Interview Lazo Ilic: „Gute Planung notwendig“

15.07.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

Lazo Ilic, stellvertretender Kurienobmann der angestellten Ärzte der Ärztekammer Burgenland, bringt Spital und Forschung unter einen Hut. Er absolviert seine Facharztausbildung in Teilzeit und schreibt die restliche Zeit an seiner PhD­-Arbeit.

In welchem Studienausmaß absolvieren Sie derzeit die Ausbildung? In meiner Facharztausbildung im Sonderfach Allgemein- und Viszeralchirurgie arbeite ich derzeit 50 Prozent. Ich bin Teilzeit angestellt, weil ich mit dem Doktorat angefangen habe und für dieses muss man zumindest für 20 Stunden an der Universität angestellt sein. Daher musste ich die Arbeitszeit im Spital reduzieren. Anfangs waren die Kollegen in der Abteilung skeptisch, da es vor allem in Chirurgie sehr ungewöhnlich ist, Teilzeit zu arbeiten. Mit guter Planung der Arbeitszeiten und einer großen Flexibilität ist es aber auch durchaus möglich, neben einem modernen PhD­Programm auch mit der Facharztausbildung voranzukommen. Dieses Modell des „Physician-Scientist“, bei dem man als Arzt arbeitet, aber auch dezidiert Zeit für die Forschung hat, ist in den englischsprachigen Ländern geläufiger, aber auch dort immer seltener. Hier in Österreich ist es abseits von Universitätskliniken besonders ungewöhnlich, wissenschaftlich und klinisch parallel zu arbeiten. Für mich wäre die Alternative gewesen, nur den PhD zu machen und die Arbeit im Spital zu lassen.

Inwieweit werden flexible Arbeitszeitmodelle auch zukünftig noch eine größere Rolle spielen? Der Wunsch nach Teilzeitarbeit ist bei vielen Kollegen da, bei einigen aufgrund von Kinderbetreuung bereits Realität. Hier wäre es wichtig, dass man passende Ausbildungsmodelle auch individuell kreieren kann. Ich glaube, dass viele das Interesse an alternativen Arbeitszeitmodellen hätten, entweder wegen einer besseren Work­Life­Balance oder um die Arbeit im Spital mit anderen Tätigkeiten abzuwechseln – ob in der Niederlassung, wie sich das schon lange etabliert hat, oder in anderen Bereichen wie der Wissenschaft. In meinem Fall ist die Facharztausbildung organisatorisch eine Herausforderung, weil man im Optimalfall die eigenen Patienten, auch postoperativ, selbst betreuen möchte. Dafür benötigt es eine sehr gute Planung. Ich bekomme viele Gelegenheiten für fachrelevante Tätigkeiten und für das Operieren, es ist aber natürlich eine zusätzliche Herausforderung im Vergleich zur Vollzeitarbeit.

Wie offen sind die Spitäler für flexible Arbeitszeitmodelle, auch bereits in der Arztausbildung? Mein Eindruck ist, dass es in Österreich noch Nachholbedarf gibt. In der Schweiz beispielsweise werden variable Arbeitszeiten teils auch schon bei Stellenausschreibungen angeführt. Auch in englischsprachigen Ländern ist es geläufiger, als erfahrener Facharzt im Spital nur Teilzeit angestellt zu sein. Bei uns hat man den Eindruck, dass damit gar nicht gerechnet wird. In der Arztausbildung ist Teilzeit praktisch ausgeschlossen, außer aus Gründen der Kinderbetreuung nach der Karenzzeit. Dafür gibt es gesetzliche Vorgaben. Ältere Kollegen sind in einer besseren Verhandlungsposition bei Wünschen nach reduzierten Arbeitszeiten. Bei jüngeren Kollegen ist der Wunsch – abseits von der gesetzlich geregelten Elternteilzeit, die der Arbeitgeber akzeptieren muss – ungewöhnlich. Nun haben wir aber durchaus Mängel und viele offene Ausbildungsstellen in Österreich. Möglicherweise wird in Zukunft ein Wunsch auf Teilzeitarbeit eher berücksichtigt.

Neben der Work-Life-Balance ist auch die Ausbildungsqualität ein wichtiger Faktor für junge Ärzte, im Land zu bleiben. Wie sieht es Ihrer Erfahrung nach damit aus? Die Arztausbildung ist sehr individuell und abhängig vom Fach und der Abteilung. In den verschiedenen Fachrichtungen reichen die durchaus berechtigten Wünsche von mehr Einsatz im OP und Gelegenheiten für fachspezifische Tätigkeiten über Verbesserung der allgemeinen Arbeitssituation bis hin zur Arbeitsentlastung. Besonders schwierig ist es aber für Ärzte in allgemeinmedizinischer Ausbildung. Für diese fühlt sich oft keiner verantwortlich, bei den vielen Aufgaben im Spital geht die Betreuung eher unter. In den Fächern besteht natürlich ein direktes Interesse, dass die Assistenzärzte etwas lernen. Ärzte in Ausbildung für Allgemeinmedizin hingegen sind nur kurz auf der Abteilung und werden oft nicht Teil des Teams. Hier sehe ich besonders viel Verbesserungspotential. (sni)

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 13-14 / 15.07.2021