Kurz und informativ: Medizinische Kurzmeldungen

25.04.2021 | Medizin

Möglicher Prädiktor für Stress-Resilienz

Je höher ganz generell die Aktivität von Neuronen im Locus coeruleus ist, desto eher entwickeln Menschen unter chronischem Stress Symptome von Angststörungen und Depressionen. Die Neuroökonomen Mardus Grueschow und Christian Ruff sowie UZH-Psychologin Birgit Kleim von der Universität Zürich untersuchten 48 Medizinstudenten kurz vor dem sechsmonatigen Praktikum in der Notaufnahme. Kurz vor Beginn des Programms mussten sie eine Aufgabe lösen, bei der sie widersprüchliche emotionale Informationen verarbeiten mussten. Dadurch wird das Locus Coeruleus-Norepinephrin-System (LC-NE) aktiviert – eine Region, die in Zusammenhang gebracht wird mit der Regulation der menschlichen Reaktion auf Stress und der Lösung von Konflikten. So sahen die Studenten etwa ein lachendes Gesicht, über dem jedoch das Wort „Angst“ stand. In einer Reihe von Durchgängen mit verschiedenen Bildern mussten sie den Gesichtsausdruck bestimmen, während  die Forscher im MRT die Hirnströme sowie die Pupillenerweiterung der Probanden maßen. Ebenso mussten die Studenten vor und nach dem Praktikum einen Fragebogen ausfüllen, mit Hilfe dessen Symptome von Angst und Depressionen erfasst wurden. „Je sensitiver das LC-NE-Erregungssystem reagiert, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Person bei andauerndem Stress Symptome von Angst- und Depressionsstörungen entwickelt“, fasst Grueschow die Ergebnisse zusammen. APA/Nature Communications

Blaulichtfilter verbessern Schlafqualität

Blaulichtfilter können die negativen Effekte der Benutzung von Smartphones oder Tablets vor dem Einschlafen auf den Schlaf abschwächen. Das fand ein Forscherteam um Ass. Prof. Kerstin Hödlmoser vom Zentrum für kognitive Neurowissenschaften der Universität Salzburg heraus. Der Großteil des emittierten Lichts entfällt auf kurzwellige, blaue Bereiche, was nachweislich durch die Produktion von Melanin das Einschlafen erschwert. Die Wissenschafter überwachten die Körperfunktionen von 14 schlafenden Probanden in vier Nächten, die vor dem Einschlafen 90 Minuten lang entweder auf einem Smartphone ohne oder mit Blaulichtfilter oder in einem Buch gelesen hatten. Gemessen wurden Gehirnströme, Augenbewegungen, Muskelaktivität, Körpertemperatur sowie Kortisol- und Melatonin-Veränderungen. Ergebnis: Kurzwelliges blaues Licht beeinflusst den zirkadianen Rhythmus, Schläfrigkeit, Aufmerksamkeit am Morgen und die Schlafphysiologie. APA/Clocks & Sleep

40 Mutationen

weist eine neue Corona-Variante auf, die kürzlich in Angola aufgetaucht ist. Den Angaben der panafrikanischen Gesundheitsbehörde Africa Center for Disease Control (CDC) zufolge wurde sie aus Tansania eingeschleppt. Unklar sei, wie diese Variante auf Impfstoffe reagiert, erklärte John Nkengasong, Leiter des CDC.

Zuckergehalt in Getränken: wieder gesunken

Der Zuckergehalt in alkoholfreien Säften, Energydrinks, gesüßten Mineralwässern und Limonaden hat im Vorjahr wieder abgenommen, wie das vorsorgemedizinische Institut SIPCAN  (Special Institute for Preventive Cardiology and Nutrition) nach einer aktuellen Untersuchung von 528 Produkten herausfand. Demnach liegt der durchschnittliche Zuckerwert bei 6,01 Gramm Zucker pro 100 ml. Seit 2010 ist der Wert um 1,52 Gramm pro 100 ml gesunken, was einem Rückgang von 20,19 Prozent entspricht. Geht man von einem durchschnittlichen Pro-Kopf-Konsum von 68,7 Litern Limonaden im Jahr aus, bedeutet das um 1,044 Kilogramm Zuckerkonsum weniger pro Jahr als noch vor zehn Jahren. APA/SIPCAN

CRP-Apherese nach Myokardinfarkt verringert Folgeschäden

Die CRP-Apherese könnte laut vorliegenden Daten die Infarktfläche nach einem Myokardinfarkt um rund fünf Prozent verringern, so Priv. Doz. Sebastian Reinstadler von der Universitätsklinik für Innere Medizin 3 der MedUni Innsbruck. Um dies weiter zu untersuchen, sollen in den nächsten drei bis fünf Jahren insgesamt 170 Patienten rekrutiert werden. Primäres Studienziel ist, die Infarktfläche zu verkleinern. Der Start für die Studie erfolgte in Innsbruck; es ist jedoch geplant, bis zu vier weitere Zentren in Österreich hinzuziehen. APA

