Qualitätssicherung in der Ordination: Im Auftrag der Qualität

25.05.2022 | Politik

Er wolle sich verbessern – das ist einer der Gründe, wieso Allgemeinmediziner Gerald Geihseder als Qualitätssicherungsbeauftragter der ÖQMED tätig ist. Er sieht sich als Unterstützer bei der Umsetzung von qualitätssichernden Maßnahmen in der Ordination.

Agnes M. Mühlgassner

Der 57-jährige Gerald Geihseder ist Allgemeinmediziner in der rund 3.000 Einwohner zählenden Gemeinde Pichl bei Wels –
und er ist leidenschaftlicher Qualitätssicherungsbeauftragter. Das war er schon von Beginn an, als etwa im Jahr 2012 im Zusammenhang mit der Qualitätssicherung in den Ordinationen das System der Evaluierung ins Leben gerufen wurde. Seine Motivation, sich eingehender damit zu befassen? „Wie viele andere habe ich auch nur den Blick und die Perspektive auf meine eigene Ordination und deren Abläufe gehabt“. Damals aber begann er sich „für den Austausch über diese Grenze hinaus“ zu interessieren. Gedacht – getan. Geihseder nahm an einer von der ÖQMED organisierten Informationsveranstaltung über die Tätigkeit von Qualitätssicherungsbeauftragten teil. „Das hat mich damals sehr angesprochen, wie Qualitätsmanagement in der

Ordination umgesetzt werden kann und was es für die Prozesse in der Ordination bedeutet.“ So war es auch nahezu unausweichlich, dass er im Zuge dessen auch in seiner Ordination Handlungsabläufe fand, die nach den Vorgaben des Qualitätsmanagements verbesserungsfähig waren. Konkret betraf das gleich mehrere Bereiche – wie zum Beispiel die Mitarbeiterführung, das Datenmanagement und auch das Beschwerdemanagement. Eine der Möglichkeiten dafür: ein Beschwerdebriefkasten – für all diejenigen, die sich beispielsweise nicht trauen, offen ihre Meinung zu sagen. Vor der Pandemie sei die Zahl der Beschwerden über lange Wartezeiten im Vergleich zu jetzt teilweise groß gewesen. Was Gerald Geihseder darauf zurückführt, dass er im Zuge der Corona-Pandemie die Termin-Ordination eingeführt hat. Das hat nicht nur die Beschwerden im Hinblick auf die Wartezeiten – von rund einer Stunde zuvor auf nahezu null – reduziert, sondern auch noch einen zusätzlichen (Neben)-Effekt: „Das Arbeiten als Allgemeinmediziner ist wesentlich angenehmer“, berichtet Geihseder aus seinem schon seit längerem neu organisierten Ordinations-Betrieb. Die Zahl der Telefonate habe sich im Zuge dessen verdoppelt, was die Schaffung eines zusätzlichen Arbeitsplatzes für die Terminkoordination mit sich brachte. „In Summe sind die Abläufe ganz generell wesentlich besser strukturiert als früher und der tägliche Betrieb sowohl für die Patienten als auch für mich optimiert“, so sein Resümee. Und: „Ich bin sehr froh, dass ich auf eine Termin-Ordination umgestellt habe.“ Denn sein Anspruch sei es, eine qualitativ hochwertige Ordination anzubieten.

Ausbildung durch ÖQMED

Zurück von der Qualitätssicherung in der eigenen Ordination hin zu seiner Tätigkeit als Qualitätssicherungsbeauftragter. Nach einer vierstündigen Ausbildung durch die ÖQMED wurde er zum Sachverständigen bestellt und begann – nachdem er schon mehr als fünf Jahre als niedergelassener Arzt tätig war – mit seiner Tätigkeit als Qualitätssicherungsbeauftragter.

All diejenigen Ordinationen, die von einer randomisierten Software der ÖQMED für die Stichprobe ausgewählt wurden, werden schriftlich darüber informiert, dass sie in diese Stichprobe fallen. Diese Information erhält auch der Qualitätssicherungsbeauftragte. Vor Kurzem hat man Geihseder informiert, dass in zehn Ordinationen Besuche anstehen. Schon im Vorfeld wird der jeweiligen Ordination eine personalisierte Checkliste erstellt – und ein Termin für den Besuch von Geihseder in der Ordination vereinbart. „Eine meiner ersten Fragen bei diesem Telefonat lautet häufig: Brauchen Sie vor dem Besuch noch Unterstützung und Hilfe von mir?“ Schon mit dieser Frage wolle er den unterstützenden Charakter seiner Tätigkeit hervorheben, betont der Qualitätssicherungsbeauftragte der ÖQMED. Und es kennzeichnet auch seinen Zugang zu dieser Aufgabe: „Mein Verständnis ist es, den Stand des Qualitätsmanagements zu erheben und zu helfen, die Prozesse zu verbessern.“

