Standpunkt Thomas Szekeres: Verständnis – am richtigen Ort

25.11.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

a.o. Univ.-Prof. Thomas SzekeresGenau wie vor einem Jahr sieht der November nicht nur wegen der Jahreszeit wieder düster aus. Auch die Pandemiesituation lässt erneut keinen entspannten Winter zu, obwohl uns in diesem Jahr sogar ein wirksamer und ausreichend verfügbarer Impfschutz zur Verfügung steht. Leider haben sich die Befürchtungen bewahrheitet und die COVID-Impfquote sah Österreich noch Anfang November auf dem letzten Platz in Westeuropa, die Infektionszahlen sind wieder exponentiell gestiegen und die Intensivstationen haben sich wieder gefüllt. Die Einführung der 2G-Regel scheint positive Auswirkungen auf die Impfquote zu haben, wie lange der Effekt anhält und wann er sich in einer Entlastung der Situation manifestiert, bleibt aber abzuwarten.

Besonders erschütternd ist aber, dass manche Gruppierungen nicht einmal davor zurückschrecken, aus der aktuellen Pandemiesituation politisches Kleingeld schlagen zu wollen und die Bevölkerung mit Halbwahrheiten und abstrusen Ratschlägen zur COVID-Behandlung verunsichern. Solche Ratschläge sind ein Schlag ins Gesicht für alle Ärztinnen und Ärzte und das Spitalspersonal, die allesamt jeden Tag nach aktuellstem Stand der Wissenschaft schwerkranke COVID-Patienten behandeln und um jedes Menschenleben kämpfen. Zum Dank werden sie von einzelnen Vertretern politischer Gruppierungen sogar noch pauschal beleidigt. Hier hört sich wirklich jedes Verständnis auf.

Mehr denn je gilt es nun, die Impfung und das Impfschema ernst zu nehmen. Auch die dritte Dosis darf nicht vernachlässigt werden, sie ist notwendig, um dem nachlassenden Impfschutz entgegenzuwirken und wieder den gewohnt hohen Schutz herzustellen. Hier machen die Zahlen aus Israel Mut. Auf dem Sektor der COVID-Medikamente gibt es ebenfalls derzeit vermehrt positive Signale, bis diese Präparate aber wirklich zur Verfügung stehen, könnte es aber noch dauern und Zeit haben unsere Intensivstationen und das dort tätige Personal leider keine mehr. Schon jetzt befinden sich hier Kolleginnen und Kollegen an der Grenze ihrer körperlichen und psychischen Belastbarkeit. Beim Pflegepersonal denkt ein hoher Prozentsatz schon an einen Berufsausstieg. Es braucht jetzt Solidarität mit diesen heldenhaften Menschen, kein politisches Geplänkel und keinen Egoismus. Nur gemeinsam wer-den wir die Krise überwinden.

a.o. Univ.-Prof. Thomas Szekeres
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 22 / 25.11.2021