Kurz und informativ

25.01.2022 | Medizin

Corona I: Virus schädigt Nebenniere

Das Corona-Virus greift die Nebennieren an: 40 Prozent der Infizierten wiesen eindeutige Zeichen einer Nebennierenentzündung auf. Dies zeigt eine Studie von Prof. Stefan Bornstein vom Zentrum für Innere Medizin der Universitätsklinik Dresden in Zusammenarbeit mit Forschern aus London, Regensburg und Zürich. Für die Analyse wurden in Dresden die Daten von 40 Patienten, die an oder mit dem Corona-Virus gestorben sind, pathologisch untersucht. „Die Ergebnisse unserer neuesten Arbeit zeigen nun erstmals, dass das Virus direkt und in relevantem Umfang das menschliche Stress-System befällt“, so Bornstein. Ob diese Veränderungen direkt zur Nebenniereninsuffizienz beitragen oder zu Long-COVID führen, muss in weiteren klinischen Studien untersucht werden. APA/The Lancet Diabetes and Endocrinology

Corona II: Makrophagen führen zu Lungenversagen

Das Lungengewebe vernarbt, verdickt, wird unelastisch und löst ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome) bei einer schweren COVID-19-Erkrankung aus, so die Vermutung von Forschern um Prof. Leif-Erik Sander von der Berliner Charité; ähnlich einer idiopathischen Lungenfibrose. Die Histopathologie des Lungengewebes zeigte eine schwere Fibrose. Da sich das Lungenversagen typischerweise erst zwei bis drei Wochen nach den ersten Symptomen entwickelt, untersuchten die Forscher in einem nächsten Schritt die Immunzellen aus der Lungen-Lavage. Es fanden sich vor allem Makrophagen. Diese treten mit bestimmten Zellen des Bindegewebes in Kontakt, vermehren sich stark und bilden in der Folge große Mengen Kollagen. Anders als bei der idopathischen Lungenfibrose sind die Vernarbungen bei Patienten mit COVID-19 jedoch zum Teil reversibel, so die Forscher. APA/Cell

Neutrophile unterstützen Antibiotika-Wirkung

Bakterien in der weißen Milz-Pulpa entziehen sich der Wirkung von Antibiotika, fanden Forscher um Prof. Dirk Bumann vom Biozentrum der Universität Basel im Tierversuch heraus. Bei Mäusen, die mit Salmonellen infiziert waren, wurde nach dem Einsatz von Antibiotika die überwiegende Zahl der Erreger in der roten Pulpa eliminiert. Die Erklärung der Wissenschafter: Um ihre Wirkung entfalten zu können, benötigen Antibiotika auch neutrophile Granulozyten. Diese sind in der weißen Pulpa jedoch nur in geringer Zahl vorhanden. Die Wissenschafter gaben testweise Neutrophile während der Antibiotikagabe, was zur Elimination der Erreger führte. Dieses Vorgehen könnte eine Basis für neue Therapien darstellen, um Rückfälle bei bakteriellen Infektionen zu verhindern. APA/PNAS

Bariatrische Chirurgie verlängert Lebenserwartung

Nach einem bariatrischen Eingriff erhöht sich die Lebensqualität von Menschen mit Adipositas (BMI > 30) und in Abhängigkeit von Begleiterkrankungen verlängert sich auch die Lebenserwartung. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher um Univ. Prof. Gerhard Prager von der Klinischen Abteilung für Viszeralchirurgie der MedUni Wien. Leidet der Adipöse etwa zusätzlich an Typ 2-Diabetes, kommt es nach einem bariatrischen Eingriff zu einer Lebensverlängerung von rund sieben Jahren. Prager: „Langfristig führt die bariatrische Chirurgie zu einer Kosteneinsparung, da kostenintensive Begleiterkrankungen reduziert werden und sich der Gesundheitszustand der Betroffenen allgemein verbessert.“ In Österreich werden jährlich rund 3.000 bariatrische Eingriffe durchgeführt. APA/Journal of Thrombosis and Haemostasis

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Fall von Vogelgrippe bei einem Menschen wurde Anfang Jänner dieses Jahres in Großbritannien festgestellt. Der Betroffene hatte engen und regelmäßigen Kontakt mit einer großen Anzahl von infizierten Vögeln, so die zuständige Gesundheitsbehörde.

