Akne: Rich­tig behan­delt – gut im Griff

25.02.2021 | Medizin


Akne ist eine der häu­figs­ten Haut­krank­hei­ten, wes­we­gen Pati­en­ten einen Der­ma­to­lo­gen auf­su­chen. Die Akne-Behand­lung ist eine Gedulds­frage – für beide Sei­ten. So kann der Ein­satz von Vit­amin A‑Säure-Prä­pa­ra­ten mehr­mals not­wen­dig sein – vor allem dann, wenn es häu­fig zu Rezi­di­ven kommt.
Sophie Fessl

Die Akne hat zwei Spit­zen in ihrer Häu­fig­keit mit einer prä­ado­les­zen­ten Form, die Jugend­li­che betrifft, sowie einer post­ado­les­zen­ten Form, die bei Frauen und Män­nern zumeist ab 30 Jah­ren auf­tritt. „Akne gilt als eine Erkran­kung der west­li­chen Welt, was teil­weise mit den Ernäh­rungs­um­stän­den zusam­men­hängt, mit Umge­bungs­fak­to­ren und einer gene­ti­schen Dis­po­si­tion. Es kommt hier zu einer Akti­vie­rung des mTOR-Pathways, wodurch eine Ent­zün­dungs­kas­kade aus­ge­löst wird“, erklärt Assoc. Prof. Priv. Doz. Julia Valen­cak von der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Der­ma­to­lo­gie der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Wien.

Das Haut­er­schei­nungs­bild der Pati­en­ten ist wich­tig für die Ein­tei­lung des Akne-Gra­des (mild, mit­tel, schwer) und wirkt sich ent­spre­chend auf die Wahl der Behand­lung aus. Eine Form der Akne, die Acne papulo-pus­tu­losa, ist durch Papeln und Pus­teln gekenn­zeich­net; diese kann ober­fläch­lich oder tief ent­zünd­lich sein. Es gibt einige Fak­to­ren, die mit­ver­ant­wort­lich für die ent­zünd­li­che Akti­vie­rung durch die mTOR-Kas­kade sind – dar­un­ter Stress, Ernäh­rung, Milch, Milch­pro­dukte (Käse), Soja­milch, Andro­gene und mehr. „Dies führt zur Hyper­pla­sie der Talg­drüse, zur Frei­set­zung von Zyto­ki­nen und so zu einer ein­schmel­zen­den Ent­zün­dung“, erläu­tert Valencak.

Die Acne come­do­nica hin­ge­gen ist durch Kome­do­nen gekenn­zeich­net. Ursäch­lich sind hyper­tro­phe Talg­drü­sen mit ver­stopf­ten Talg­drü­sen­aus­füh­rungs­gänge. Diese Form der Akne ist typisch für Jugend­li­che zu Beginn sowie in der Puber­tät. „Bei ent­spre­chen­der gene­ti­scher Dis­po­si­tion kann es dann im Ver­lauf zu einer deut­li­chen Ver­schlech­te­rung der Akne kommen.“ 

Um die rich­tige The­ra­pie für den Pati­en­ten zu wäh­len, ist die Ein­tei­lung nach Schwe­re­gra­den eine gute Basis. „Je tie­fer die Ent­zün­dung, desto eher wird man sys­te­misch behan­deln müs­sen. Dage­gen kann eine leichte bis mit­tel­schwere Akne gut lokal behan­delt wer­den“, berich­tet Valen­cak aus der Pra­xis. Eine schwere Akne mit tie­fer Ent­zün­dung solle unbe­dingt behan­delt wer­den, da sie für die Pati­en­ten sehr belas­tend ist und zusätz­lich die Bil­dung von Nar­ben ver­hin­dert wer­den sollen. 

Eine genaue Auf­klä­rung der Pati­en­ten über die lokale The­ra­pie ist wich­tig, da gerade bei jun­gen Pati­en­ten mit Akne die The­ra­pie­ad­hä­renz bei loka­ler Behand­lung schlecht ist. Valen­cak dazu: „Ich kläre ein­dring­lich auf: Wenn die Akne die Pati­en­ten stört, müs­sen sie selbst auch etwas dage­gen tun: mor­gens und abends das Gesicht rei­ni­gen und ent­spre­chende The­ra­peu­tika auf­tra­gen.“ Erst nach vier bis acht Wochen inten­si­ver Behand­lung mit einer loka­len The­ra­pie könne abge­schätzt wer­den, ob die Behand­lung eine kli­ni­sche Wir­kung hat. 

