Rehabilitation: Eigenverantwortung ist essentiell

25.01.2021 | Politik


Während der Corona­-Pandemie kam es zu einem rund 20­prozentigen Rückgang der Anträge für Rehabilitation. Aus diesem Grund haben die PVA, die Österreichischen Gesundheitsbetriebe und die ÖÄK mit Jahresbeginn unter dem Motto „Tun, was wichtig ist.“ eine Inititative gestartet, im Zuge derer über die Wichtigkeit von Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation informiert wird.

Eine Erhebung der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) von September und Oktober 2020 ergab im Vorjahresvergleich einen Rückgang der Anträge auf Rehabilitationen um rund 20 Prozent (siehe Kasten), was einer Reduktion um ein Fünftel entspricht. Zusammen mit dem verzeichneten Weniger an Anträgen für Gesundheitsvorsorge (GV) und Gesundheitsvorsorge Aktiv (GVA) misst der Rückgang der Anträge sogar 30 Prozent.

Der Verzicht auf rehabilitative Maßnahmen stellt jedoch eine potentielle Gefährdung der Betroffenen beispielsweise durch einen eigentlich vermeidbaren Aufenthalt in einer Pflegeeinrichtung und Arbeitslosigkeit dar, denn die Effekte der Rehabilitation sind nachhaltig und wissenschaftlich belegt: So zeigte eine Metaanalyse der Universitätsklinik für Psychosomatische Medizin der Karl Landsteiner Privatuniversität zur psychiatrischen und psychosomatischen Rehabilitation in Österreich unter Einbeziehung der Daten von mehr als 9.300 Patienten eine signifikante Verbesserung der allgemeinen Symptombelastung, der subjektiven Lebensqualität und der Funktionsfähigkeit.


Anträge für Reha und Gesundheitsvorsorge (GV)*

Reha und GV – September 2020

  • Stationäre Heilverfahren – Reha 99.626 (123.164 September 2019): minus 19 Prozent
  • Stationäre Heilverfahren – GV und GVA 70.139 (110.370 September 2019): minus 36 Prozent
  • Ambulante Heilverfahren – 12.659 (17.822 September 2019): minus 29 Prozent

Reha und GV – Oktober 2020

  • Stationäre Heilverfahren – Reha 110.877 (138.519 Oktober 2019): minus 20 Prozent
  • Stationäre Heilverfahren – GV und GVA 76.575 (123.126 Oktober 2019): minus 37 Prozent
  • Ambulante Heilverfahren – 14.535 (20.305 Oktober 2019): minus 28 Prozent

Im Vergleich von September und Oktober liegt ein Anstieg bei den Anträgen vor, im Vergleich zum Vorjahr ist allerdings noch ein Rückgang von rund 30 Prozent vorliegend.

*Im Berichtszeitraum erfasste Anträge


Telerehabilitation gewinnt an Relevanz

Während der Schließung der stationären Rehabilitationseinrichtungen aufgrund der pandemischen Situation bestand auch keine Möglichkeit der ambulanten Rehabilitation. Auf einen Ausbau dieser ambulanten Rehabilitation möchte die PVA auch in Zukunft setzen. In nordischen Ländern wird Rehabilitation zum Großteil ambulant oder als Telerehabilitation durchgeführt; in Österreich soll der stationäre Bereich nicht mehr stark erweitert werden.

Wo eine ambulante Rehabilitation nicht möglich ist, soll künftig Telerehabilitation zum Einsatz kommen. Im Jänner 2021 wird mit einem Probebetrieb für eine Telerehabilitation im PVA­Zentrum für ambulante Rehabilitation in Graz sowie im PVA Rehazentrum Bad Schallerbach begonnen. Außerdem wird eine Plattform für Telerehabilitation entwickelt, die ergänzend zur Rehabilitation der Phase 3 flächendeckend angeboten werden soll. Auch ein Programm für pflegende Angehörige wird gestartet. Sie sollen psychisch und therapeutisch entlastet, aber auch geschult werden, etwa in der richtigen Mobilisierung der Pflegebedürftigen.

Wesentlich für eine personalisierte, gezielte sowie frühzeitige Rehabilitation ist das Wissen über die zur Verfügung stehenden Optionen. Das betrifft sowohl Patienten, also auch Ärzte und Spitäler. Ein weiterer relevanter Faktor ist – unabhängig vom Alter, dem Bildungsstand, der sozialen Herkunft und dem Geschlecht – die Motivation der Patienten sowie ein hohes Maß an Eigenverantwortung. Je motivierter der Betroffene, desto besser die Compliance. Um über die Gesundheitsvorsorge und Rehabilitation als wichtigen Bestandteil der Lebensqualität und Gesundheit aufzuklären, haben die Österreichische Ärztekammer, die PVA und die Österreichischen Gesundheitsbetriebe mit Anfang 2021 die Initiative „Tun, was wichtig ist.“ gestartet. Appelliert wird unter anderem, diese im österreichischen Gesundheitssystem verankerten Möglichkeiten auch während der Corona­Pandemie in Anspruch zu nehmen. Die medizinische Rehabilitation schließt im besten Fall an die akutmedizinische Versorgung an und korreliert mit ebendieser ursächlich und zeitlich. Ein stabiler Krankheitszustand gilt als Voraussetzung, um eine Rehabilitation beginnen zu können: Der Patient muss durch die akutmedizinische Versorgung und eine im Bedarfsfall anschließende Mobilisierungsphase so gut wiederhergestellt sein, dass eine Durchführung von rehabilitationsmedizinischen Maßnahmen im Umfang von mindestens zwei bis drei Stunden täglich möglich ist. Für die Erbringung sind Unfallversicherungs­, Pensionsversicherungs­ oder Krankenversicherungsträger zuständig. Im Rehabilitationsplan 2016* des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger sind der Ist­ und Sollzustand an stationären Rehabilitationskapazitäten einzusehen; auch das Potential ambulanter Rehabilitation ist in der Studie berücksichtigt. Der Rehabilitationsplan 2020 mit einer Laufzeit von Jänner bis Dezember 2019 befindet sich in Erstellung.

Orthopädische Rehabilitation gefragt

Im Jahr 2018 gab es laut Statistik Austria österreichweit rund 154.500 Rehabilitationsaufenthalte mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von 23,8 Tagen. 79 Krankenanstalten stehen für Rehabilitation zur Verfügung, 29 für die Langzeitversorgung und drei für „Genesung und Prävention“. Der häufigste Grund für einen Rehabilitationsaufenthalt war eine Erkrankung des Stütz­ und Bewegungsapparats. Auf diese Indikation entfielen 55.748 Aufenthalte, gefolgt von Erkrankungen des Kreislaufsystems mit 32.621 Aufenthalten sowie Verletzungen und Vergiftungen mit 18.380 Aufenthalten. Des Weiteren waren Krebserkrankungen und Erkrankungen des Nervensystems Gründe für Rehabilitationsaufenthalte.

Unter Beziehern von Rehabilitationsgeld – Personen, die vorübergehend invalid beziehungsweise berufsunfähig sind – entfielen 2019 die meisten Bewilligungen auf psychiatrische Rehabilitationsmaßnahmen, auf Maßnahmen im Bereich des Bewegungs­ und Stützapparates sowie auf Maßnahmen im Bereich der Neurologie. (SF, JW)

*) Gyimesi M, Fülöp G, Ivansits S, Pochobradsky E, Stoppacher A, Kawalirek S et al. (2016).  Rehabilitationsplan 2016. Wien: Gesundheit Österreich GmbH

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 1-2 / 25.01.2021