Dis­kus­sion um Pfle­ge­re­form: Es bleibt spannend

10.06.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK

Die öster­rei­chi­sche Bun­des­re­gie­rung hat kürz­lich eine Pfle­ge­mil­li­arde ange­kün­digt. Das ist für die Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer ein ers­ter Schritt in die rich­tige Rich­tung, doch müsse nun eine mas­sive Inves­ti­ti­ons­welle ins Gesund­heits­sys­tem fol­gen – inklu­sive mehr Geld für die Ärzteschaft.

Thors­ten Medwedeff

Gesund­heits­mi­nis­ter Johan­nes Rauch prä­sen­tierte Mitte Mai die jah­re­lang von der poli­ti­schen Kon­kur­renz und allen Stake­hol­dern im Pfle­ge­be­reich gefor­derte Reform in der Pflege und will dafür eine Mil­li­arde Euro aus­ge­ben. So gut, so schön, so rich­tig – befin­den viele. Auch die Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer. Aber die öffent­li­che Wil­lens­be­kun­dung zur Reform umfasst im Detail betrach­tet doch noch einige offene und unge­klärte Punkte: Etwa, ob die mit der Pfle­ge­re­form beschlos­se­nen höhe­ren Gehäl­ter für Pfle­ge­kräfte trotz ursprüng­li­cher Befris­tung bis 2024 auch danach Bestand haben werden.

Für die Öster­rei­chi­sche Ärz­te­kam­mer ist die Pfle­ge­re­form nur ein, wenn auch wich­ti­ges, Mosa­ik­stein­chen für eine drin­gend nötige, groß ange­legte und mas­sive Inves­ti­ti­ons­welle in das öster­rei­chi­sche Gesund­heits­we­sen, die alle Berei­che inklu­diert, ins­be­son­dere die Ärz­te­schaft und ins­be­son­dere in Zei­ten, in denen ohne­hin die Teue­rungs­welle alle finan­zi­el­len Res­sour­cen auf­frisst. Daher for­derte Tho­mas Sze­ke­res, Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer, die Reform grö­ßer zu den­ken und nicht nur allein auf die Pflege zu kon­zen­trie­ren: „Damit wird ein ganz wich­ti­ger Eck­pfei­ler end­lich gestärkt – wir dür­fen aber das große Ganze nicht aus den Augen ver­lie­ren. Die Pan­de­mie ist noch nicht vor­bei, das öster­rei­chi­sche Gesund­heits­sys­tem muss gene­rell wei­ter gestärkt wer­den, um auch in Zukunft auf alle auf uns zukom­men­den gesund­heits­po­li­ti­schen Her­aus­for­de­run­gen opti­mal vor­be­rei­tet zu sein.“

Und Johan­nes Stein­hart, Vize­prä­si­dent und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte der ÖÄK, ergänzte: „Damit es erst gar nicht zu ver­mehr­ten Pfle­ge­fäl­len kommt und wir die dra­ma­ti­sche Pfle­ge­si­tua­tion in Öster­reich end­lich in den Griff bekom­men, sind wei­tere umfas­sende Inves­ti­tio­nen ins öster­rei­chi­sche Gesund­heits­sys­tem drin­gend nötig.“

Harald Mayer, Vize­prä­si­dent und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der ange­stell­ten Ärzte der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer, for­derte ganz kon­kret: „Ohne dass auch die Ärz­tin­nen und Ärzte finan­zi­ell bes­ser aus­ge­stat­tet wer­den, wird es nicht gehen. Die Gesund­heits­be­rufe aus­ein­an­der­zu­di­vi­die­ren ist nicht ziel­füh­rend, son­dern demo­ti­vie­rend. Das kon­se­quente Igno­rie­ren der Ärz­te­schaft ist nicht erfolg­ver­spre­chend, wird zulas­ten der Pati­en­ten­ver­sor­gung gehen und den dro­hen­den Ärz­te­man­gel wei­ter ankur­beln.“ Zudem sei bei der For­de­rung der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer vom Novem­ber 2021, dass die Ärzte bei den Gehalts­ver­hand­lun­gen mit Regie­rung und Gewerk­schaf­ten um min­des­tens vier Pro­zent mehr Lohn bekom­men müss­ten, noch immer nichts Zähl­ba­res herausgekommen.

Dass es in der öster­rei­chi­schen Gesund­heits­po­li­tik nicht nur in die­ser Hin­sicht span­nend bleibt, zeigte sich nur sechs Tage nach der Prä­sen­ta­tion der Pfle­ge­re­form ganz deut­lich: Bei der poli­ti­schen Debatte zur Beschluss­fas­sung der Bud­get­no­velle im Natio­nal­rat stellte sich her­aus, dass die ver­spro­chene Reform dort noch gar nicht ein­ge­preist und kei­nes­wegs bud­ge­tär abge­bil­det ist. Die Oppo­si­tion bezeich­nete das Vor­ge­hen der Regie­rung als „plan­los.“ Die Regie­rungs­par­teien wie­derum ent­geg­ne­ten, die Pfle­ge­re­form sei zum Zeit­punkt der Erstel­lung der Bud­get­no­velle noch nicht fina­li­siert gewesen.

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 11 /​10.06.2022