Internationale Organisationen: Andere Länder, gleiche Probleme

10.06.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK

Eine internationale Studie zur Arbeitsplatzzufriedenheit in Pandemiezeiten und die neue Akademie für „Clinical Leadership“ standen im Fokus des gemeinsamen Treffens von FEMS, dem europäischen Verband der angestellten Ärzte und AEMH, der europäischen Vereinigung der leitenden Krankenhausärzte.

Sascha Bunda

Das vierte gemeinsame Meeting von FEMS und AEMH, das im Mai 2020 stattfinden sollte, fiel der COVID-Pandemie zum Opfer. Zwei Jahre später bildete nun die pannonische Tiefebene des Burgenlandes die Bühne für das Wiedersehen. Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, machte die Anwesenden mit den Eigenheiten des österreichischen Gesundheitssystems vertraut und griff dabei die aktuellen Diskussionen rund um die Attraktivität des Arztberufes auf. „Es gibt bei den Jungärzten neue Ansprüche an den Beruf, das Thema wird sich angesichts der Alterung der österreichischen Ärzte noch zuspitzen. Doch die Politik denkt nicht weit genug voraus und interessiert sich nicht für die Folgewirkungen.“

Inhaltlich stand das Thema „Clinical Leadership“ dabei besonders im Fokus. „Mehr Partizipation verbessert Effizienz und Performance“, stellte AEMH-Präsident Erich-Theo Merholz die Vorzüge in den Vordergrund. Alle diesbezüglich durchgeführten Studien würden zu dem Ergebnis gelangen, dass Gesundheitseinrichtungen, die von Ärzten geleitet werden, sowohl bessere Ergebnisse in der klinischen Arbeit als auch in der Finanzgebarung aufweisen. Ärzte in Führungspositionen würden zudem ethische Kernaspekte in das System bringen, die im Mittelpunkt der Gesundheitsversorgung stehen müssten. Zu diesem Zweck nahm im September 2021 die „European Academy of Clinical Leadership“ (EACL) seine Arbeit auf und zwar im Rahmen eines Webinars mit über 100 Teilnehmern. Die ersten neun Absolventen konnten dann im Rahmen des Meetings ihre Diplome aus der Hand von FEMS-Präsident João de Deus in Empfang nehmen.

Druck wird zu hoch

Die italienische FEMS-Delegierte und Leiterin der entsprechenden Arbeitsgruppe, Alessandra Spedicato, präsentierte die Ergebnisse einer groß angelegten internationalen Studie. 13.000 Teilnehmer aus zwölf europäischen Ländern nahmen an einer detaillierten Befragung zum Thema Arbeitszufriedenheit teil. Quer durch die Länder zeigte sich eine verheerende Auswirkung der Pandemie. Große Resignation mache sich immer mehr breit, vor allem in Italien. Organisatorische Probleme und personelle Kürzungen würden sich europaweit in zu hoher Arbeitsbelastung widerspiegeln. 50 Prozent der Befragten fühlten ihre Arbeit nicht wertgeschätzt, auch seitens der Bevölkerung. Zwei Drittel der Befragten monierten zudem, dass ihre Meinungen und Expertise in den Entscheidungsprozessen überhaupt nicht berücksichtigt wurden. 90 Prozent der Ärztinnen zeigten sich zudem noch unzufrieden mit ihrem Gehalt.

Der französische FEMS-Delegierte Jean-Paul Zerbib berichtete weitere Ergebnisse, die in diesem Zusammenhang besonders besorgniserregend wirken: Einer FEMS-Umfrage unter Spitalsärzten zufolge haben schon acht Prozent der Ärzte ein Burnout erlebt, 50 Prozent hatten bereits Burnout-Symptome, zumeist Angststörungen oder Depression. Männer und Frauen waren gleichermaßen betroffen. Der Ärztemangel und die damit einhergehende Arbeitsüberlastung werden diese Problematik noch weiter verschärfen, warnte Zerbib. Die Ärztekammern würden diese Entwicklung mit Sorge betrachten und bereits mit unterschiedlichen Schulungen, Trainings und Hilfsangeboten gegenzusteuern versuchen. Die einzelnen Länderberichte zeigten dabei deutlich auf, dass sich in ganz Europa ähnliche Problemstellungen für Spitalsärzte ergeben. Daher ist es wichtig, sich auch international darüber auszutauschen und mögliche Strategien und Gegenmaßnahmen zu identifizieren. Dieser Meinung waren auch die österreichischen Vertreter, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, Harald Mayer, sowie ÖÄK-Kammeramtsdirektor Lukas Stärker: „Es ist entscheidend, dass die europäischen Organisationen auch künftig mit einer Stimme sprechen und sich nicht auseinanderdividieren lassen. Vom gemeinsamen Austausch und entsprechender Koordination der gemeinsamen Themen kann und soll jedes einzelne Mitglied profitieren.“

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 11 / 10.06.2022