Alpha-Zwei-Delta ermöglicht Synapsen

Das Protein Alpha-Zwei-Delta ist notwendig, um eine intakte Verbindung an den Synapsen zweier Nervenzellen herzustellen. Das fand ein Forscherteam um Univ. Prof. Gerald Obermaier vom Department Pharmakologie, Physiologie und Mikrobiologie der Karl Landsteiner Privatuniversität Krems zusammen mit Forschern aus Innsbruck und Klosterneuburg heraus. Alpha-Zwei-Delta war bisher dafür bekannt, dass es Kalziumkanäle reguliert. Die Wissenschafter untersuchten Synapsen von Nervenzellen, denen dieses Protein fehlt. Fazit: An Synapsen von Nervenzellen ohne Alpha-Zwei-Delta können keine Neurotransmitter ausgeschüttet werden. Dazu fehlen ihnen Kalziumkanäle und synaptische Vesikel für den Transport von Neurotransmittern. In der Folge entwickeln sich auch die Nervenzellen am anderen Ende der Synapse nicht richtig und weisen zu wenig Andockstellen für Neurotransmitter auf. APA/PNAS

SARS-CoV-2: Atemwegstemperatur bestimmt Replikation

SARS-CoV-2 repliziert sich bei 33 Grad, der Temperatur in den oberen Atemwegen, zehnmal effizienter als SARS-CoV im Jahr 2002. Dies könnte der Grund sein, wieso SARS-CoV-2 leichter übertragen wird als SARS-CoV, erklären Wissenschafter um Prof. Ronald Dijkman vom Institut für Virologie und Immunologie der Universität Bern. Sie untersuchten in menschlichen Epithelzellen aus den Atemwegen, wie sich unterschiedliche Temperaturen auf eine Infektion mit diesen beiden Viren auswirken. In den unteren Atemwegen bei Temperaturen um 37 Grad wird die angeborene Immunantwort der Epithelzellen stärker stimuliert und das Virus wirkungsvoller bekämpft. SARS-CoV hingegen repliziert sich sowohl im oberen als auch im unteren Respirationstrakt während des gesamten Infektionsverlaufs ähnlich stark. Die beiden SARS-Erreger ähneln sich genetisch stark und nutzen den gleichen Rezeptor, um menschliche Zellen zu infizieren. APA/PLOS Biology

Mathematisches Nebenschilddrüsenmodell optimiert Therapie

Ein von der Grazer Mathematikerin Gudrun Schappacher-Tilp entwickeltes Modell der Nebenschilddrüse optimiert die Arzneimittelgabe für Nierenkranke. Im Rahmen eines vom Renal Research Institute New York gesponserten Projekts erstellte sie ein detailliertes mathematisches Modell der Nebenschilddrüse und simulierte verschiedene Verabreichungsformen von Arzneimitteln. Ausgangspunkt waren Hämodialysepatienten, bei denen durch den Wegfall der Nierenfunktion die Nebenschilddrüse medikamentös effektiv kontrolliert werden kann, die Compliance aufgrund der Nebenwirkungen jedoch nur gering ist. Schappacher-Tilp dazu: „Unsere Berechnungen zeigten, dass eine seltenere, aber kontrollierte Arzneimittelgabe gleich wirksam ist wie die bisherige Verschreibungspraxis.“ Eine Klinikkette in den USA setzt diese Erkenntnisse, wonach eine dreimal wöchentliche Medikamentengabe im Anschluss an die Dialyse ausreicht, bereits an Tausenden Dialysepatienten um. APA

Kopfbewegung steuert 3D-Operationsmikroskop

Ein Innsbrucker Medizintechnik-Unternehmen hat ein 3D-Operationsmikroskop entwickelt, das mit Hilfe von Kopfbewegungen gesteuert werden kann. RoboticScope – so der Name des Geräts – ist ein auf einer digitalen Systemplattform basierendes 3D-Mikroskop, das durch leichte Kopfbewegungen gesteuert wird. Die Steuerung, die über ein Fußpedal aktiviert wird, erfolgt mit Hilfe eines Headsets. Dadurch bleiben Hände und Augen durchgehend auf dem Operationsfeld und der Chirurg kann die aufrechte Arbeitsposition beibehalten. „Das Gerät passt sich an Chirurgen an und nicht umgekehrt“, sagt Markus Hütter, Geschäftsführer des Medizintechnikunternehmens BHS Technologies. Das System, das vor allem bei komplexen mikrochirurgischen Eingriffen im Bereich Neurologie, Wirbelsäule, HNO und in der Plastischen Chirurgie zum Einsatz kommt, haben bereits mehr als 400 Chirurgen getestet. APA/USZ

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2021