BKNÄ: Kommunalmesse: Mit Gemeinden im Gespräch

15.07.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK

Ein großer Erfolg war die erste Teilnahme der Österreichischen Ärztekammer an der Kommunalmesse. Nicht nur wurde das gebotene Programm hervorragend angenommen, auch der Dialog mit den Bürgermeistern gestaltete sich aufschlussreich und konstruktiv.

Sascha Bunda

Eine ganz besondere Premiere erlebte die Messe Wels Ende Juni: Bei der Kommunalmesse 2022, der größten Fachmesse fürdie Entscheidungsträger der heimischen Gemeinden, war zumersten Mal auch ein Stand der Österreichischen Ärztekammervertreten, was beim Messepublikum auf rege Aufmerksamkeitstieß. Hintergrund der Teilnahme war für die ÖÄK die zunehmende Schwierigkeit für Gemeinden, Kassenstellen, vor allemim ländlichen Raum, zu besetzen. Im gemeinsamen Dialogsollte mit den Bürgermeistern und übrigen Gemeindevertreterndas Thema erörtert und Lösungsansätze erarbeitet und besprochen werden.

Abzulesen war die Bedeutung dieser Messe auch an der vertretenen Riege der Spitzenpolitiker. Unter anderem besuchten Bundespräsident Alexander van der Bellen, Bundeskanzler Karl Nehammer, der oberösterreichische Landeshauptmann Thomas Stelzer und Gemeindebund-Präsident Alfred Riedl den ÖÄK-Stand, um dort den neuen Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer, Johannes Steinhart, zu begrüßen. Steinhart drängte im Dialog mit den Spitzenpolitikern auf das Angehen der Probleme in der Gesundheitsversorgung, sonst drohe zusätzlich zur „Energiearmut“ bald auch eine „Gesundheitsarmut“. Die Ärztekammer habe der Politik längst schon konkrete Lösungsvorschläge vorgelegt, die Zeit zu handeln sei jetzt gekommen.

Darüber hinaus fand auch das Programm am ÖÄK-Stand bei den Besuchern großen Anklang. Besonders die angebotenen FSME-Impfungen sorgten für regen Andrang und wurden dutzendfach in Anspruch genommen. Vor allem natur- und reise-begeisterte Menschen nutzen die Chance, im Sommer optimal geschützt zu sein, und zeigten sich positiv überrascht von der oft unerwarteten Gelegenheit auf eine Zeckenimpfung.

Im Vordergrund stand aber die Interaktion mit den Entscheidungsträgern der Gemeinde, die sich natürlich stark an der ärztlichen Versorgung in ihrem unmittelbaren Lebensbereich interessierten. Die Probleme bei der Suche einem Gemeindearzt wären den Bürgermeistern schmerzlich bekannt und bewusst. „Wir haben in unserer Gemeinde zwei große Probleme: Eine öffentliche Apotheke und einen Arzt, der schon über 60 Jahre alt ist“, erzählt der Bürgermeister einer kleinen Stadtgemeinde. Er wünscht sich sehnlichst eine Hausapotheke, „dann würden wir uns hier wesentlich leichter tun und es wäre natürlich auch ein großer Vorteil für unsere Einwohner.“ Freudig unterzeichnet er auch die am Stand aufliegende Petition zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Ärzte, damit Nachbesetzungsprobleme im Kassenbereich endlich behoben werden können. „Die Überfrachtung mit bürokratischen Aufgaben raubt Ärzten die Zeit, die sie für ihre Patienten bräuchten. Hier ist eine deutliche Entlastung dringend nötig“, skizzierte ÖÄK-Präsident Steinhart einen der drei zentralen Punkte der Petition. Edgar Wutscher, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, betonte die Wichtigkeit von neuen Arbeitszeitmodellen und Entlohnungssystemen für junge Ärzte. „Ärzte wollen sich auch Zeit für ihre Patienten nehmen können. Ein zeitgemäßes Entlohnungssystem verhindert die ‚Fünf-Minuten-Medizin‘ und bedeutet optimale medizinische Versorgung“, sagte Wutscher. „Ärzte brauchen das Recht, auch Medikamente abgeben zu können“, forderte Silvester Hutgrabner, Leiter des ÖÄK-Hausapothekenreferates. Nur so könne die unkomplizierte, umweltfreundliche, zeit- und wohnortnahe Medikamentenversorgung der Bevölkerung gewährleistet werden. „Hausapotheken sind ein zentraler Faktor für die Infrastruktur einer Gemeinde. Sie sichern die Gesundheitsversorgung und sind ein gewichtiges Argument gegen Abwanderung und weitere Ausdünnung ländlicher Gemeinden“, unterstrich Hutgrabner.

Auch die aufgebaute „Ideenwand“ füllte sich rasch mit Ansatzpunkten, die auf Ideenkärtchen aufgebracht wurden. „Anschubfinanzierung“, „Einrichtung einer Praxis“, „Dienstwohnung“ und natürlich auch „Hausapotheke“ wurden neben „einer Bank, die mir das finanziert“ dort unter anderem festgehalten. Als besonders nachteilig wurde in den Gesprächen immer wieder die starre und überholte Kilometergrenze angeführt, die eine Hausapotheke im Ort verunmöglicht. Den natürlich stark vertretenen Ortschefs aus Oberösterreich leisteten die Lokalmatadoren in Form von Thomas Fiedler, Kurienobmann der niedergelassenen Ärzte der Ärztekammer für Oberösterreich und sein 1. Stellvertreter Wolfgang Ziegler mit ihrem Detailwissen über die besonderen Strukturen in der jeweiligen Region wertvolle Hilfestellung.

Als Fazit steht daher ein mehr als gelungenes Debüt, von dem beide Seiten – Ärztevertreter und Gemeindevertreter – deutlich profitieren konnten. Der direkte und unkomplizierte Austausch ermöglichte zum einen auf Bürgermeisterseite mehr Verständnis für die Möglichkeiten, die die Ärztekammern haben und für die Maßnahmen, die von den Gemeinden gesetzt werden können. Auf der anderen Seite konnten sich die Vertreter der Ärztekammern ein noch besseres und anschaulicheres Bild über die Stimmungslage in den Gemeinden machen.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2022