Inter­view Johan­nes Neu­ho­fer: Aus­tausch entscheidet

26.09.2022 | Medizin

Der inter­dis­zi­pli­näre Aus­tausch ent­schei­det über den Behand­lungs­er­folg – davon ist der Fach­grup­pen­ob­mann für Der­ma­to­lo­gie in der ÖÄK, Johan­nes Neu­ho­fer, über­zeugt. Bei der zwei­ten Auf­lage des Kon­gres­ses „DERM Alpin“ Ende Okto­ber in Salz­burg sind alle Inter­es­sier­ten zum Aus­tausch ein­ge­la­den, wie Kon­gress­lei­ter Neu­ho­fer im Gespräch mit Julia Fleiß erklärt.

Wel­che Inno­va­tio­nen wer­den beim Kon­gress prä­sen­tiert? Der Ein­satz von Bio­lo­gika ist eines der The­men. Sie wer­den sowohl bei Pso­ria­sis als auch Akne inversa etc. ein­ge­setzt. Gerade bei Pso­ria­sis-Arthri­tis füh­ren Bio­lo­gika im Gegen­satz zu frü­he­ren The­ra­pie­op­tio­nen oft zu einem Still­stand der Ent­zün­dung und Gelenk­zer­stö­rung. Eine Revo­lu­tion für Neu­ro­der­mi­tis-Pati­en­ten ist der Ein­satz von neu ent­wi­ckel­ten Medi­ka­men­ten wie ‚small mole­cu­les‘. Diese moder­nen The­ra­pie­mög­lich­kei­ten unter­drü­cken meist effek­tiv die Ent­zün­dungs­re­ak­tion und den quä­len­den Juck­reiz. Gene­rell wol­len wir auf Dia­gno­sen hin­wei­sen, die den All­ge­mein­me­di­zi­ner auch auf sel­te­nere Dia­gno­sen und auf Fall­gru­ben auf­merk­sam machen.

Was ist eine der zen­tra­len Bot­schaf­ten für All­ge­mein­me­di­zi­ner? Es gibt hier eine zen­trale Aus­sage: Dia­gno­sen kön­nen sich über­lap­pen. Ein Bei­spiel: Ein Pati­ent kommt mit einer leicht erkenn­ba­ren Pso­ria­sis zum Haus­arzt, wird behan­delt, wor­auf die Schup­pen­flechte ver­schwin­det bis auf einen klei­ne­ren Herd. Die­ser ent­puppt sich am Ende als Mor­bus Bowen, also einer Vor­stufe von wei­ßem Haut­krebs, der auch metasta­sie­ren kann, wenn man die Dia­gnose zu spät stellt. Von ganz ent­schei­den­der Bedeu­tung ist natür­lich das recht­zei­tige Erken­nen eines Mela­noms, das oft auch an ver­bor­ge­nen Kör­per­area­len auf­tritt. Recht­zei­tig erkannt, ist sogar die­ser bös­ar­tige Tumor meist ein­fach zu hei­len, also bevor er metastasiert.

Bei wel­chen Sym­pto­men soll­ten beim All­ge­mein­me­di­zi­ner die Alarm­glo­cken läu­ten? Viele Haut­krank­hei­ten sind nicht auf den ers­ten Blick erkenn­bar und in ihrer Bedeu­tung ein­zu­schät­zen. Der All­ge­mein­arzt, der das rie­sige Feld der Medi­zin über­bli­cken muss, sollte nicht ein­fach eine Salbe pro­bie­ren, son­dern recht­zei­tig den Fach­arzt zu Rate zie­hen. Beson­ders wenn Haut­er­schei­nun­gen sehr aus­ge­dehnt sind – Ery­thro­der­mie – und eine wei­tere Sym­pto­ma­tik damit ver­bun­den ist. Da ist die rasche Inter­ak­tion zwi­schen All­ge­mein­me­di­zi­ner und Der­ma­to­lo­gen beson­ders wich­tig, denn meist kann man bei recht­zei­ti­ger Abklä­rung Schlim­me­res ver­hin­dern. Der All­ge­mein­me­di­zi­ner sollte jeden­falls einen regel­mä­ßi­gen Haut­check beim Fach­arzt, etwa ein­mal jähr­lich, veranlassen.

Was ist das Beson­dere die­ses Kon­gres­ses? Der Kon­gress fin­det heuer zum zwei­ten Mal statt. Aus dem Vor­jahr wis­sen wir, dass der inter­dis­zi­pli­näre Aspekt der Ver­an­stal­tung sehr gut ange­kom­men ist. Beson­ders in der Der­ma­to­lo­gie gibt es ver­wandte Fach­rich­tun­gen, mit denen es Über­schnei­dun­gen bei der Dia­gnos­tik und der The­ra­pie gibt. Der fach­li­che Aus­tausch ist oft­mals ent­schei­dend für den Behand­lungs­er­folg. Sei es Gynä­ko­lo­gie, Augen­heil­kunde, Rheu­ma­to­lo­gie, HNO oder die All­ge­mein­me­di­zin: Der­ma­to­lo­gi­sche Erkran­kun­gen haben ihren Ursprung oft im Zusam­men­hang mit ande­ren soma­ti­schen wie psy­chi­schen Beschwer­den. Rund 25 Pro­zent der Pati­en­ten kom­men mit einem der­ma­to­lo­gi­schen Pro­blem in die Ordi­na­tion des All­ge­mein­me­di­zi­ners, daher ist es wesent­li­che Auf­gabe die­ses inter­dis­zi­pli­nä­ren Kon­gres­ses, den Blick dafür zu schär­fen. Wir bie­ten dafür maß­ge­schnei­derte Inhalte und auch den per­sön­li­chen Aus­tausch unter den Kol­le­gen der ver­schie­de­nen Fachrichtungen.

Warum soll­ten sich auch Kol­le­gen von ande­ren Fach­rich­tun­gen mit der Der­ma­to­lo­gie aus­ein­an­der­set­zen? Die Der­ma­to­lo­gie ist eines der kom­ple­xes­ten Fächer im brei­ten Feld der Medi­zin. Auch wenn man in der Der­ma­to­lo­gie oft keine tech­ni­sche Unter­stüt­zung durch CT, MRI etc. benö­tigt, muss man trotz­dem immer auch unter die Ober­flä­che bli­cken. Haut­krank­hei­ten sind extrem viel­schich­tig und man forscht manch­mal wie Sher­lock Hol­mes, um ein­zelne ver­zweigte Indi­zien zu einem Gan­zen zusam­men­zu­füh­ren um die rich­tige Dia­gnose zu stel­len. Die Haut steht in Inter­ak­tion mit dem gesam­ten Orga­nis­mus und nicht zuletzt auch der Psyche.


28.–30. Okto­ber 2022
Kon­gress­haus Salzburg
Details und Anmel­dung: www.derm-alpin.com
DERM Alpin


© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 18 /​25.09.2022