Standpunkt Harald Mayer: Wertschätzung sieht anders aus!

10.02.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK

96 Wochen sind vergangen, seit die Corona-Pandemie von der WHO ausgerufen wurde. Die Menschen, die im Spitalsbetrieb arbeiten, wurden seither an den Rand der persönlichen Belastungsgrenze und darüber hinaus gebracht. Weil sie sich aufopferungsvoll der noch nie dagewesenen Situation gestellt haben, um die Patientenversorgung in Österreich auf Top-Niveau aufrechtzuerhalten.

Wurde es ihnen angemessen gedankt? Haben sie jene Wertschätzung erfahren, die sie sich verdient haben? Die Fakten sprechen für sich.

Im Sommer 2021 wurde dem Spitalspersonal, das in die Betreuung von COVID-19-Patienten involviert war, ein 500-Euro-Bonus versprochen. Es dauerte bis Dezember, ehe dieser ausbezahlt wurde. Das entspricht übrigens ein bisschen mehr als 70 Cent pro Tag. Und dann stellt sich just knapp vor Weihnachten heraus, dass diese Prämie bei weitem nicht alle bekommen. Man müsse 1) nachweislich direkten Kontakt gehabt haben und 2) die beamteten ärztlichen Mitarbeiter an den öffentlichen Medizinischen Universitäten gehen sowieso leer aus – wegen bürokratischer Hürden im Dienstrecht. Schilda lässt grüßen! Die Politik sollte schleunigst einen Weg finden, diesen Bonus auch an die, die nun vergessen wurden, auszuzahlen. Viel nachhaltiger wäre eine außerordentliche Vorrückung im Gehaltsschema für alle Spitalsärzte, um deren Leistungen zu honorieren. Diese Forderung der Bundeskurie angestellte Ärzte blieb bisher ohne politische Konsequenz oder Resonanz.

Die Ärztekammer fordert seit Jahren auch, die Arbeitsbedingungen im Spital zu verbessern und in die Ausbildung zu investieren. Die wichtigsten Punkte: Leistungsgerechte Entlohnung, ausreichend besetzte Dienstposten, bessere Karrierechancen, aber auch die Einführung eines Ausbildungsoberarztes an jeder Abteilung, an der ausgebildet wird. Nur so wird unsere Patientenversorgung zukunftsfit. Und nur so wird es gelingen, die besten, bei uns ausgebildeten Ärzte im Land zu halten.

Die Pandemie ist noch nicht vorbei und auch 2022 wird ein hartes Jahr für das Spitalspersonal, das sich auch noch zunehmenden verbalen und körperlichen Übergriffen ausgesetzt sieht. Daher muss vor allem die Politik sehr rasch umdenken und den Ärzten und dem Pflegepersonal jene Wertschätzung zukommen lassen, die sie verdienen. Genau jene Wertschätzung, die sich jeder von uns wünscht, wenn er in einem Spital behandelt werden muss.

Dr. Harald Mayer
3. Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 03 / 10.02.2022