Kurz und informativ

10.03.2022 | Medizin

Schlafmangel als Risikofaktor für Adipositas

Bei 1,2 Stunden mehr Schlaf ist die Energieaufnahme am Tag um 270 Kilokalorien geringer. Wssenschafter um Esra Tasali von der University of Chicago haben 80 Probanden mit einem BMI zwischen 25 und 29,9 zwischen Anfang November 2014 und Ende Oktober 2020 im Rahmen einer Studie untersucht. Alle schliefen durchschnittlich weniger als 6,5 Stunden pro Nacht. Die Hälfte der Teilnehmer wurde angehalten, auf 8,5 Stunden Schlaf zu kommen; Gewicht, Energieaufnahme und Energieverbrauch wurden überwacht. Nach einer zweiwöchigen Anlaufphase ohne Intervention dauerte die eigentliche Studie dann zwei Wochen. Fazit: In der Gruppe, in der die Teilnehmer mehr schliefen, zeigte sich im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikante ­Reduktion der Energieaufnahme. Dazu Tasali: „Zunehmend ist anerkannt, dass zu wenig Schlaf ein bedeutender Risikofaktor für Adipositas ist.“ APA/JAMA

Selektive Wahrnehmung des Gehirns auch im Schlaf

Das Gehirn reagiert sowohl im Leicht- als auch im Tiefschlaf selektiv und stark auf unbekannte Stimmen – und zwar sowohl im Leicht- als auch im stabilen Tiefschlaf. Wie das Gehirn dabei differenziert, das haben Forscher um Univ. Prof. Manuel Schabus vom Zentrum für Neurowissenschaft der Universität Salzburg herausgefunden. Sie spielten 17 Personen in Non-REM-Schlaf-Phasen Stimmen von bekannten Familienmitgliedern oder Lebenspartnern vor und verglichen die Reaktionen darauf mit jenen auf die Stimmen von völlig Fremden. Bei der Nennung des Vornamens des jeweiligen Probanden sowie anderer Vornamen wurde die Gehirnaktivität aufgezeichnet und mit einem hochauflösenden 256-Kanal EEG überwacht. Ergebnis: Unbekannte Stimmen lösen mehr K-Komplexe als bekannte aus. Dabei handelt es sich um ein spezielles Muster von Gehirnwellen, das mit der Verarbeitung von akustischen Reizen während des Schlafs verbunden ist und der Betroffene dennoch weiterschläft, wenn der Reiz als nicht zu bedrohlich eingestuft wird. Nur die unbekannten Stimmen bewirkten weitreichende Veränderungen der Gehirnaktivität, die – je länger die Nacht dauerte – seltener auftraten. „Dies deutet sogar darauf hin, dass das Gehirn im Schlaf in der Lage ist, komplett Neues zu lernen beziehungsweise zunehmend auszufiltern“, so Schabus. APA/Journal of Neuroscience

2,6

fach erhöht sich das Risiko für Darmkrebs bei 20-Jährigen, die extrem übergewichtig sind. Das zeigt eine Analyse im Rahmen einer mehrjährigen Studie mit rund 6.000 Betroffenen und 7.950 Menschen ohne Darmkrebs. APA/Deutsches Krebsforschungszentrum

Neuronale Signale von inneren Monologen entschlüsselt

Tieffrequente Hirnaktivität sowie die Kopplung – besonders der Beta- und Gammawellen – enthalten wichtige Informationen für die Entschlüsselung von inneren Monologen. Zu diesem Ergebnis kamen Neurowissenschafter um Prof. Anne-Lise Giraud von der Universität Genf und des Universitätsspitals Genf. Sie zeichneten die Hirnaktivität von 13 Personen mit Epilepsie mit Hilfe von implantierten Elektroden auf, während sich die Betroffenen Wörter sagen und sie diese Wörter vorstellen mussten. Dieses Vorstellungsvermögen bleibt bei neuro­nalen Erkrankungen zumindest teilweise erhalten. Allerdings sind sie im Vergleich zu denjenigen von gesprochener Sprache für Algorithmen schwer zu dekodieren, weil sie schwächer und variabler zu Tage treten. Außerdem zeigte sich, dass der Temporalkortex beim gedachten Artikulieren eine wichtige Rolle spielt. APA/Nature Communications

Leberzellkarzinom: Fasten mindert Resistenzentstehung

Durch Sorafenib in Kombination mit Fasten wird das Wachstum des therapieresisten Leberzellkarzinoms signifikant verlangsamt, fand ein Team um Ass. Prof. Andreas Prokesch vom Institut für Zellbiologie, Histologie und Embryologie der Medizinischen Universität Graz heraus. Ein Effekt von Sorafenib spielt auch bei resistenten Zellen eine Rolle: die Hemmung der zellulären Atmung von Mitochondrien. Wenn jedoch ausreichend Glukose zur Verfügung steht, können sich die Karzinomzellen dennoch weiterhin teilen. Bei der Kombination von Sorafenib mit Fasten werden die Energie-lieferenden Mechanismen unterdrückt und so das Tumorwachstum signifikant verlangsamt. „Somit kann Fasten dabei helfen, die Entstehung von Resistenzen gegen Sorafenib zu verhindern beziehungsweise zu reduzieren“, resümiert Prokesch.

