BKAÄ-Enquete: Span­nungs­feld Spital

26.05.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Wie wol­len die jun­gen Ärz­tin­nen und Ärzte jetzt und künf­tig im Spi­tal arbei­ten? Die­ser Frage ging eine Enquete der Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer in Linz nach – eine span­nende und wich­tige Vorzeige­Veranstaltung im Rückblick.

Thors­ten Medwedeff

Drau­ßen trom­melte der Regen, drin­nen pras­sel­ten die Fak­ten, Fol­ge­run­gen und Fra­gen – im atmo­sphä­ri­schen med­L­OFT der Johan­nes Kep­ler Uni­ver­si­tät Linz (JKU) kam es Anfang Mai zu einem regen Dis­kurs mit bes­ter Stim­mung, sowohl bei den hoch­ka­rä­ti­gen Refe­ren­ten als auch im bis auf den letz­ten Platz beset­zen Audi­to­rium. Die Bun­des­ku­rie ange­stellte Ärzte (BKAÄ) der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer hatte zur Enquete „Arbeits­platz Spi­tal – wie die Jun­gen künf­tig arbei­ten wol­len“ gela­den und Exper­ten aus Gesund­heits­po­li­tik, Zukunfts­for­schung, Bil­dung, Spi­tals- und Per­so­nal­we­sen, aber auch viele junge Ärzte und Stu­die­rende waren gekom­men, um eines der hei­ßes­ten aktu­el­len The­men zu diskutieren.

„Es war und ist höchst an der Zeit, dass man die jun­gen Kol­le­gen kon­kret fragt, wie sie in Zukunft wirk­lich arbei­ten wol­len und nicht irgend­wel­che Schreib­tisch­tä­ter dahin­fan­ta­sie­ren lässt, die behaup­ten ‚das machen wir so, weil es die Jun­gen so wol­len‘. Nein, die Jun­gen sol­len es uns sel­ber sagen, wie sie es wol­len. Wir müs­sen ver­su­chen, das, was wir heute hören, umzu­set­zen – nur so wird der Arbeits­platz Öster­reich für Jung­ärzte auch wei­ter­hin attrak­tiv blei­ben“, sagte Harald Mayer, Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte und Vize­prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärztekammer.

Bernd Lam­precht, stell­ver­tre­ten­der Dekan für Lehre und Stu­die­rende der Medi­zi­ni­schen Fakul­tät der JKU und zugleich Hoch­schul­re­fe­rent der Ärz­te­kam­mer für Ober­ös­ter­reich, hob ergän­zend her­vor: „Es ist uns ganz beson­ders wich­tig, uns damit aus­ein­an­der­zu­set­zen, wie die Jun­gen arbei­ten wol­len – denn das ist die Gene­ra­tion, die das Gesund­heits­sys­tem künf­tig tra­gen wird. Zu wis­sen, unter wel­chen Bedin­gun­gen sie ihre Arbeit best­mög­lich leis­ten kön­nen, ist für uns ent­schei­dend. Wir wol­len sie dabei unter­stüt­zen und gemein­sam die ent­spre­chen­den Rah­men­be­din­gun­gen schaffen.“

Work-Life-Balance bis Flexicurity 

Auf Basis einer Live-Online-Umfrage wurde die Ein­stel­lung der Teil­neh­mer zu den drei aktu­el­len The­men­fel­dern (s. Gra­fik auf S. 10) Arbeits­zeit, Arbei­ten im Spi­tal­s­all­tag und Aus­bil­dung dis­ku­tiert. Die wich­tigs­ten Ergeb­nisse: Der Wunsch nach einer gere­gel­ten Arbeits­zeit zwi­schen 30 und 40 Stun­den pro Woche, die opti­male Ver­ein­bar­keit von Beruf und Pri­vat­le­ben sowie der Wunsch nach einer guten Aus­bil­dung. „30 bis 40 Stun­den zu arbei­ten ist ein legi­ti­mer Wunsch, der der­zeit lei­der nicht immer umsetz­bar ist“, sagte Michael Sache­rer, Prä­si­dent der Ärz­te­kam­mer für Stei­er­mark und Lei­ter des ÖÄK-Refe­rats für Jung­me­di­zi­ne­rin­nen und Jung­me­di­zi­ner. Bei der Arbeits­zeit müsse aber dar­auf geach­tet wer­den, dass das aktu­elle Lebens­mo­dell respek­tiert werde – egal ob Teil­zeit oder Voll­zeit. „Das darf nicht nur am Papier exis­tie­ren, son­dern muss in den jewei­li­gen Abtei­lun­gen auch gelebt wer­den. Es geht kon­kret um eine lebens­pha­sen­ori­en­tierte Arbeits­zeit.“ Das unter­strich Cor­ne­lia Sit­ter, Tur­nus­ärz­tin in Steyr und Refe­ren­tin des ÖÄK-Refe­rats für Jung­me­di­zi­ne­rin­nen und Jung­me­di­zi­ner: „Es muss die glei­che Wert­schät­zung für Teil­zeit geben, das gilt auch für die Eltern­ka­renz, auch wenn das Väter in Anspruch neh­men. Dadurch dür­fen keine Nach­teile für die Kar­riere ent­ste­hen.“ Sie betonte auch den gro­ßen Wert, den die jun­gen Ärzte auf ihre Aus­bil­dung legen und wurde dabei auch von Nicole Brun­ner, Vor­sit­zende der ÖH-Med Wien, unter­stützt. „Es muss die Zeit geschaf­fen wer­den, damit Fach­ärzte ihr Wis­sen wei­ter­ge­ben kön­nen. Aus­bil­dung darf kein ‚Hobby‘ sein“, betonte Sitter.

Der Zukunfts­for­scher Rein­hold Popp, Lei­ter des Insti­tute for Futures Rese­arch in Human Sci­en­ces an der Sig­mund Freud-Pri­vat­uni­ver­si­tät in Wien, betonte, dass man sich heute in einem „Arbeit­neh­mer­markt“ befinde und die Arbeit­ge­ber mehr denn je gefor­dert sind, sich um neue Mit­ar­bei­ter zu bemü­hen und ihnen ihr Kran­ken­haus als Arbeits­platz schmack­haft zu machen: „Viele sind es gewohnt, sich als Arbeit­neh­mer beim Arbeit­ge­ber zu bewer­ben – jetzt ist es umge­kehrt. Der Arbeit­ge­ber muss so attrak­tiv sein, dass der Arbeit­neh­mer sagt, da will ich arbei­ten. Dazu gehört neben dem Gehalt vor allem die Lebens­qua­li­tät. Und es geht auch ums Arbeits­klima und um eine gewisse Fle­xi­bi­li­tät, die aber im Ein­klang mit der beruf­li­chen Sicher­heit ste­hen muss. Dafür hat die Arbeits­wis­sen­schaft ein schö­nes Kunst­wort erfun­den, näm­lich Flexicurity.“

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 10 /​25.05.2023