Kurz und Informativ: Medizinische Kurzmeldungen

25.11.2021 | Medizin

Parabulin stoppt Wachstum von Toxoplasma gondii

Der neu entdeckte Wirkstoff Parabulin kann das Wachstum von Toxoplasma gondii im Laborversuch stoppen. Parabulin dockt gezielt an das Tubulin von Toxoplasma gondii an und stoppt dessen Wachstum, berichten Forscher um Natacha Gaillard und Ashwani Scharma vom Schweizer Paul Scherrer Institut. Toxoplasma gondii zählt ebenso wie Malaria zu den Apicoplexa. Die Wissenschafter entschlüsselten die molekulare Struktur von Tubulin eines Wimperntierchens, das jenem in Apicomplexa quasi identisch ist. Die fadenförmigen Tubuline spielen eine zentrale Rolle bei der Zellteilung: Bei einer Blockade können sich die Parasiten nicht mehr vermehren. Nun sollen Arzneimittel entwickelt werden, die die Replikation der Parasiten mithilfe der Tubulin-Blockade hier stoppen. Parabulin dürfte nicht nur gegen Toxoplasma gondii, sondern gegen alle Vertreter der Apicomplexa-Parasiten wirken. APA/EMBO Molecular Medicine

21.200 Tonnen Mikroplastikpartikel durch LKW und PKW

Rund 2,4 Kilogramm Reifenabrieb fallen pro Person und Jahr in Österreich an. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher um Dipl. Ing. Florian Part vom Institut für Abfallwirtschaft der Universität für Bodenkultur in Wien bei ihren Berechnungen aller KFZ-Klassen inklusive Transitverkehr. Demnach verliert ein acht Kilogramm schwerer Reifen in drei Jahren auf rund 60.000 Kilometern etwa ein Fünftel seines Gewichts. Insgesamt verursachten PKW- und LKW-Verkehr im Jahr 2018 circa 21.200 Tonnen Mikroplastikpartikel auf Österreichs Straßen. Der Anteil der LKW ist mit 57 Prozent am größten, gefolgt von PKW mit 41 Prozent. Der Rest fällt auf Busse; Motorräder, Mopeds und Fahrräder fallen nur wenig ins Gewicht. Etwa 60 Prozent der gesamten Mikroplastik-Emissionen sind durch Straßenverkehr verursacht. Darüber hinaus gelangen auch Reifeninhaltsstoffe wie Additive, Füllstoffe und vor allem Industrieruß im Ausmaß von rund 5.500 Tonnen jährlich in die Umwelt. APA/Environmental Pollution

Schwangerschaftstest mittels Speichel

Den weltweit ersten Speichel-Schwangerschaftstest hat das israelische Unternehmen Salignostics entwickelt. Ein saugfähiger Stick muss zunächst in den Mund und dann in einen Testbehälter gesteckt werden; binnen Minuten kann festgestellt werden, ob eine Schwangerschaft vorliegt. Der Salistick funktioniert im Grunde wie ein Urin-Schwangerschaftstest durch den Nachweis von Beta-hCG. Der Test kann vom ersten Tag nach dem Ausbleiben der Regel angewendet werden. Nach klinischen Prüfungen mit mehr als 300 Frauen in Israel und mehreren Tausend analytischen Tests liegt die Sensitivität bei 95 Prozent, die Spezifität bei 97 Prozent. Den Angaben der Hersteller zufolge soll das Produkt in den nächsten Monaten in Europa erhältlich sein. APA

Immunsystem arbeitet im 24-Stunden-Rhymthmus

Die Aktivierung des menschlichen Immunsystems ist in der späten Ruhephase am stärksten ausgeprägt: bei nachtaktiven Mäusen am Nachmittag, beim Menschen am frühen Morgen. Der Grund: Die Aktivität der dendritischen Zellen ist während der Ruhephasen am größten. Zu dieser Erkenntnis gelangten Forscher um Prof. Christoph Schleiermann vom Institut für Pathologie und Immunologie der Universität Genf und der Ludwig-Maximilians-Universität München durch Tierversuche und Experimente mit menschlichen Zellkulturen. Der Prozess der körpereigenen Abwehr hänge von der Tageszeit ab und folge einem 24-Stunden-Rhythmus, so die Forscher. Sie identifizierten zahlreiche Moleküle – u.a. Chemokine, deren Expressionen durch die innere Uhr gesteuert werden. APA/Nature Immunology