Sich auf einen Besuch einer Ordination vorzubereiten, ist Teil des Besuchs. Dazu gehört beispielsweise auch, sich den Fragebogen anzusehen, der im Zuge der Selbstevaluierung ausgefüllt wurde. In der Ordination selbst geht es dann darum, sich zunächst einmal einen Gesamteindruck zu verschaffen. Denn: „Im Lauf der Zeit lernt man, wie eine Ordination auszusehen hat.“ Hier spielen die verschiedensten Faktoren eine Rolle: Ist Verschwiegenheit am Schalter möglich? Wie steht es um die Patientensicherheit und die Hygiene? Stapeln sich im Wartezimmer die Zeitschriften? Wo gibt es Grünpflanzen? All das trage zu diesem Gesamteindruck bei, erzählt Geihseder.

Beim anschließenden Gespräch mit dem Ordinationsinhaber werden die vorgelegten Listen – wie etwa zur Hygienedokumentation – durchbesprochen. „Meine Aufgabe besteht darin, die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben zu dokumentieren und Hilfestellung zu geben, die Qualitätssicherungsverordnung in der Ordination umzusetzen. Und weiter: „Ich erfasse einen Ist-Zustand.“ Diese Information gebe er an die ÖQMED weiter, die – bei einem allfälligen Mangel – alles Weitere veranlasse. Wenn Gefahr in Verzug ist, kommt es zur Quick-Response an die ÖQMED.

Wie reagieren die Ärztinnen und Ärzte, die Geihseder bisher bei der stichprobenartigen Ordinationsevaluierung besucht hat? „Der Großteil ist entgegenkommend und aufgeschlossen“. Eine andere Erfahrung, die er im Laufe der Jahre gemacht hat: „Je besser die Ärztinnen und Ärzte im Qualitätssicherungsprozess drin sind, umso besser läuft mein Besuch ab“. Seinen Zugang zum Besuch einer Ordination als Qualitätssicherungsbeauftragter beschreibt er wie folgt: „Ich besuche als Kollege einen anderen Kollegen und berate ihn dort, wo es notwendig ist. Meine Auf gabe ist auch, den Qualitäts-Prozess zu verbessern.“

Die Frage, ob man mit Qualitätsmanagement etwas bewegen kann, beantwortet er ganz klar mit „Ja“. Darüber hinaus erhalte man auch von den Ärzten „sehr gutes Feedback“. Erst vor wenigen Tagen hätte sich eine Kollegin für seinen Besuch in der Ordination und die Tipps, die er geben konnte, bedankt. Übrigens: Geihseder selbst war – bis jetzt zumindest – noch nie in der Zufalls-Stichprobe für eine Ordinationsevaluierung, wie er schmunzelnd erzählt.


Voraussetzungen
Sowohl Allgemeinmediziner als auch Fachärzte können Qualitätssicherungsbeauftragte werden – und zwar auch unabhängig davon, ob sie als Kassenarzt oder als Wahlarzt tätig sind. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
• Vertrauenswürdigkeit
• Kenntnisse der rechtlichen Rahmenbedingungen: Ärztegesetz, Qualitätssicherungs-Verordnung, Hygiene-Verordnung, Medizinproduktegesetz, Medizinproduktebetreiber-Verordnung, Gesundheitsqualitätsgesetz; der Grundlagen der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements im Rahmen der ärztlichen Tätigkeit; der sozialen Kompetenz: Problemlösungstechniken, Moderation, Führung, Durchführung von Audits, Gesprächsführung.
• Mindestens fünf Jahre hauptberufliche ärztliche Tätigkeit mit Schwerpunkt in einer Ordination oder Gruppenpraxis.

Ist die Nominierung durch die Landes-Ärztekammer erfolgt, findet im Anschluss eine vierstündige Schulung durch die ÖQMED statt und zwar jeweils in dem Bundesland, in dem aktuell eine Evaluierungswelle stattfindet.


Sie wollen auch als Qualitätssicherungs-Beauftragter derÖQMED tätig werden?
Dann wenden Sie sich an Frau Stefanie Österreicher, BA; Tel. 01/512 56 85/434; E-Mail: s.oesterreicher@oeqmed.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2022