Drei Basis-Sub­stan­zen der loka­len The­ra­pie wir­ken der Trias der Akne ent­ge­gen, dem Kom­plex aus Talg­drü­sen­hy­per­tro­phie mit ver­mehr­ter Sebum­pro­duk­tion, Ein­schmel­zen der Ent­zün­dung mit Über­wu­che­rung durch Cul­ti­bac­te­rium acnis sowie ver­stopf­ten Aus­füh­rungs­gän­gen. Lokale Medi­ka­mente wir­ken daher anti-kome­do­gen, anti­bak­te­ri­ell und seb­um­re­gu­lie­rend; lokal­the­ra­peu­ti­sche Kom­bi­na­ti­ons­prä­pa­rate sind Mono­prä­pa­ra­ten vor­zu­zie­hen. „Lokale anti­bak­te­ri­ell wirk­same Sub­stan­zen sind nur für einen defi­nier­ten Zeit­raum zu ver­wen­den“, erklärt Valencak.

Lokal­the­ra­peu­ti­sche Mit­tel, die Ben­zoyl­per­oxid, Reti­no­ide, Milch­säure oder Frucht­säure ent­hal­ten, wir­ken kera­to­ly­tisch und för­dern die Exfo­li­a­tion der obers­ten Lagen des Stra­tum Cor­neum. „Somit wer­den stark ver­hornte Schich­ten an der Ober­flä­che ent­fernt, die Fol­li­kel­os­tien frei und Talg kann abflie­ßen“, erläu­tert Univ. Prof. Daisy Kopera von der Uni­ver­si­täts­kli­nik für Der­ma­to­lo­gie und Vene­ro­lo­gie der Medi­zi­ni­schen Uni­ver­si­tät Graz. „Wich­tig ist auch die Ver­wen­dung von Wasch­gels für alle Akne-For­men. Hier sind alle in der Dro­ge­rie und Apo­theke erhält­li­chen Prä­pa­rate geeignet.“

Ben­zoyl­per­oxid wirkt außer­dem anti­ko­me­do­gen. Topi­sche anti­bak­te­ri­elle Sub­stan­zen wie Prä­pa­rate, die Clin­da­my­cin ent­hal­ten, sind bei akut ent­zünd­li­chen ein­schmel­zen­den putri­den Läsio­nen indi­ziert. Sie sind jedoch nicht bei der Acne come­do­nica indi­ziert; hier eig­nen sich Sub­stan­zen wie Zink-Phos­phate. „Auch rezept­freie Prä­pa­rate aus der Apo­theke kön­nen bei begin­nen­der Akne Sinn machen. Hier eig­nen sich Cre­men und spe­zi­elle Wasch­lo­tio­nen. Diese wir­ken auch seb­um­re­gu­lie­rend, anti­bak­te­ri­ell und kera­to­ly­tisch“, sagt Valencak.

Behand­lung: lokal und/​oder systemisch

Wenn sich die Akne ver­schlech­tert oder die Ent­zün­dung tief ist und Nar­ben auf­tre­ten kön­nen, wird die sys­te­mi­sche The­ra­pie ein­ge­setzt. „Tritt nach zwei bis drei Mona­ten der Lokal­the­ra­pie keine Bes­se­rung auf oder han­delt es sich um schwere Akne, so wird die Lokal­the­ra­pie mit einer sys­te­mi­schen The­ra­pie kom­bi­niert“, erklärt Kopera. „Akne-Behand­lung ist immer eine Gedulds­frage für beide Sei­ten, eine deut­li­che Bes­se­rung inner­halb von Tagen ist unrealistisch.“ 

Erwach­sene, die von einer Akne betrof­fen sind, ent­wi­ckeln meist eine tiefe Akne, die sys­te­misch behan­delt wer­den muss. In der Sys­tem­the­ra­pie kom­men haupt­säch­lich zwei Medi­ka­mente zum Ein­satz: Anti­bio­tika und Vit­amin A‑Säure-Prä­pa­rate. Gele­gent­lich kann auch eine hor­mo­nelle The­ra­pie sinn­voll sein. Unter den Vit­amin A‑Säure-Prä­pa­ra­ten gehört Iso­t­re­ti­noin zu einem der wich­tigs­ten Medi­ka­mente bei Akne. Die Indi­ka­tion für eine Iso­t­re­ti­noin-The­ra­pie ist eine tiefe, stark ent­zünd­li­che Akne, die mit Nar­ben­bil­dung abheilt. „Zumeist benö­tigt es eine The­ra­pie mit Vit­amin A‑Säure-Prä­pa­ra­ten, um die Akne zum Still­stand zu brin­gen. Sys­te­mi­sche Anti­bio­tika kön­nen bei kurz­fris­ti­ger Ver­schlech­te­rung einer mil­den Akne, bei stark ent­zünd­li­chen Ver­läu­fen, bei Kin­der­wunsch ein­ge­setzt wer­den oder wenn die Gabe von Vit­amin A‑Säure nicht mög­lich ist“, betont Valencak.

