Aktu­el­les aus der ÖÄK: Vor­sorge statt Sorge

10.03.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK


Das neue Coro­na­vi­rus beherrscht zwar die Schlag­zei­len, doch soll­ten andere Erkran­kun­gen ebenso ernst genom­men wer­den. Die Zah­len bei den Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen zei­gen: Es dro­hen ernste Kol­la­te­ral­schä­den. Diese müs­sen drin­gend ver­mie­den wer­den.
Sascha Bunda

Es ist nun über ein Jahr her, dass das Coro­na­vi­rus welt­weit die Grund­fes­ten des gesell­schaft­li­chen Lebens erschüt­tert und den All­tag auf den Kopf gestellt hat. Ent­spre­chend domi­nant ist die Pan­de­mie auch in den Schlag­zei­len und in der all­ge­mei­nen Auf­merk­sam­keit. Doch diese Fokus­sie­rung bringt auch mit sich, dass das übrige Krank­heits­ge­sche­hen nicht mehr die Auf­merk­sam­keit bekommt, die es haben sollte. Beson­ders im ers­ten Lock­down, als die Regie­rung dazu auf­ge­ru­fen hatte, Arzt­pra­xen nur in drin­gen­den Fäl­len auf­zu­su­chen, wur­den viele Ter­mine für Kon­troll- und Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen aus Angst vor einer Anste­ckung nicht wahr­ge­nom­men. Spe­zi­ell für die Krebs­dia­gnos­tik hatte das gra­vie­rende Aus­wir­kun­gen. Die Fach­gruppe Radio­lo­gie der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer berich­tete für März und April 2020 von einem Rück­gang bei Scree­ning­un­ter­su­chun­gen um 70 bis 80 Pro­zent – gerade für die Früh­erken­nung sind das gefähr­li­che Zah­len. Im wei­te­ren Ver­lauf des Vor­jah­res konnte zwar noch eini­ges wie­der auf­ge­holt wer­den, das Minus ist aber den­noch beträcht­lich. Kon­krete Zah­len gibt es der­zeit nur wenige, die Öster­rei­chi­sche Gesund­heits­kasse rech­net damit, dass die end­gül­ti­gen Zah­len für das Vor­jahr im April 2021 ver­füg­bar sein sol­len. Die bereits vor­lie­gen­den Zah­len für die Brust­krebs-Früh­erken­nungs­un­ter­su­chun­gen – sowohl Scree­ning­un­ter­su­chun­gen als auch dia­gnos­tisch indi­zierte Unter­su­chun­gen – zei­gen aber, dass es 2020 um 17 Pro­zent weni­ger Unter­su­chun­gen gab als im Vor­jahr. Berech­nun­gen der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer zei­gen, dass es im Ver­gleich zu 2020 sogar ein Drit­tel weni­ger Mam­mo­gra­phien gege­ben hat.

Höchst­mög­li­che Sicherheit

„Nicht nur COVID-19, son­dern auch Krebs und andere schwere Krank­hei­ten kön­nen lebens­be­droh­lich sein“, sagt auch Klaus Wicke, Obmann der Bun­des­fach­gruppe Radio­lo­gie. „Es ist des­halb wich­tig, Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen wie die Mam­mo­gra­phie auch in Zei­ten wie die­sen durch­zu­füh­ren. Es besteht kein Grund zur Sorge, sich im Zuge einer Mam­mo­gra­phie mit SARS-CoV‑2 zu infi­zie­ren: Ter­mine wer­den so ver­ge­ben, dass sich immer nur wenige Men­schen gleich­zei­tig im War­te­zim­mer befin­den, und die Sicher­heits­ab­stände wer­den auf jeden Fall ein­ge­hal­ten. Mit Hygie­ne­maß­nah­men und FFP2-Mas­ken sor­gen radio­lo­gi­sche Stand­orte für höchst­mög­li­che Sicherheit.“

Tho­mas Fied­ler, Bun­des­fach­grup­pen­ob­mann für Frau­en­heil­kunde und Geburts­hilfe, hält in die­sem Zusam­men­hang fest, dass es alleine mit den schrift­li­chen Ein­la­dun­gen zur Brust­krebs­vor­sorge nicht getan ist. Ein hoher Anteil von Frauen würde ange­ben, diese nicht erhal­ten oder nicht wahr­ge­nom­men zu haben. Von der ange­peil­ten Teil­nah­me­quote von 70 Pro­zent, die in skan­di­na­vi­schen Län­dern bereits erreicht werde, sei man mit der­zeit 50 Pro­zent noch deut­lich ent­fernt. „Moti­va­tion und Auf­klä­rung sind im Rah­men der Brust­krebs­vor­sorge das Kern­ge­schäft der nie­der­ge­las­se­nen Gynä­ko­lo­gen, die in einem ganz beson­de­ren Ver­trau­ens­ver­hält­nis mit ihren Pati­en­tin­nen ste­hen. Wir sind damit ein uner­läss­li­cher Bestand­teil für den Erfolg die­ses Pro­gramms“, sagt Fied­ler, der die Wich­tig­keit von Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen auch für wei­tere Krebs­ar­ten der weib­li­chen Geschlechts­or­gane unterstreicht.

Rück­stand aufholen

Johan­nes Stein­hart, Vize­prä­si­dent der Öster­rei­chi­schen Ärz­te­kam­mer und Bun­des­ku­ri­en­ob­mann der nie­der­ge­las­se­nen Ärzte, betont eben­falls: „Es gibt nach wie vor einen gro­ßen Rück­stau bei den Kon­troll- und Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen. Wir dür­fen die kol­la­te­ra­len Erkran­kun­gen nicht ein­fach hin­neh­men, schließ­lich gibt es noch genü­gend andere schwere Krank­hei­ten. Auch wenn sich das Augen­merk aktu­ell haupt­säch­lich auf das neue Coro­na­vi­rus rich­tet, gibt es noch chro­nisch Kranke im sel­ben Aus­maß wie in den ver­gan­ge­nen Jah­ren.“ Man werde nun erneut einen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­schwer­punkt set­zen: „Unsere Bot­schaft an die Men­schen wird sein: Neh­men Sie Ihre Arzt­ter­mine unbe­dingt wahr!“ Die Bun­des­ku­rie nie­der­ge­las­sene Ärzte arbeite mit lau­fend aktua­li­sier­ten Emp­feh­lun­gen und Sicher­heits­maß­nah­men stän­dig daran, dass die Ordi­na­tio­nen sichere Orte sind und blei­ben. Auch ältere Per­so­nen bräuch­ten keine Beden­ken zu haben, ihren Arzt auf­zu­su­chen: „Tele­fo­nisch einen Ter­min ver­ein­ba­ren und eine FFP2-Maske mit­brin­gen, dann besteht kein Grund zur Sorge“, bekräf­tigt Steinhart. 

© Öster­rei­chi­sche Ärz­te­zei­tung Nr. 5 /​10.03.2021