Schwerpunkt Forschung: Kurz und Informativ

27.09.2021 | Medizin

Alterung: seneszente Zellen als therapeutische Ziele

In allen wichtigen Geweben wie etwa Herz, Gehirn, Leber und der Milz kommt es im Alter zu Änderungen im Stoffwechsel – und zwar sowohl zu universellen als auch zu gewebespezifischen. Das haben Forscher um Univ. Prof. Thomas Madl vom Gottfried Schatz Forschungszentrum der Medizinischen Universität Graz zusammen mit internationalen Kollegen herausgefunden. Mit Hilfe der auf der magnetischen Kernresonanz basierenden Metabolomik konnten diese Veränderungen im Stoffwechsel und die damit verbundenen Proteinmodifikationen in Geweben entdeckt werden. „Vor allem seneszente Zellen mit einem hohen Grad an DNA-Schädigungen scheinen hervorragende therapeutische Ziele zu sein“, so Madl, der in der therapeutischen Entfernung dieser Zellen hohes Potential sieht. Ein Patent für eine daraus abgeleitet neue medikamentöse Therapie wurde eingereicht. MedUni Graz/Biomolecules/Cell Reports Methods

κ-FLC-Index: neuer Biomarker bei Multipler Sklerose

Forscher um Priv. Doz. Harald Hegen der Universitätsklinik für Neurologie der Medizinischen Universität Innsbruck sowie Kollegen aus Graz und Wien konnten die κ-freien Leichtketten (κ-FLC, kappa free light chain) im Liquor cerebrospinalis als unabhängigen Biomarker für die frühe Prognose von Multipler Sklerose identifizieren. Dafür untersuchten die Wissenschafter 88 Patienten – davon zwei Drittel Frauen – mit einem Durchschnittsalter von 33 Jahren und den ersten klinischen Ereignissen (Rückenmarks- oder Sehnerventzündung) über vier Jahre hindurch. Das Ergebnis: Patienten mit einem hohen κ-FLC-Index (über 100) hatten ein vierfach erhöhtes Risiko für einen schwereren Krankheitsverlauf; die Zeit bis zum zweiten Schub betrug im Durchschnitt elf Monate. Bei Patienten mit einem κ-FLC-Index unter 100 trat der zweite Schub durchschnittlich erst nach 36 Monaten auf. „Der κ-FLC-Index erwies sich als unabhängiger Marker, mit dem Patienten mit höherer Krankheitsaktivität früh identifiziert und der geeigneten Therapie zugeführt werden können“, betont Hegen. Medizinische Universität Innsbruck/Neurology: Neuroimmunology and Neuroinflammation

Ultraschall-Stimulation bremst Alzheimer-Demenz

Mit der an der Medizinischen Universität Wien entwickelten transkraniellen Pulsstimulation (TPS) mit Ultraschall kann die für M. Alzheimer typische kortikale Atrophie gebremst werden. „Wir fanden eine signifikante Korrelation zwischen neuropsychologischer Verbesserung und Dicke der Hirnrinde in Alzheimer-Demenz-kritischen Gehirnbereichen“, erklärt Studienleiter Univ. Prof. Roland Beisteiner von der Universitätsklinik für Neurologie am AKH. Schon zuvor konnte gezeigt werden, dass zwei bis vier Wochen Therapie mit transkranieller Pulsstimulation die funktionellen Netzwerke und die kognitive Leistungsfähigkeit von Menschen, die an M. Alzheimer leiden, bei den Betroffenen bis zu drei Monate verbessern kann. APA/Alzheimer’s & Dementia: Translational Research & Clinical Interventions

Pankreas-Ca: kombinierte Chemo wirkt auch bei Älteren

Die Kombination von Nab-Paclitaxel mit Gemcitabine bei der Behandlung des Pankreaskarzinoms wirkt bei über 70-Jährigen genauso gut wie bei jüngeren Patienten. Zu diesem Ergebnis kommt eine vom Comprehensive Cancer Center der Medizinischen Universität Wien durchgeführte Studie. Bisher gab es für ältere Patienten kaum Therapieoptionen. APA/European Journal of Cancer