Anti­bio­tika – in ers­ter Linie Tetra­zy­kline – sind zur sys­te­mi­schen The­ra­pie bei tie­fer Akne zuge­las­sen. Hier wird die anti-inflamm­a­to­ri­sche Wir­kung der Tetra­zy­kline genutzt. Die Anti­bio­tika wer­den über zumeist vier Wochen bis drei Monate ver­ab­reicht. „Die Akne wird unter der anti­bio­ti­schen The­ra­pie zumeist deut­lich bes­ser. Rezi­dive sind nach Abset­zen jedoch sehr häu­fig “, erläu­tert Valen­cak. Nach der Gabe von Tetra­zy­kli­nen ist es wich­tig, eine vier­wö­chige Pause bis zum Ein­satz eines Reti­no­ids (Iso­t­re­ti­noin) ein­zu­hal­ten. Es kann ansons­ten zum „Pseu­do­tu­mor cere­bri“ kom­men, eine für die Betrof­fe­nen sehr unan­ge­nehme Nebenwirkung. 

Bei Mäd­chen und Frauen kommt zusätz­li­che eine hor­mo­nelle The­ra­pie – das heißt orale Anti­kon­tra­zep­tion – in Frage. Kopera dazu: „Wir nut­zen Pil­len­prä­pa­rate mit einer güns­ti­gen Zusam­men­set­zung: idea­ler­weise mit Cypro­te­ro­nace­tat, einem Anti­an­dro­gen. Sie sen­ken die Wir­kung der Andro­gene und hem­men so die Talg­pro­duk­tion.“ Wäh­rend bei Bur­schen gleich ein Vit­amin A‑Säure-Prä­pa­rat gege­ben wer­den kann, rät Kopera bei Mäd­chen zuerst zu einer hor­mo­nel­len The­ra­pie. „Initial kann die Pille alleine schon zur Bes­se­rung füh­ren. Wenn nicht, ist die Kom­bi­na­tion mit einem Vit­ami A‑Säure-Prä­pa­rat nun mög­lich, da die­ses durch seine frucht­schä­di­gende Wir­kung nicht ohne Ver­hü­tung gege­ben wer­den kann.“ 

Eine sol­che kom­bi­nierte anti­kon­tra­zep­tive The­ra­pie ist für Valen­cak vor allem dann sinn­voll, wenn eine Behand­lung mit Vit­amin A‑Säure nicht mög­lich ist. „Anti-Andro­gene in einem Pil­len­prä­pa­rat sind bei Mäd­chen sinn­voll, wenn ein etwa­iges PCO-Syn­drom mit­be­han­delt wer­den muss oder ohne­hin ver­hü­tet wer­den möchte.“ Laut Valen­cak kommt man bei erwach­se­nen Frauen mit die­ser The­ra­pie meist nicht zum Erfolg. „In Stu­dien zeigt sich auch klar, dass die ‚Pille‘ nach sechs Mona­ten The­ra­pie den glei­chen The­ra­pie-Erfolg zeigt wie eine sys­te­mi­sche Tetra­zyklin-The­ra­pie. Zusätz­lich gibt es andere Fak­to­ren wie das Risiko für Throm­bo­sen oder auch einen bestehen­den Kinderwunsch.“ 

Sowohl unter einer topi­schen als auch unter einer sys­te­mi­schen The­ra­pie kann es plötz­lich zu einer dra­ma­ti­schen Ver­schlech­te­rung der Akne kom­men, vor allem bei jun­gen Men­schen zwi­schen 16 und 22 Jah­ren. Diese Ver­schlech­te­rung ent­steht nicht durch die The­ra­pie und tritt unab­hän­gig von der Medi­ka­men­ten­gabe auf, berich­tet Valen­cak. „Diese soge­nannte Acne ful­min­ans ist eine Immun­re­ak­tion und zeigt sich durch tief ent­zünd­li­che aus­ge­dehnte Akne-Läsio­nen im Gesicht, aber auch am Rücken und/​oder der Brust. Hier gilt es rasch zu reagie­ren, da die Pati­en­ten sonst sehr aus­ge­prägte Nar­ben ent­wi­ckeln kön­nen.“ Die Zuwei­sung an eine der­ma­to­lo­gi­sche Ambu­lanz sei hier sinnvoll. 

Unver­nünf­tige Ernäh­rung wie zu viele Fette und zu viel Zucker kann zwar zu einer Akti­vie­rung der mTOR-Kas­kade füh­ren. „Trotz­dem ist eine Ernäh­rungs­um­stel­lung als allei­nige Behand­lung unge­eig­net“, mahnt Kopera. „Es gibt keine ein­schlä­gige Akne-Diät!“ Auch zu fette Haut­pflege kann dazu bei­tra­gen, dass Haut­un­rein­hei­ten ent­ste­hen oder sich die Akne ver­schlech­tert. Die The­ra­pie von Akne ist häu­fig kom­plex und benö­tigt Geduld. So kann es durch­aus vor­kom­men, dass Vit­amin A‑Säure-Prä­pa­rate immer wie­der gege­ben wer­den müs­sen, vor allem wenn es häu­fig zu Rezi­di­ven kommt. Trotz­dem führt die The­ra­pie zum Erfolg, betont Valen­cak. „Es gibt keine Akne, die man nicht behan­deln kann!“

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 4 /​25.02.2021