Erythropoetin-Alternative bei Anämie

Eine Alternative zur Behandlung mit Erythropoetin stellt der orale Wirkstoff Daprodustat dar. Der HIF-Stabilisator (hypoxy inducible factor) erhöht die körpereigene Produktion von Erythropoetin und somit die Bildung von Erythrozyten. In einer Studie mit 3.872 Anämie-Patienten erhielt die Hälfte Darbepoetinalpha, die andere Hälfte Daprodustat. Ergebnis: Mit Daprodustat konnte über ein Jahr hinweg eine Erhöhung des Hämoglobin-Werts um 0,74 Gramm pro Deziliter erzielt werden; unter Darbepoetin um 0,66 Gramm pro Deziliter. Während der mittleren Nachbeobachtungszeit von 1,9 Jahren traten bei mehr als 19 Prozent der Betroffenen in beiden Gruppen Komplikationen auf. Das in Japan bereits zugelassenen Daprodustat ist den Aussagen der Studienautoren zufolge ähnlich wirksam und verträglich wie die älteren Medikamente. APA/New England Journal of Medicine

Stillen reduziert kardiovaskuläre Mortalität

Bei stillenden Frauen zeigt sich eine Risikoreduktion von elf Prozent für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung gegenüber Frauen, die nicht gestillt haben. Das ergab eine Metaanalyse eines Teams um Univ. Prof. Peter Willeit von der Medizinischen Universität Innsbruck von acht Studien, an denen 1,2 Millionen Frauen teilgenommen hatten. Dabei wurden in den Jahren von 1986 bis 2009 mehr als 50.000 Ereignisse wie etwa Myokardinfarkte oder Schlaganfälle verzeichnet. Laut Erst-Autorin Lena Tschiderer zeigte sich beim Insult eine Risikoreduktion von zwölf Prozent; beim Herzinfarkt um 14 Prozent. Das Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben, sinke um 17 Prozent. APA/Journal of the American Heart Association

Bitter-Rezeptoren als Angriffspunkte von Chemotherapeutika

„Vieles spricht für eine Beteiligung von Bitter-Rezeptoren am Krebsgeschehen“, so Univ. Prof. Veronika Somoza von der Fakultät für Chemie der Universität Wien. Ihr Team sowie Forscher des deutschen Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München führten dazu eine Literaturrecherche durch. Sie berücksichtigten Studien, die Zusammenhänge zwischen der geschmacklichen Wahrnehmung von Bitterstoffen, der Ernährung und dem Auftreten bestimmter Krebsarten beleuchteten, und Studien, in denen die Rolle bei der Krebsentstehung auf molekularer Ebene erforscht wurde. Dabei zeigte sich, dass in vielen Fällen die Genexpression in Krebszellen und Krebsgeweben herunterreguliert ist, das heißt, weniger Genprodukte nachzuweisen waren. „Umgekehrt gibt es Belege, dass eine Überexpression dieser Rezeptor-Gene sowie eine gezielte Aktivierung der Bitter-Rezeptoren zelluläre Mechanismen stimulieren, die krebshemmend sind“, ergänzt Erstautorin Sofie Zehentner. Universität Wien/Cancers

Lesen und Sprechen: gleicher Verarbeitungs-Rhythmus

Gesprochene und geschriebene Sprache wird im gleichen Rhythmus verarbeitet. Die Silbenrate in der Sprache und die Augenbewegungen beim Lesen hängen deutlich stärker zusammen als bisher angenommen. Zu diesem Ergebnis kommen Benjamin Gagl vom Centre for Cognitive Neuroscience der Paris Lodron Universität Salzburg und Prof. Christian Fiebach vom Department für Psychologie der Goethe-Universität Frankfurt. In Blickbewegungs-Experimenten wurden die Teilnehmer aufgefordert, Sätze auf einem Bildschirm so zu lesen wie in einem Buch oder einer Zeitung. Dabei wurden die Augenbewegungen mit einer Kamera aufgezeichnet und gemessen, wie lange das Auge auf einem Wort verharrt. Die Wissenschafter konzentrierten sich dabei auf die Rhythmik in den Sprüngen, die einer gewissen Regelmäßigkeit folgen wie auch in der Sprache. Sinntragende Einheiten wie Silben werden dabei in einer bestimmten zeitlichen Taktung mit einer bestimmten Rate produziert. Laut Gagl passe das auch gut zur Beobachtung, dass man sich beim Lesen mit einer Art innerer Sprache quasi selbst vorliest: „Das Sprachsystem scheint sich auf diesen Silbenrhythmus optimiert zu haben“. Aufgrund der aktuellen Ergebnisse gehe man davon aus, dass diese Sprachsysteme beim Lesen „als eine Art ‚Taktgeber‘ für die Augen dienen, damit diese die gelesenen Informationen in einem optimalen zeitlichen Rhythmus an das Gehirn senden und so die weitere Analyse erleichtern“, so Fiebach. APA/Nature Human Behaviour

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 01-02 / 25.01.2022