Stand­punkt Her­wig Lind­ner: Imp­fen ist Vertrauenssache

25.03.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

© Bernhard Noll

Öster­reich kämpft seit über einem Jahr gegen die SARS-CoV-2-Pan­de­mie. Wenn man der Poli­tik Glau­ben schen­ken darf, wird in den nächs­ten Wochen genug Impf­stoff ver­füg­bar sein, um alle, die geimpft wer­den wol­len, auch imp­fen zu können. 

Die Vor­be­rei­tun­gen dazu lau­fen auf Hoch­tou­ren. Der föde­ra­lis­ti­sche Zugang bedingt eine unter­schied­li­che Aus­ge­stal­tung der Impf­stel­len. Ein­zelne Bun­des­län­der set­zen auf Impf­stra­ßen, die meis­ten bevor­zu­gen das bewährte Haus­arzt­sys­tem. Unter­schied­lich gestal­tet sind auch die Anmel­de­sys­teme, die teil­weise büro­kra­tisch kom­pli­ziert sind. 

Der föde­ra­lis­ti­sche Zugang zur Orga­ni­sa­tion bedingt auch Unter­schiede in der Pro­fes­sio­na­li­tät der Her­an­ge­hens­weise. In man­chen Bun­des­län­dern klappt die Orga­ni­sa­tion gut, in ande­ren gibt es zahl­rei­che Ver­säum­nisse. Ursa­che für die Pro­bleme sind aber kei­nes­wegs die Ärz­tin­nen und Ärzte, obwohl diese von den Ver­ant­wort­li­chen immer wie­der einer man­geln­den Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft bezich­tigt wer­den. Wir seien unwil­lig, in das e‑Impfregister ein­zu­tra­gen, lau­tet eines der Ablen­kungs­ma­nö­ver. Dabei schei­terte es auch hier über Wochen hin­weg an der lang­sa­men und unzu­rei­chen­den tech­ni­schen Umsetzung.

Ärz­tin­nen und Ärzte sind ein zen­tra­les und wir­kungs­vol­les Ele­ment im Kampf gegen SARS-CoV‑2. Wir brin­gen jeder­zeit gerne nicht nur unsere medi­zi­ni­sche Exper­tise ein, son­dern hel­fen den Ver­ant­wor­tungs­trä­gern gerne bei der loka­len Aus­ge­stal­tung der Impf­stra­te­gie – seien es Impf­stra­ßen, Impf­stel­len oder dezen­trale Impftage. 

Was nie­mand braucht, sind die wie­der­hol­ten Zurufe von Apo­the­ker­funk­tio­nä­ren mit dem Wunsch, auch imp­fen zu dür­fen. Die meis­ten Apo­the­ken­be­trei­ber wol­len das gar nicht, weil ihnen der Auf­wand zu groß ist. Ein Stich ist rasch gesetzt, Auf­klä­rung, Erler­nen der Grund­la­gen der Not­fall­me­di­zin und Doku­men­ta­tion brin­gen aber einen beträcht­li­chen Auf­wand mit sich. Imp­fen will gelernt sein, ansons­ten setzt man die Impf­linge der Gefahr von ´trial and error´ aus. Die Stärke der Apo­the­ken liegt in der wohn­ort­na­hen Ver­tei­lung der Impf­stoffe – und nicht im Impfen. 

Gebt uns aus­rei­chend Impf­stoffe, wir haben genü­gend Ärz­tin­nen und Ärzte, die diese dann auch ver­imp­fen. Wäh­rend der Pan­de­mie sind die Fach­be­schrän­kun­gen auf­ge­ho­ben und alle über 47.000 Ärz­tin­nen und Ärzte Öster­reichs dür­fen imp­fen. Eine hohe Durch­imp­fungs­rate errei­chen wir nur durch über­zeu­gende Auf­klä­rung. Das ist die Stärke der Ver­trau­ens­ärzte. Denn Imp­fen ist Vertrauenssache. 

Dr. Her­wig Lind­ner
1. Vize-Prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärztekammer

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2021