Corona I: Schweden als Virus-Exporteur

Die zurückhaltende Corona-Strategie von Schweden hat dazu beigetragen, dass das Virus in andere Länder getragen werden konnte. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschafter der schwedischen Universität Uppsala, des Norwegischen Instituts für öffentliche Gesundheit und der Universität Sydney in Australien nach der Analyse von 71.000 Proben. Diese stellten die Basis dar für die Nachverfolgung der Ausbreitung des Virus. Die Infektionsketten mit Ursprung in Schweden überschritten dabei in mehreren 100 Fällen die Landesgrenzen. „Schweden war im ersten Jahr der Pandemie ein Netto-Exporteur des SARS-CoV-2-Virus in unsere nordischen Nachbarländer“, sagt John Pettersson von der Universität in Uppsala. Im Gegensatz zu anderen skandinavischen Ländern hatte das Land kaum Maßnahmen ergriffen, um die Verbreitung des Virus zu stoppen. In der Folge kam es zu hohen Infektionszahlen, die letztlich auch die Mutation des Virus begünstigten. APA/Eurosurveillance

Corona II: Heparin verkürzt Infektionszeit

Die neuartige mit COVID-19 assoziierte Koagulopathie tritt fast ausschließlich bei Patienten auf, die deswegen intensivmedizinisch behandelt werden oder an den Folgen der Infektion versterben. Das zeigt eine multizentrische Studie der Klinik Favoriten Wien, der Johannes Kepler-Universität Linz und des Landeskrankenhauses Innsbruck in Zusammenarbeit mit einem Team von Wissenschaftern um David Pereyra vom Institut für Gefäßbiologie und Thromboseforschung der Medizinischen Universität Wien. Weitere Analysen ergaben, dass eine Behandlung mit niedermolekularem Heparin die Zeitspanne der aktiven SARS-CoV-2-Infektion durchschnittlich um vier Tage verkürzt. Wie experimentelle Daten zeigen, kann Heparin die Bindungsfähigkeit von SARS-CoV-2 an Zellen und dadurch deren Infektion verhindern. Cardiovascular Research

11,8 Prozent

der Corona-Neuinfektionen in Großbritannien sind durch die Delta-Subvariante AY.4.2. verursacht. Daten von mehr als 100.000 Menschen wurden für die Studie des Imperial College London ausgewertet.

Bioaktive Nano-Fasern beschleunigen Axon-Wachstum

Ein Material aus bioaktiven Nanofasern, das die Heilung von Nervenschäden und Rückenmarksverletzungen fördert, entwickelte das Team um Zaida Alvarez von der Northwestern University of Chicago. Das neue Biomaterial besteht aus Peptid-Amphiphilen – synthetischen Peptid-Molekülen. Diese organisieren sich zu einem Netz aus Nanofasern nach der Injektion an einen verletzten Nerv und bilden ein extrazelluläres Stützgerüst. Die Peptide sind bioaktiv und wirken zweifach: Einerseits regen sie die durchtrennten Nervenfortsätze zur Regeneration an; andererseits fördern sie die Neubildung von Myelin und Blutgefäßen an der verletzten Stelle. Nach zwölf Wochen wird dieses Stützgerüst vom Körper ohne Nebenwirkungen abgebaut. Im Tierversuch mit verschiedenen Varianten der bioaktiven Peptid-Amphiphile an gelähmten Mäusen begannen die durchtrennten Nervenfortsätze zu wachsen. Je nach Zusammensetzung des Nanofaser-Gerüsts war das Axon-Wachstum zwei bis 50-Mal größer als in der Kontrollgruppe. Nach Ansicht der Wissenschafter eröffnet dieser Ansatz neue Möglichkeiten, die Nervenheilung zu fördern und anhaltende Lähmungen zu verhindern. Science

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2021