Corona-Virus: 400 Millionen bestätigte Infektionen

Die Zahl der weltweit nachgewiesenen Coronavirus-Infektionen mit dem Corona-Virus ist seit Beginn der Pandemie auf mehr als 400 Millionen gestiegen. Im Zusammenhang mit einer Ansteckung wurden rund 5,8 Millionen Todesfälle registriert. Demnach gibt es – in absoluten Zahlen – mit 77 Millionen die meisten bestätigten Infektionen in den USA, gefolgt von Indien mit rund 42 Millionen Menschen und Brasilien mit knapp 27 Millionen. Die Experten gehen jedoch weltweit sowohl bei den Infektionen als auch bei den Todesfällen von einer viel höheren Dunkelziffer aus. APA/Johns Hopkins Universität

Fehlendes Enzym: Ursache für ALS

Das Fehlen des Enzyms Cyclophillin A könnte den Ausbruch von Amyothropher Lateralsklerose (ALS) begüns­tigen. Zu diesem Schluss kamen italienische Forscher des Mailänder Mario-Negri-Institutes und des Institutes „Città della Salute“ in Turin. Die durchschnittliche Überlebenszeit vom Ausbruch der Erkrankung – es kommt zum Verlust von Motoneuronen – bis zum Tod liegt zwischen zwei und vier Jahren. Doping, andere leistungssteigernde Substanzen, wiederholte Kopftraumata und Rasendünger zählen zu den möglichen Ursachen. Bis jetzt konnte der Ursprung der Erkrankung noch nicht geklärt werden. APA/Brain

Bedenklicher Substanzen-Nachweis in Flüssen

An jedem vierten Messpunkt in Fluss-Systemen haben 87 Forschergruppen weltweit Reste von Medikamenten, Kosmetika, Nikotin und Koffein in einem Ausmaß nachgewiesen, das Wasserorganismen bedroht oder die Entstehung von Antibiotika-Resistenzen fördern könnte. Ausgewertet wurden die Proben aus 137 Regionen von 1.052 Standorten in einem einzigen Labor der Universität York in Großbritannien, um die bestmögliche Vergleichbarkeit zu erzielen. Von den insgesamt 61 Substanzen, die die Wissenschafter in früheren Studien als wichtige Einflussfaktoren identifiziert haben, stand global betrachtet Carbamazepin, gefolgt von Metformin und Koffein. Ebenfalls im vorderen Bereich der Liste fanden sich Lidocain, Nikotin und Paracetamol. Die höchsten Kontaminationen fanden sich in Lahore (Pakistan), La Paz (Bolivien), Addis Abeba (Äthiopien) und in Delhi. Die höchsten Durchschnittswerte in der EU erzielte Madrid. Wien belegt 40 der 137 untersuchten Regionen. APA

T-Helferzellen: Ursache für Multiple Sklerose

Die Dysregulation von T-Helferzellen führt zu einer überschießenden Entzündungsreaktion bei Multipler Sklerose. Das entdeckten Wissenschafter um Prof. Burkhard Becher vom Institut für Experimentelle Immunologie der Universität Zürich. Sie führten ein Immunpro­filing bei 61 eineiigen Zwillingspaaren durch, wobei jeweils ein Zwilling an Multipler Sklerose erkrankt war. Je höher der Spiegel der T-Helferzellen war, umso schwerer war die Erkrankung. „Möglicherweise haben wir mit diesen wenig differenzierten T-Helferzellen den zellulären Urknall von Multipler Sklerose entdeckt“, so Becher. APA/Nature

Gelbfieber-Impfung: verminderte Antikörperreaktion bei Südamerika-Variante

Eine stark verringerte Antikörperaktivität gegen die südamerikanische Variante des Gelbfiebers entdeckte die am New Yorker Albert Einstein College of Medicine tätige Österreicherin Denise Haslwanter. Im Vergleich zu afrikanischen Viren weist das südamerikanische Virus zwei Stellen im Hüllprotein auf, die für die Resistenz verantwortlich sind. Den Aussagen von Haslwanter zufolge heiße das nicht, dass der Impfstoff in Südamerika weniger wirksam sei als in Afrika; dafür gäbe es keine Beweise. Dennoch würden diese Ergebnisse eine Überprüfung des aktuellen Impfstoffs im Hinblick auf eine Anpassung rechtfertigen. Der derzeit verwendete Impfstoff – er basiert auf dem afrikanischen Stamm des Virus – wurde1937 vom Bakteriologen Max Theiler entwickelt, der dafür 1951 den Nobelpreis für Medizin erhielt. APA/Cell Host & Microbe

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 05 / 10.03.2022