Schulimpfungen: Die Lücken schließen

25.05.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

Dass die Schulen lange Zeit keinen Regelunterricht hatten, spiegelt sich bei den verpassten Schulimpfungen wider. Eine weitere Schwierigkeit: Der Impfauftrag der Schulärzte ist zwar auf dem Papier festgelegt, es hapert aber noch in der Umsetzung.

Jedes Bundesland kocht sein eigenes Süppchen. Das wirkt sich auf die Durchimpfung von Kindern und Jugendlichen aus. Der Föderalismus macht es schwer, dass österreichweit flächendeckend in den Schulen die im kostenfreien Kinderimpfprogramm vorgesehenen Immunisierungen durchgeführt werden: „Neben dem Bundesland hängt es auch von der Schulform ab, wie die Schulimpfungen geregelt sind“, kritisiert Rudolf Schmitzberger, Leiter des ÖÄK-Referats für Impfangelegenheiten. In manchen Bundesländern impfen Amtsärzte in den Pflichtschulen, in anderen Schulärzte oder delegierte Impfärzte, in einigen Schulen wird aufgrund vielschichtiger Herausforderungen gar nicht geimpft. „Bundesschulärzte haben leider immer noch keinen Impfauftrag vom Land, obwohl in der Schulärzteverordnung von 2019 das Impfen explizit verankert wurde. Die Situation hat sich also bislang leider nur auf dem Papier verändert“, erzählt Sabine Badelt vom Schulärzte-Referat der ÖÄK. Es bräuchte einen klaren Impfauftrag der Länder, um keine weiteren Impflücken entstehen zu lassen. „Schulimpfungen sind ein wichtiger Hebel, um junge Menschen zwischen dem Kleinkind- und dem Erwachsenenalter umfassend und niederschwellig zu erreichen“, sagt Schmitzberger. So würden die Auffrischungsimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio in der zweiten oder dritten Klasse Volksschule verabreicht; einen hohen Stellenwert in der Prävention habe aber auch die Meningokokken-Impfung, die zwischen dem 10. und 13. Lebensjahr angeboten wird.

Jeder Arztbesuch zählt

Durch die Schulschließungen oder den Schichtbetrieb war es teilweise gar nicht möglich, Impfungen zu organisieren. Dass gewaltige Lücken bei den Schulimpfungen entstanden sind, zeigt ein Blick in die Abrufdaten: Im Jahr 2020 wurden verglichen mit 2019 deutlich weniger Schulimpfungen abgerufen, obwohl Nachholbedarf besteht. Konkret wurden bei der HPV-Impfung 45 Prozent des Bedarfs abgerufen, bei der Meningokokken ACWY-Impfung 39 Prozent und bei der Hepatitis-B-Impfung 40 Prozent. Die Schulärzte müssten nach Aufnahme des Regelbetriebes aus Sicht von Schmitzberger auch noch für die Bedeutung der MMR- und der FSME-Impfung sensibilisieren, denn es sei ein Anstieg der Fallzahlen zu befürchten, wenn nicht aktiv gegengesteuert würde. Für die Schulärzte-Referentin ist die Zeit zwischen dem Regelunterricht und den Sommerferien sehr knapp, um die verpassten Impfungen an den Schulen aufzuholen: „Es ist schwierig, in dieser Zeit etwas auf die Beine zu stellen, was auch vor COVID-19 leider noch nicht geregelt war“, sagt Badelt. Zudem seien bei den Schülern auch viele andere Probleme aufgetreten, die man ansprechen und kanalisieren müsse. Schulärzte könnten aber zumindest Impfempfehlungen an Schüler und Eltern aussprechen und die Wichtigkeit der Impfungen betonen: „Je schneller wir einen offiziellen Impfauftrag bekommen, desto schneller können wir natürlich auch mit den Schulimpfungen starten“, sagt Badelt. Wichtig sei aus Sicht der Experten, dass die Eltern den Impfpass ihrer Kinder checken lassen und wenn nötig Impfungen vom Kinderarzt oder in öffentlichen Impfstellen nachholen lassen. Das Zusammenspiel zwischen Schulen, Impfstellen und Ordinationen spiele eine wesentliche Rolle, um die Ausfälle im Schulimpfprogramm zu kompensieren, betont Schmitzberger: „Jeder Arztbesuch sollte genutzt werden, um den Impfpass zu kontrollieren.“ (sni)

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 10 / 25.05.2021