Standpunkt Johannes Steinhart: Wieder Neustart

10.05.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

© Gregor Zeitler

Nun also auch Rudolf Anschober. Das österreichische Gesundheitsministerium hat sich einmal mehr als Durchhaus erwiesen. Mit Anschobers Nachfolger Wolfgang Mückstein gab es in den vergangenen vier Jahren nun sechs verschiedene Personen, die das Amt des österreichischen Gesundheitsministers bekleidet haben – inklusive der diversen Interims minister. Zum Abschied von Rudolf Anschober bleibt nur fest zuhalten, dass diese Entscheidung, die ihm sicher sehr schwer gefallen ist, aufrichtig zu respektieren ist. Niemand muss sich dafür genieren, wenn er sich eingestehen muss, einer offensichtlich extrem herausfordernden Aufgabe nicht mehr gewachsen zu sein. Über einer verantwortungsvollen Aufgabe die Verantwortung für die eigene Gesundheit nicht zu vernachlässigen, sollten auch wir Ärztinnen und Ärzte im Sinne des Genfer Gelöbnisses immer beherzigen.

Mit Wolfgang Mückstein kehrt nun wieder ärztliche Kompetenz in dieses Mammutressort mit seinen zahllosen, vielschichtigen Aufgaben und Baustellen ein. Diese Fähigkeiten und dieses Fachwissen um die inneren Vorgänge kann keinesfalls schaden, unabhängig davon, wie sich die Amtszeit des neuen Ministers entwickeln wird. Ebenso unabhängig davon bleibt zu hoffen, dass nun endlich Kontinuität im Gesundheitsressort einkehrt. Schon das Platzen der schwarzblauen Koalition samt Misstrauensantrag und Neuwahlen hat 2019 für einen mehrmonatigen Quasi-Stillstand gesorgt. Die nun seit über einem Jahr andauernde Pandemiesituation hat die schon vorher gravierenden Mängel im Gesundheitssystem wie beispielsweise den zunehmenden Kassenärztemangel nur noch zusätzlich verschärft und für weitere Verzögerungen gesorgt. Darüber hinaus sind noch viele weitere Probleme dazugekommen, die in unmittelbarer Zukunft gelöst werden müssen, denken wir nur an die unterbliebenen Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen und die auch psychischen Kollateralschäden.

Zum Gegensteuern bleibt nun fast keine Zeit mehr. Es braucht nun schnelles und mutiges Handeln und ein eindeutiges Bekenntnis aller beteiligten Akteure für ein intaktes und leistungsfähiges Gesundheitssystem – sowohl im niedergelassenen Bereich als auch in den Spitälern und Ambulanzen. Sinnlosen Aktionismus und Mängelverwaltung haben wir genug gesehen. Dieser Neustart muss endlich auch ein Durchstarten bringen.

Dr. Johannes Steinhart
Vize-Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 9 / 10.05.2021