Impfungen beim Hausarzt: „Große Vertrauensbasis“

25.04.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK


Die Allgemeinmedizinerin Martina Heischl erzählt im Interview von allergischen Reaktionen nach einer Impfung gegen COVID-19, wie in ihrer Gruppenpraxis das Impfprogramm generell umgesetzt wird und über das positive Feedback der Patienten auf das Impfangebot.
Sascha Bunda

Wann haben Sie die Entscheidung getroffen, COVID-Impfungen anbieten zu wollen? Was waren die entscheidenden Gründe für Sie? Für unsere Ordination war von Beginn an klar, dass wir uns am Impfprogramm beteiligen wollen. Wir als Hausärzte kennen unsere Patienten am besten und können auch das Risikoprofil des Patienten gut einschätzen. Man darf nicht vergessen, dass eine große Vertrauensbasis zwischen Patient und Arzt besteht. Damit kann man auch unentschlossene Patienten besser erreichen. Besonders freut mich persönlich ein Fall, wo ich eine Hochrisikopatientin mit einer pulmonalen Hypertonie von der Impfung überzeugen konnte. Das ist eindeutig der Vorteil eines niederschwelligen Impfangebots beim Hausarzt. Diese Patientin wäre bestimmt nie in eine Impfstraße gefahren. Daher finde ich es extrem wichtig, weiterhin alle Impfstoffe gegen das neuartige Coronavirus beim Hausarzt anzubieten. Zudem ist es für die Patienten ein großer Vorteil, da die Wege kurz sind und sie bei ihrem Arzt, dem sie schon lange in Fragen ihrer Gesundheit vertrauen, geimpft werden können.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Ablauf der Logistik? Also etwa was die Bereitstellung der Impfstoffe und die Lieferung betrifft? Bisher war die Lieferung und Bereitstellung kein Problem, davon abgesehen, dass viel zu wenig Impfstoff vorhanden ist und wir im hausärztlichen Bereich viel mehr Patienten impfen könnten. Leider war es aufgrund des Impfstoffmangels auch in Niederösterreich nicht möglich, dass alle Hausärzte, die impfen wollten, auch in das Impfprogramm aufgenommen wurden. Die niedrige Durchimpfungsrate liegt offensichtlich ganz klar nicht an uns Ärzten, sondern am Mangel an Impfstoffen. Dieser Mangel hat sich bis dato offensichtlich nicht entspannt, da wir jetzt weniger Impfstoff bekommen als angemeldete Patienten.

Wie konnten Sie die COVID-Impfungen in Ihren Praxisalltag integrieren? Da wir eine Gruppenpraxis sind, ließ sich das Impfprogramm gut umsetzen. Allerdings benötigt man genügend Platz für die klinische Überwachung. Aber auch jeder Arzt mit einer Einzelordination ist gut für das Impfprogramm geeignet, es kommt nur auf die Organisation an. Wir haben in unserer Ordination bei der Organisation auf zwei Schienen gesetzt: Einerseits Impfungen während des normalen Praxisalltags und andererseits Impfungen außerhalb der normalen Ordinationszeiten. Außerhalb der Ordinationszeiten schaffen wir aufgrund des Platzangebotes und der guten Organisation 30 Patienten pro Stunde. Das ist in etwa dieselbe Anzahl, die eine Impfstraße bewältigt.

Welche Rückmeldungen bekommen Sie von Ihren Impflingen? Wir haben bis jetzt extrem positives Feedback von unseren Patienten erhalten. Die Impflinge sind generell froh, eine Impfung zu erhalten.

Gibt es Impflinge, für die es besonders wichtig war, von Ihnen als Vertrauensärztin geimpft zu werden? Wir haben viele Patienten, die sich nur von uns als ihren Hausärzten impfen lassen wollen. Daher ist für uns als Hausärzte unverständlich, dass Niederösterreich jetzt das gut funktionierende Impfkonzept, das auf wohnortnaher Versorgung beim Hausarzt basiert, gegen Impfstraßen austauschen will. Es gibt bestehende Strukturen, die erfahren mit dem Impfstoff umgehen, da ist es für mich unverständlich, neue und durchaus sehr teure Strukturen zu schaffen, nur um die gleiche Leistung zu bewältigen. Besser wäre es aus meiner Sicht, dieses Geld in die Impfstoffbeschaffung zu stecken, um möglichst bald alle Impfwilligen impfen zu können.

Welche besonderen Ereignisse gab es bei Ihnen im Rahmen der Impfung? Gleich am ersten Impftag ist es bei einem Impfling zu einer fulminanten allergischen Reaktion gekommen. Hier müssen wir als Hausärzte natürlich rasch reagieren. Dieses Beispiel zeigt wieder einmal, dass es besonders wichtig ist, Impfungen nur beim Arzt durchführen zu lassen. Diese Patientin hat aufgrund unseres Notfallmanagements überlebt und es geht ihr Gott sei Dank wieder gut.

 

 

 

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 8 / 25.04.2021