Inter­view Artur Wech­sel­ber­ger: Corona & Sport: „Teil­weise unangemessen“

25.03.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK


Im Sport­be­reich sei zu wenig dif­fe­ren­ziert wor­den, Locke­run­gen unter bestimm­ten Sicher­heits­vor­schrif­ten seien in man­chen Sport­ar­ten sicher mög­lich, sagt Artur Wech­sel­ber­ger, Lei­ter des ÖÄK-Refe­rats für Sportmedizin.

Inwie­fern bemer­ken Sie als Sport­me­di­zi­ner eine Ver­än­de­rung seit Beginn der Pan­de­mie? Gerade im Bereich des Frei­zeit- und Hob­by­sports gibt es gewal­tige Ein­schrän­kun­gen. So ist nahezu der gesamte Ver­eins­sport zum Erlie­gen gekom­men. Ebenso erging es jenen, die regel­mä­ßig Fit­ness­stu­dios auf­zu­su­chen gewohnt waren oder eine Sport­art aus­üben, bei der ein Part­ner benö­tigt wird. Ganz zu schwei­gen von den Mann­schafts­sport­ar­ten. Wer es nicht geschafft hat, sich sport­li­che Alter­na­ti­ven zu suchen, die allein in freier Natur oder im Rah­men eines Home­trai­nings mög­lich sind, hat im letz­ten Jahr sicher­lich deut­lich weni­ger Bewe­gung gemacht. Dem­ge­gen­über steht die Erfah­rung, dass viele, ob des Bewe­gungs­man­gels und der Aus­gangs­be­schrän­kun­gen, den Ver­füh­run­gen von Kühl­schrank und Küche nicht wider­ste­hen konn­ten. Sie berich­ten über eine dem­entspre­chende Gewichtszunahme. 

Inwie­weit hat sich der pro­fes­sio­nelle Sport bzw. der Frei­zeit­sport durch die Pan­de­mie ver­än­dert? Für den Profi- und Spit­zen­sport hat es Aus­nah­me­re­ge­lun­gen gege­ben. Die Akti­vi­tä­ten im Frei­zeit­sport muss­ten sich nicht zuletzt auch auf­grund gesperr­ter Sport­stät­ten ändern. Dabei haben sich beson­ders Aus­dau­er­sport­ar­ten wie Lau­fen, Jog­ging, Wal­king und Rad­fah­ren als Alter­na­ti­ven ange­bo­ten. Im Win­ter kam es vor allem zu einer enor­men Zunahme der Schitourengeher.

Wel­che Fol­gen hat das Schlie­ßen von Ver­eins- und Frei­zeit­sport aus medi­zi­ni­scher Sicht? Neben der feh­len­den kör­per­li­chen Ertüch­ti­gung durch Sport, der Leis­tungs­stei­ge­rung in der Vor­be­rei­tung zu Wett­kämp­fen sowie der Teil­nahme an Wett­kämp­fen sind auch die sozia­len Kon­takte, die beson­ders der Ver­eins­sport bie­tet, zum Erlie­gen gekom­men. Des­halb zei­gen sich neben den Män­geln an Fit­ness und kör­per­li­cher Leis­tungs­fä­hig­kei­ten auch psy­chi­sche Fol­ge­schä­den – von der Ver­ein­sa­mung bis zu depres­si­ven Stö­run­gen. Beson­ders sind es aber Kin­der und Jugend­li­che, die unter Man­gel an geziel­tem kör­per­li­chen Trai­ning und feh­len­den Kon­tak­ten leiden. 

Wie nach­voll­zieh­bar sind die Maß­nah­men im Sport­be­reich? Das hängt ganz von der Sport­art und den dabei mög­li­chen Infek­ti­ons­ge­fah­ren ab. Nach­dem es nur wenige Dif­fe­ren­zie­run­gen in den Maß­nah­men gab, waren und sind diese, bezo­gen auf bestimm­ten Sport­ar­ten, objek­tiv betrach­tet hart und teil­weise unan­ge­mes­sen. Den­ken Sie etwa an Ten­nis. Hier wären Locke­run­gen unter bestimm­ten Sicher­heits­vor­schrif­ten sicher mög­lich. Dass es auch anders geht, hat der alpine Schi­lauf gezeigt.

Schwimm­bä­der und Fit­ness­stu­dios sind geschlos­sen, Ver­eins- und Uni­ver­si­täts­sport ist nicht mög­lich: Inwie­weit hat das Fol­gen auf den all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stand? Trai­nings­man­gel, feh­lende kör­per­li­che Fit­ness ver­bun­den mit Gewichts­zu­nahme und psy­chi­schen Sym­ptome als Folge feh­len­der regel­mä­ßi­ger kör­per­li­cher Akti­vi­tä­ten und sozia­ler Kon­takte haben viel­fäl­tige mess­bare Aus­wir­kun­gen auf die Gesund­heit der Bevöl­ke­rung. Es wird auch nach Locke­rung der Coro­na­maß­nah­men Monate dau­ern, bis der ‚Sta­tus quo ante‘ wie­der erreicht ist.

Wie sieht es mit Sport nach einer durch­ge­stan­de­nen COVID-19-Erkran­kung aus? Die Sport­frei­gabe nach einer COVID-19-Erkran­kung ist eine sport­me­di­zi­ni­sche Her­aus­for­de­rung. Neben einer genauen Ana­mnese, kör­per­li­chen Unter­su­chung und Erhe­bung von Labor­pa­ra­me­tern gilt es beson­ders auf mög­li­che organ­be­zo­gene Mani­fes­ta­tio­nen zu ach­ten, ins­be­son­dere pul­mo­n­ale und car­diale Betei­li­gun­gen. Es gibt sehr gute Publi­ka­tio­nen von Exper­ten wie auch von Fach­ge­sell­schaf­ten zum Thema „Return to Sport after COVID-19“, deren Beach­tung drin­gend emp­foh­len ist. (sni)

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 6 /​25.03.2021