Spende von Blutkomponenten: Dauerhaft und regelmäßig

25.11.2022 | Medizin

Mehr als 100 Arzneimittel können ausschließlich aus humanem Plasma erzeugt werden. Daher ist eine dauerhafte und regelmäßige Spendebereitschaft erforderlich. Dies wird auch dadurch unterstrichen, dass die Wahrscheinlichkeit, im Lauf des Lebens ein plasmabasiertes Arzneimittel zu erhalten, 80 Prozent beträgt.

Peter Perger*

Aus dem gespendeten Plasma können bis zu 20 verschiedene Therapien gewonnen werden. Derzeit hängen circa 300.000 Einwohner in der EU von der beständigen Verfügbarkeit solcher Präparate direkt ab und es kommen ständig neue Patienten dazu. Dies liegt daran, weil einerseits die Überlebensrate der Betroffenen zunimmt und andererseits weil die Screeningverfahren immer zuverlässiger und üblicher werden. Dadurch können die Betroffenen eine normale Lebensqualität und eine normale Lebenserwartung haben wie zum Beispiel bei Hämophilie, beim hereditären Angioödem, bei primärer Immundefizienz, beim genetischen Emphysem u.v.m.

Punktuell kommen solche Präparate etwa als Fibrinkleber bei kleinen Wunden beziehungsweise im Operationsaal zum Einsatz; auch als Hyperimmunglobulin (passive Impfung beispielsweise bei Tetanus, Tollwut), zur Rhesusprophylaxe während der Schwangerschaft, als Volumenersatz, als Ersatz von verbrauchten Gerinnungsfaktoren nach Unfällen oder bei größeren Eingriffen usw.

Da alle diese Medikamente nicht synthetisch erzeugt werden können, sind die herstellenden Unternehmen weltweit auf gesunde Spender angewiesen. Je nach benötigter Blutkomponente (die gängigsten sind Erythrozyten, Thrombozyten und Blutplasma) unterscheidet sich der Aufwand für das Abnahmeteam ebenso auch wie für den Spender. Unterschiedlich sind auch die Zulassungskriterien zur Spende – teilweise sogar wesentlich. Die Grundlage dafür ist durch die Blutspenderverordnung und das Blutsicherheitsgesetz in der jeweils gültigen Fassung gegeben. Im Unterschied zu Vollblut sind Plasma und Thrombozytenkonzentrate erfolgreich pathogen­inaktivierbar. Untermauert wird das durch die Tatsache, dass es seit mehr als zwei Jahrzehnten keinerlei transfusions­assoziierte Infektionen durch solcherart behandelte Arzneimittel gegeben hat.

Beim Erythrozytenkonzentrat (EK), dem Apherese­Thrombozytenkonzentrat und dem Fresh­Frozen­Plasma handelt es sich um Einzelpräparate; das Plasma wird gepoolt, was auch bei Thrombozyten möglich ist.

Während in Österreich die Anforderungen von Erythrozytenkonserven im Jahr 2008 mit fast 420.000 EK den Höchstwert erreichte, hat dieser sich in den vergangenen acht Jahren bei circa 320.000 jährlich eingependelt – trotz steigender Bevölkerungszahl. Das heißt: Die umgesetzten blutsparenden Methoden zeigen Wirkung; nur im niedergelassenen Bereich gäbe es noch Lücken bei der Erkennung und Behandlung von Anämien zu schließen. In den nächsten Jahren ist beim Verbrauch mit einem sanften Anstieg zu rechnen, da die sogenannten Babyboomer in ein Alter kommen, in dem der Bedarf an Blutkonserven etwas zunimmt.

Im Gegensatz zum Vollblutbereich nimmt der Verbrauch an PDMP (= Plasma Derived Medical Products) ständig zu: seit 1996 um 7,4 Prozent jährlich. Hauptsächlich in Verwendung sind Albumin als Volumenersatz, Gerinnungsfaktoren zur Blutstillung und Immunglobuline als Ersatz und zur Stärkung der körpereigenen Abwehr. Plasma enthält neben Wasser und Salzen sieben Prozent Proteine: Davon sind 54 Prozent Albumin, 38 Prozent Immunglobuline und sieben Prozent Fibrinogen. Alle anderen Gerinnungsaktivatoren und Gerinnungsinhibitoren machen weniger als ein Prozent aus. Man benötigt daher rund 1.200 Plasmaspenden, damit ein an Hämophilie Erkrankter ein Jahr lang entsprechend behandelt werden kann.

Bei Thrombozyten ist die extrem kurze Haltbarkeit und das Standing als Notfallpräparat von Bedeutung: Ohne Thrombozyten läuft die Gerinnungskaskade nicht ab. Der Bedarf liegt dauerhaft bei rund 37.500 Spenden pro Jahr. Nicht nur bei Vollblutspendern, sondern auch bei Thrombozyten­ und Plasmaspendern sollte eine dauerhafte, regelmäßige Spendebereitschaft vorhanden sein, die nicht nur ärztlicherseits sondern auch von der öffentlichen Hand aktiv unterstützt werden sollte. Denn oft stellen diese Blutkomponenten die einzig mögliche Behandlungsoption dar. Wiederholte Aufrufe führen zwar zu einem punktuellen Spenderanstieg, der aber wieder verpufft, da die relativ kurze Haltbarkeit einer Erythrozytenkonserve von derzeit 42 Tagen die Vorräte bald wieder schrumpfen lässt.

Ein nicht zu unterschätzender Nebenaspekt der Plasma­ und Thrombozytenspende ist die dabei vorgeschriebene klinische Gesundenuntersuchung. Hier kommen Menschen zum Arzt, die sich a priori so gesund fühlen, dass sie spenden möchten, und daher nie daran denken würden, zu einer medizinischen Kontrolle zu gehen. Hauptsächlich werden dabei Anämien diagnostiziert, aber auch Hypertonie oder eine Infektion (Hepatitis, Lues, HIV) und mitunter auch eine schwerwiegende Erkrankung (wie Asthma, COPD, Leukämie, Hepatomegalie) werden entdeckt.

* Dr. Peter Perger, Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin, stellvertretender Vorsitzender der IG Plasma (Interessensgemeinschaft der plasmaaufbringenden Unternehmen in Österreich); Kontakt: 0664/31 27 856; E-Mail: peter.perger@aon.at

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2022