BKNÄ: COVID-Medikamente – Ein Paket für alle

12.09.2022 | Aktuelles aus der ÖÄK

Deutschland macht bei den antiviralen COVID-Medikamenten einen großen Schritt in Richtung Dispensierrecht. Die ÖÄK fordert, sich das zum Vorbild zu nehmen und bietet ein ganz spezielles Paket an, von dem alle Beteiligten profitieren könnten.

Sascha Bunda

Der deutsche Gesundheitsminister fand ganz klare Worte: „Ab sofort dürfen Hausärzte das antivirale Medikament Paxlovid selbst dem Patienten abgeben, auch ohne Gang zur Apotheke. Beim Hausbesuch oder in der Praxis“, schrieb Karl Lauterbach auf seinem Twitter-Account. Die Motivation dahinter war ebenso klar: Antivirale COVID-Medikamente senken die Sterblichkeit vor allem bei Risikogruppen deutlich, kommen aber noch zu wenig zum Einsatz. Zudem ist der Zeitfaktor entscheidend: Die Medikamente sollen so schnell wie möglich nach Symptombeginn verabreicht werden. Mit der Abgabe in der Ordination will das deutsche Gesundheitsministerium diese zwei Probleme auf einmal lösen: Hausärzte können nun bis zu fünf Packungen der antiviralen Medikamente in der Praxis vorrätig halten und im Bedarfsfall gleich an die Patienten abgeben. Die kassenärztliche Bundesvereinigung begrüßte diesen Schritt, wenngleich man sich eine Ausdehnung auf die Fachärzte gewünscht hätte – ähnlich äußerte sich auch die Bundesärzte-kammer. Ablehnung kam erwartungsgemäß von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, die sich um Qualitätsverluste bei der Wechselwirkungs-Prüfung, Retouren-Probleme und mangelnde Kontrolle bei der Lagerung sorgte.

Abgesehen davon ist diese Neuregelung in Deutschland nicht nur ein großer Schritt hin zu einem Konzept „Alles aus einer Hand“, sondern auch eine deutliche Verbesserung in der Patientenversorgung. So sieht es auch die Österreichische Ärztekammer, die auf eine Vorbildwirkung hofft und seit Längerem auch ein allgemeines Dispensierrecht für Ärzte fordert. „Deutschland setzt hier ganz klar auf das richtige Pferd“, kommentierte Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer: „Das Dispensierrecht ist die beste Lösung für alle Beteiligten – vor allem für die Patienten, die so rasch und unkompliziert zu ihrem Medikament kommen und sich zusätzliche Wege ersparen.“ Das bringe zudem noch die großen Vorteile eines deutlich geringeren Infektionsrisikos, weniger unnötig gefahrene Kilometer und somit eine deutlich besseren Energie- und Ressourcennutzung sowie positive Effekte für den Klimaschutz, sagt Steinhart.

COVID-Package

Zu diesem Zweck hat die ÖÄK ein spezielles Angebot an Regierung und Ministerium gerichtet: Ein „COVID-Package“, das niedergelassene Ärzte ihren Patienten anbieten könnten. „Wir geben unseren positiv getesteten Patienten gleich alles mit, was sie für einen möglichst milden und erträglichen Krankheitsverlauf brauchen: Schmerzmittel, fiebersenkende und eventuell hustendämpfende Mittel und gegebenenfalls natürlich auch gleich antivirale COVID-Medikamente“, erklärte Edgar Wutscher, ÖÄK-Vizepräsident und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Damit gibt es aus seiner Sicht keine Argumente gegen diesen Vorschlag: „Der Überblick über die abgegebenen Medikamente ist selbstverständlich über die E-Medikation jederzeit möglich. Rechtlich ist es ohnehin bereits so, dass jede Ärztin und jeder Arzt gemäß Paragraf 57 des Ärztegesetzes verpflichtet ist, einen ‚Notfallapparat‘, also Medikamente für die erste Hilfeleistung in dringenden Fällen, vorrätig zu halten“, hält Wutscher fest. Die Patienten würden zudem bei ihren Vertrauensärzten gleich auch die beste individuelle Beratung über die ausgegebenen Medikamente erhalten. In diesem Zusammenhang sei daher auch das Testen in den Arztpraxen so wichtig, denn dann könnte die Behandlung unverzüglich erfolgen. „Sowohl Diagnose als auch Therapie von COVID gehören in die Ordinationen“, unterstreicht Wutscher.

Die Informationsvermittlung über die COVID-Medikamente soll jedenfalls in Zukunft deutlich verbessert werden. Mit dieser Absicht ist das Gesundheitsministerium an die ÖÄK herangetreten, eine entsprechende Informationskampagne zu unterstützen. Das Ministerium wird alle Ordinationen in Österreich mit Foldern und Flyern mit Informationen für die Patienten ausstatten.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 17 / 10.09.2022