Genmutation senkt Risiko für Myokard-Infarkt

Forscher um Prof. Florian Kronenberg und Molekulargenetiker Stefan Coassin vom Institut für Genetische Epidemiologie der Medizinischen Universität Innsbruck haben eine häufige Gen-Mutation entdeckt, die für zehn Prozent aller Lp(a)-Konzentrationen verantwortlich sind. Anhand der Daten von knapp einer halben Million Menschen konnten die Wissenschafter nachweisen, dass die Lp(a)-senkende Mutation, die bei 40 Prozent der Bevölkerung vorkommt, das kardiovaskuläre Risiko maßgeblich mitbestimmt. Dabei können die Lp(a)-Werte zwischen den einzelnen Personen um mehr als das 200-Fache variieren. Wie Untersuchungen zeigen, reicht die durch die Mutation bedingte Lp(a)-Senkung aus, um das kardiovaskuläre Risiko um neun Prozent zu senken. Da die neu entdeckte Mutation in einer „schwer zugänglichen Genomregion“ liege, sei sie bisher übersehen worden. Nun konnte sie mittels innovativer Technologien identifiziert werden. Kronenberg sieht in den Ergebnissen einen „weiteren wichtigen Schritt auf dem Weg zur zielgerichteten Risikominierung“. APA/Journal of the American College of Cardiology

Neues Verfahren zur präoperativen Risiko-Abschätzung

Ein international patentiertes Verfahren soll künftig eine rasche und objektive Einschätzung der Fitness von Herz-/Kreislauf und Lunge ermöglichen. Das Team um Univ. Prof. Eugenijus Kaniusas von der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik der Technischen Universität Wien und Assoc. Prof. Klaus Klein von der Uniklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie Wien erfasst objektiv messbare Parameter, die bisher nicht routinemäßig gemessen worden seien. Dazu zählen die durch Sensoren ermittelte Sauerstoffsättigung im Blut, die Veränderung der Herzfrequenz sowie bestimmte Eigenschaften der Pulswellenform, die sich bei mildem Stress für den Körper wie beispielsweise beim Luftanhalten zeigen und ablesen lassen. Kaniusas dazu: „Aus diesen Parametern schließen wir im Idealfall auf die individuelle Fitness im Allgemeinen, speziell vor einer Operation.“ Das Ergebnis wird im Ampelsystem und als Punktezahl zwischen null und 100 angegeben. Das nur wenige Minuten dauernde Verfahren soll demnächst klinisch erprobt werden. Die Wissenschafter hoffen, dass das Gerät in fünf Jahren auf dem Markt erhältlich ist. APA

Resistenz bei Chemotherapie schwächt Immuntherapie

Im Anschluss an die Chemotherapie haben Forscher um Anna Obenauf vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien bei Mäusen mit Hauttumoren eine Immuntherapie angewendet. Dabei wurden in 75 bis 80 Prozent der Fälle Resistenzen beobachtet. Aus einem bislang noch nicht bekannten Grund wird die Zusammensetzung der Immunzellen im Tumor beeinflusst: Die dendritischen Zellen werden weniger, die übrig gebliebenen funktionieren nicht richtig. Als Folge griff die Immuntherapie nicht und die Tumorzellen konnten ungehindert weiterwachsen. Die Conclusio der Wissenschafter: Die Chemotherapie auf kurze Zeit beschränken und so die Entstehung von Resistenzen vermeiden. Wie die Forscher berichten, gibt es bereits erste klinische Studien, wie man dendritische Zellen aktivieren kann, um die Effektivität der Immuntherapie zu verbessern. APA/Nature Cancer

Cbl-b hemmt Immunabwehr

Wird das Protein Cbl-b, das die Immunantwort gegen Tumorzellen unterdrückt, inhibiert, werden die körpereigenen Immunzellen verstärkt aktiviert. „Studien haben gezeigt, dass Immunzellen verstärkt gegen Tumorzellen arbeiten, wenn das Protein Cbl-b ausgeschaltet wird“, sagt Univ. Prof. Nina Worel von der Universitätsklinik für Blutgruppenserologie und Transfusionsmedizin der MedUni Wien. APA

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 18 /25.09.2021