Im Fokus: Sucht

25.03.2022 | Politik

1. Sucht in Österreich
Nahezu jeder fünfte Österreicher raucht täglich; etwa jeder Siebente trinkt in einem Ausmaß, das gesundheitsgefährdend ist. Zwischen 35.000 und 38.000 Menschen weisen einen risikoreichen Opioidkonsum auf. Bei Jugendlichen zeigt sich insgesamt ein rückläufiger Trend bei Alkohol, Rauchen und beim Opioidkonsum.

2. Alkoholkonsum in der Pandemie
Es gibt Indizien für eine Pandemie-bedingte Änderung des Alkoholkonsums: Es gibt mehr Abstinente und Problemkonsumenten, weniger Gelegenheitstrinker. Bei Frauen, Personen mit hohem Durchschnittskonsum und jenen mit niedrigen Bildungsabschlüssen stieg allerdings der Alkoholkonsum an. Dieser erhöhte Konsum ging gewöhnlich mit Betreuungspflichten, Stress und Angststörungen sowie anderen psychischen Erkrankungen einher.

3. Arzneimittelwirkung bei Suchtmitteln
Der regelmäßige Alkoholkonsum von mehr als einem Promille induziert Cyto­chrom P450 (CYP)-2E1. Das Auftreten eines Antabus-ähnlichen Syndroms muss daher auch bei der Einmalgabe von Arzneimitteln berücksichtigt werden, weil unter Alkoholeinfluss eine erhöhte Sensitivität gegenüber zentralen und hypotensiven Arzneimittelwirkungen oder eine erhöhte Neigung zu Hypoglykämie vorliegen kann. Rauchen wiederum erhöht CYP1A2 bis zum Sechsfachen des Ausgangswerts und reduziert erheblich den Wirkspiegel von Substanzen – ­beispielsweise von Neuroleptika.

4. Arzneimittelabhängigkeit
Tranquilizer (Benzodiazepine) und Opioide stehen bei Arzneimittelabhängigkeit an erster Stelle. Seltener führen Gabapentin, Cannabinoide und nicht-opioide Schmerzmittel zum Missbrauch. Ein problematischer Gebrauch liegt vor, wenn die Substanz länger als zwei bis vier Wochen in einer hohen Dosis genommen wird. Der Übergang zum Missbrauch ist fließend. Frauen sind häufiger betroffen.

5. Alkoholsucht und Alter
Ganz generell unterschätzen ältere Menschen die Risiken von Alkohol: Die Wechselwirkung zwischen Alkohol und Benzodiazepinen kann die Wirkung der einzelnen Substanzen potenzieren. Die Kombination von Alkohol mit Schmerzmitteln wiederum kann zu einer erhöhten Blutungsgefahr, jene mit Antidepressiva zu Unruhe und Angst führen.

Quellen: Arzneimitteltherapie 21, 2003; Epidemiologiebericht Sucht 2019, GÖG; Ibach, Abhängigkeitserkrankungen, Swiss Arch Neurol Psychiatr Psychother, 2019; Meyer, Frühintervention, SuchtMagazin, 2013; Stiefelhagen, Tablettenabhängikgeit, MMW 163/18, 2021; 1,5 Jahre Corona-Pandemie, GÖG

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 06 / 25.03.2022