Stand­punkt Her­wig Lind­ner: Gemein­sam für ein gesun­des Österreich

25.05.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK

Herwig LindnerDas öster­rei­chi­sche Gesund­heits­sys­tem steht vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen. Diese sind nur zu stem­men, wenn wir sie in der Ärz­te­schaft ohne Frak­ti­ons­den­ken gemein­sam ange­hen, wenn die Poli­tik wil­lens ist, die Pro­bleme mit uns zu lösen und nicht das poli­ti­sche Gegen­über nie­der­ge­macht wird anstatt kon­struk­tiv zusam­men­zu­ar­bei­ten. Die Her­aus­for­de­run­gen sind nur zu schaf­fen, wenn alle bereit sind, das Beste für Öster­reich raus­zu­ho­len und nicht nur für die eigene Klientel.

Brenn­punkt ist der Ärz­te­man­gel: Die schon seit über zehn Jah­ren gebets­müh­len­ar­tig wie­der­hol­ten War­nun­gen der Ärz­te­kam­mer wur­den beharr­lich igno­riert. Die Poli­tik hat den Kopf in den Sand gesteckt, die Fol­gen die­ser Vogel-Strauß-Tak­tik muss die Bevöl­ke­rung jetzt ausbaden.

Wie stoppt man die­sen Trend, werde ich oft gefragt – die ein­fa­che Ant­wort: Die Arbeits­be­din­gun­gen für Ärzte müs­sen ver­bes­sert wer­den! Ein wich­ti­ger Fak­tor: die bes­sere Ver­zah­nung von intra­mu­ra­lem und extra­mu­ra­lem Bereich. Die Mau­ern zwi­schen die­sen Berei­chen müs­sen fal­len. Der nie­der­ge­las­sene Bereich gehört gestärkt, ein abge­stuf­tes Ver­sor­gungs­kon­zept mit Pati­en­ten­strom­steue­rung imple­men­tiert. Das erfor­dert mehr Ehr­lich­keit in der Poli­tik. Ein Pati­ent mit Rücken­schmer­zen ist zumeist beim All­ge­mein­me­di­zi­ner gleich gut, aber für die Volks­wirt­schaft weit­aus kos­ten­güns­ti­ger ver­sorgt als im Spi­tal. Das ori­en­tie­rungs­lose Her­um­ir­ren von Hil­fe­su­chen­den im Gesund­heits­sys­tem muss ein Ende haben.

Die Attrak­ti­vi­tät des Arzt­be­rufs ist noch immer gege­ben, wenn sie auch laut neu­es­ter Belege abnimmt. Was aber beson­ders öko­no­mie­feind­lich ist, pas­siert, wenn sich Jung­me­di­zi­ner nach dem teu­ren Medi­zin­stu­dium auf Grund eines demo­ti­vie­ren­den, ja frus­trie­ren­den Arbeits­um­fel­des, vom Beruf abwen­den. Das müs­sen wir ver­hin­dern – und auch, dass wir unsere Absol­ven­ten ans benach­barte Aus­land ver­lie­ren. Dass der öster­rei­chi­sche Steu­er­zah­ler die Kos­ten hat und der deut­sche den Nut­zen, sollte Aus­nahme und nicht Regel sein.

Die Poli­tik muss auf jene hören, die sich im Sys­tem aus­ken­nen – auf die Ärzte und deren Stan­des­ver­tre­ter. Wir kön­nen nicht mehr tun, als unsere Exper­tise immer wie­der anzu­bie­ten! Wenn die Poli­tik das Ange­bot, die mas­si­ven Pro­bleme in der Gesund­heits­ver­sor­gung gemein­sam anzu­ge­hen, jetzt nicht annimmt, darf sie sich nicht wun­dern, wenn die Bevöl­ke­rung bald mas­sive Ver­schlech­te­run­gen in Kauf neh­men muss.

Dr. Her­wig Lindner
1. Vize-Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärztekammer

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 10 /​25.05.2022