Interview Alexander Moussa: Digitale Medizin – Besser versorgt

25.10.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Der Allgemeinmediziner Alexander Moussa, Leiter des Referats e-Health in Ordinationen der Österreichischen Ärztekammer, spricht im Interview mit Sophie Niedenzu über Digitalstrategien, Gesundheits-Apps und Zukunftspläne.

Rund um die Patientenlenkung wird immer wieder von „Digital vor ambulant vor stationär“ gesprochen. Was ist digital möglich? In einer angespannten Versorgungssituation mit einem Kassenärztemangel und überfüllten Spitälern können digitale Anwendungen helfen, die Patienten besser zu betreuen. Wichtig ist, die Ärzte in diese digitalen Angebote einzubeziehen. Nur so kann eine zielgerichtete, medizinische Versorgung am best point of care sichergestellt und optimiert werden. Zu verhindern gilt vor allem, dass die Digitalstrategie am Ende des Tages nichts anderes ist als ein Callcenter ohne ärztliche Expertise. Die Gesundheitshotline funktioniert in jenen Bundesländern gut, in denen Ärzte involviert sind und die Hotline damit mehr ist als ein reines Computerabfragesystem ohne ärztliche Einbindung. Das ist wichtig, weil die Patienten am Ende verständlicherweise den ärztlichen Rat suchen. Daher ist eine gemeinsame Strategie, unumgänglich, um die Versorgungssituation tatsächlich zu verbessern.

Wie ist die aktuelle Situation hinsichtlich e-Health-Angebote? Durch die optimierten und ausgerollten Tools wie e-Rezept und e-Medikation können wir die Versorgung auch aus den Ordinationen heraus sicherstellen. Die digitalen Möglichkeiten sind viel besser geworden. Mittlerweile können telemedizinische Leistungen im kassenärztlichen Bereich in allen Bundesländern verrechnet werden, da jedes Bundesland eine vertragliche Regelung für Telemedizin geschaffen hat. In der Steiermark arbeiten Allgemeinmediziner, Fachärzte und, wenn notwendig, die Spitäler eng verschränkt im Bereich der Teledermatologie zusammen. Das ist ein Erfolgsprojekt, das gut von den Bürgern angenommen wird. Ebenso erfolgreich ist die telemedizinische Betreuung durch HerzMobil. Diese digitalen Projekte sind sinnvolle Ergänzungen zum bestehenden Versorgungsangebot, sind aber in sehr spezialisierten Bereichen verortet. Wünschenswert wäre ein breiterer Ausbau des digitalen Angebots hin zu einer gesamtheitlichen Betreuung. E-Health ist ja mehr als nur Telemedizin, damit ist ja hauptsächlich die medizinische Datenübertragung und digitale Konsultationen gemeint. E-Health inkludiert aber Gesundheitsvorsorge, Gesundheitserhaltung und die medizinische Behandlung in Krankheitsfällen und da wird es notwendig sein, entsprechende Angebote sicherzustellen. Dazu gehört auch die künstliche Intelligenz, die in der ärztlichen Arbeit unterstützen, aber den Arzt aufgrund seiner auch „offline“ verfügbaren Expertise nicht ersetzen kann.

Wo liegen die Grenzen von Gesundheitsapps? E-Health-Applikationen können gerade im Bereich der Gesundheitsvorsorge Awareness schaffen. Aber es ist grundsätzlich Vorsicht geboten: Wer steht hinter der App? Wie sieht es mit dem Datenschutz aus? Welchen Mehrwert habe ich als Benutzer dieser App konkret? Gerade im Umgang mit Firmen, wo der europäische Datenschutz nicht mehr greift, ist Vorsicht geboten. Leider gibt es bei Gesundheits-Apps viele nicht zertifizierte Anbieter, die mit in-App Käufen locken, ohne dafür einen gesundheitlichen Mehrwert zu bieten. Es muss ganz klar hervorgehen, dass ein Produkt sicher ist und die Daten nicht für andere ominöse Zwecke verwendet werden.

Welche Zukunftsaussichten im Bereich e-Health gibt es? Grundsätzlich arbeiten wir daran, dass die e-Card-Steckung auch kontaktlos erfolgen kann. Es soll in Zukunft möglich sein, dass die Patienten die e-Card von daheim ausstecken oder der Arzt diese unterwegs über eine Smartphone-App via NFC steckt. Das ist ein spannendes Projekt, das wir als e-Health-Referat begleiten. Mit dieser Möglichkeit kann für Impfungen oder Teleordinationen ein Zugriff auf ELGA aus der Ferne möglich sein. Das ist besonders für die Betreuung in Pflegeheimen relevant, etwa bei Impfaktionen vor Ort. Dann kann der Impfarzt über das Handy den Zugriff für Eintragungen im e-Impfpass freischalten, das ersetzt die Mitnahme von e-Card-Geräten in Alters- und Pflegeheime. Im Bereich der e-Medikation arbeiten wir an einer besseren Darstellung der Einnahmepläne bei Dauermedikation, optisch und inhaltlich. Das Ziel ist eine bessere Medikations- und Versorgungssicherheit.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 20 / 25.10.2023