Ausbildungsevaluierung: Die Jungen am Wort

12.04.2023 | Aktuelles aus der ÖÄK

Derzeit läuft die bisher größte Evaluierung der ärztlichen Ausbildung in Österreich. Sie gibt den jungen Ärzten die Chance, die eigene Ausbildungsabteilung mittels Fragebogen zu beurteilen, um Stärken und Schwächen aufzuzeigen.

Thorsten Medwedeff

Die Fragebögen sind verteilt, jetzt geht’s ans Bewerten der eigenen Ausbildungsabteilung, ans Ausfüllen und ans anonymisierte Retournieren an die auswertende Stelle an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH). Diese führt in Kooperation mit der Bundeskurie der angestellten Ärzte der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) die Evaluierung durch und hat bereits ähnliche Umfragen in der Schweiz und in Deutschland erfolgreich durchgeführt.

Täglich landen nun Dutzende Fragebögen aus ganz Österreich, abgeschickt von den Turnusärzten zwischen Eisenstadt und Bregenz, im Postfach der ETH. „Über die Rücklaufquote zu sprechen, wäre noch zu früh“, sagt Harald Mayer, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte (BKAÄ). Er betont aber: „Jeder ausgefüllte Fragebogen hilft uns und den Ausbildungsabteilungen dabei, die richtigen Schlüsse zu ziehen und die Ausbildung in unseren Spitälern weiter zu verbessern. Nur wenn wir wissen, wo der Schuh drückt, können wir auch dort ansetzen.“ Die Evaluierung ist umso wichtiger, da die ÖÄK seit 1. Jänner nicht mehr für die Bewilligung von Ausbildungsstellen und die Qualitätskontrolle zuständig ist, sondern die Bundesländer.

Eine gute ärztliche Ausbildung, die einem internationalen Vergleich standhält, ist aber die Basis für eine starke Gesundheitsversorgung und ein wichtiges Mittel gegen den drohenden Ärztemangel: „Wir wissen, dass die Ausbildung für die jungen Ärztinnen und Ärzte extrem wichtig ist und dass diese bereit sind, in ein anderes Land zu gehen, wenn dort die Ausbildung und die Karrierechancen besser sind. Die Ausbildung muss ernst genommen und als Teil des ärztlichen Selbstverständnisses gesehen werden. Mit dieser von uns initiierten Evaluierung zeigen und unterstreichen wir, wie wichtig uns das ist.“

„Bitte nutzen Sie daher die Chance und nehmen Sie an der Evaluierung teil! Das Beantworten dauert maximal 15 bis 20 Minuten, bringt uns aber Erkenntnisse, auf denen wir für die nächsten Jahre aufbauen können“, motiviert Mayer zur Teilnahme. Nur mit einer hohen Rücklaufquote – die Schweizer Benchmark von rund 70 Prozent sollte als Ansporn der heimischen Ärzteschaft dienen – kann es aussagekräftige Ergebnisse geben. Ziel ist es, die Stärken und Schwächen einer Ausbildungsstätte aufzuzeigen, um konkret daran arbeiten zu können, die Mängel zu beheben und die Stärken weiter auszubauen.

Auswertung bis Herbst 2023

Die ausgefüllten Fragebögen können bis 12. Mai eingesendet werden, danach wird ausgewertet und im Herbst sollten die wichtigsten Ergebnisse vorliegen. Dazu nehmen die Schweizer Experten die sogenannte Spinnengrafik zur Hand (siehe Grafik). Damit lässt sich zeigen, welche Themenbereiche abgedeckt wurden und wie sie in die Analyse einfließen – konkret sind dies die Themenfelder Globalbeurteilung, Fachkompetenz, Lernkultur, Führungskultur, Fehlerkultur, Entscheidungskultur, Betriebskultur sowie evidenzbasierte Medizin. Außerdem wurden zusätzlich Fragen zu zwei ganz aktuellen Themenbereichen gestellt, nämlich zu „Teilzeitarbeit“ sowie „Vereinbarkeit von Ausbildung und Privatleben“: „Auch das sind Themen, die junge Menschen bewegen und von denen sie ihre Jobentscheidung und Zukunftsperspektiven abhängig machen“, sagt Mayer.

Nach der finalen Auswertung und Analyse erhält jede Ausbildungsstätte detaillierte Informationen darüber, wie sie beurteilt wurde. Damit die Ergebnisse, über die auch in der Österreichischen Ärztezeitung berichtet wird, eingeordnet werden können, wird auch noch ein Vergleichsmaßstab dazu geliefert. Mayer: „Jeder Ausbildungsverantwortliche kann dadurch ablesen, in welchen Aspekten er besser und in welchen er schlechter als seine Peers beurteilt wurde.“

Anhand dieser Spinnengrafik lässt sich – hier ein Beispiel mit fiktiven Zahlen aus der Schweiz (daher auch die Bezeichnung „Testfachrichtung“) – zeigen, welche Themenbereiche abgedeckt werden und wie sie in die Analyse einfließen. Die Abkürzung WBS steht in der Schweiz für „Weiterbildungsstätte“, analog zu Ausbildungsstelle in Österreich.

Die Evaluierung wird 2024 wiederholt, um einen Vergleich zu ermöglichen und zu sehen, wer sich gegenüber 2023 verbessern konnte.

BKAÄ-Enquete „Arbeitsplatz Spital“

Im Herbst 2023 wird man aus der Befragung auch Schlüsse darauf ziehen können, wie die Jungen jetzt und auch in Zukunft im Spital arbeiten wollen. Das Thema genießt aktuell hohe Wichtigkeit in der BKAÄ: Im Rahmen einer Enquete mit dem Titel „Arbeitsplatz Spital – wie die Jungen künftig arbeiten wollen“ wird am Mittwoch, 10. Mai 2023 (ab 17:30 Uhr) im medLOFT am Medizinischen Campus I in Linz (Gebäude ADM, 9. OG, Krankenhausstraße 5) mit hochkarätigen Speakern aus den Bereichen Zukunftsforschung, Gesundheitspolitik, Studium und Ärztekammer zu diesem Thema diskutiert. Die Teilnahme ist kostenfrei, auch eine Kinderbetreuung (für Kinder ab 4 Jahre; für Jüngere in Begleitung) wird angeboten. Alle Infos dazu gibt es auch auf der Website der Österreichischen Ärztekammer: www.aerztekammer.at.

BKAÄ-Enquete

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 7 / 10.04.2023