BKNÄ: Betreuung von COVID-Patienten – Hürdenlauf für Profis

15.12.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK, Coronavirus

Die niedergelassenen Ärzte haben sich längst auf die Betreuung von COVID-Patienten eingestellt, doch es gibt noch immer Hürden, die immer deutlicher zu Tage treten.
Sascha Bunda

Einen zentralen Punkt sprach Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, gleich am Beginn einer virtuellen Pressekonferenz Ende November an: „Auch im Lockdown sind die Ordinationen in ganz Österreich selbstverständlich weiterhin geöffnet. Wir niedergelassenen Ärzte waren immer für unsere Patienten da, wir sind auch jetzt da und wir werden da sein“, appellierte Steinhart, weiterhin Kontroll- und Vorsorgetermine und natürlich auch Impftermine wahrzunehmen. „Nicht nur Ärzte in den Krankenhäusern und Intensivstationen, sondern auch die niedergelassenen Ärzte leisten aktuell Übermenschliches, um unser Gesundheitssystem am Laufen zu halten und Kollateralschäden zu vermeiden“, brachte Steinhart die Situation auf den Punkt. „Dabei sind einige Punkte zutage getreten, die bei der Arbeit behindern“, sagte Steinhart.

Mittlerweile sei man leider schon erfahren in Pandemiesituationen, sagte Naghme Kamaleyan-Schmied, Allgemeinmedizinerin in Wien und Leiterin des Referates für Primärversorgung und ärztliche Zusammenarbeitsformen der ÖÄK. Man habe schon früh das Wartezimmermanagement optimiert und die Ordinationen so sicher wie möglich gemacht.

Besonders schwer würden gerade jetzt tagelange ELGA-Ausfälle wiegen, wie sie Anfang November vorgekommen sind. Das wäre aber noch ein kleineres Problem – katastrophal seien dagegen die Limitierungen bei der Gesprächsmedizin. „Jeder Patient braucht viel mehr Zeit und Beratung. Hier muss Abhilfe geschaffen werden“, so Kamaleyan-Schmied. Bei den zunehmenden Hausbesuchen werde zudem schmerzlich bewusst, dass es an einer Sache immer noch hake: „Nach wie vor dürfen Wiener Ärzte, die für Visiten ihre privaten Fahrzeuge verwenden, nicht im Bezirk der Ordination parken – außer sie wohnen zufällig im selben Bezirk und haben auf dem Privatauto das ‚passende‘ Parkpickerl“, erzählt Kamaleyan-Schmied.

„Selbstverständlich wäre auch das Dispensierrecht für alle Ärzte eine große Hilfe. Ich ordiniere teilweise bis 19 Uhr, da machen die meisten Apotheken zu. Mit Dispensierrecht gebe ich dem Patienten sein Medikament einfach mit“, schilderte Kamaleyan-Schmied.

„Wir niedergelassenen Allgemeinmediziner übernehmen einen Großteil der Behandlungen von COVID-19-Patienten und leisten einen wichtigen Beitrag zur Entlastung der Krankenhäuser“, beschrieb Edgar Wutscher, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin (BSAM) und Allgemeinmediziner in Tirol. Allgemeinmediziner seien bestens vorbereitet, die BSAM habe schon zu Anfang der Pandemie eine Checkliste für die Betreuung und Überwachung der COVID-Erkrankten erstellt. „Das unterstreicht die großartige Eigen-initiative der Ärzte sowie der Bundessektion“, so Wutscher.

Das wichtigste Mittel zur Pandemiebekämpfung sei nach wie vor die COVID-Schutzimpfung. „Nur durch die Impfung werden wir der Seuche Herr werden. Hausärzte können wohnortnah und kompetent beraten und gleich die Impfung durchführen – dank ihrer umfassenden Ausbildung bei garantiert höchstmöglicher Patientensicherheit in jeder Situation“, betonte Wutscher: „Was wir also auf keinen Fall brauchen, sind Impfungen durch Apotheker, die glauben, dass sie nach einem Schnellsiedekurs alles über das Impfen wissen. Würde jemand sein Auto zum Service zum Installateur bringen, weil der ein paar Artikel über Autoreparaturen gelesen hat?“

Viel wichtiger sei auch für ihn das Dispensierrecht: „Wie soll ein Coronapatient sich Medikamente besorgen? Wie soll er das machen, wenn er bettlägerig ist? Die Erfahrung am Land zeigt täglich, dass weite Wege bis zur nächsten Apotheke zurückgelegt werden müssen und dann noch außerhalb der Geschäftszeiten und in der Nacht. Kann man das einem Kranken zumuten? Die Apothekerkammer findet das in Ordnung“, so Wutscher.

Ansatzpunkte

Niedergelassene Ärzte dürfen jetzt nicht alleine gelassen werden, fasste Steinhart zusammen: Es brauche dringend eine Aufhebung der Limitierungen bei Gesprächsmedizin, eine stabile ELGA, die lange geforderte Ausnahmeregelung für Wiener Ordinationen beim Parkpickerl und vor allem das Dispensierrecht für alle Ärzte, das aktuell so dringend notwendig sei wie nie zuvor.

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 23-24 / 15.12.2021