mein­me­di­zi­ne­rin in Wien: „Wir wol­len uns best­mög­lich um die Ver­sor­gung der Müt­ter und Kin­der küm­mern, damit unser inter­na­tio­na­les Vor­zei­ge­pro­jekt wie­der den Glanz erhält, den es ursprüng­lich hatte“, sagt Kamaleyan-Schmied.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2023