Standpunkt Präsident Thomas Szekeres: Ärztenovelle – Schlag ins Gesicht

07.07.2021 | Aktuelles aus der ÖÄK

a.o. Univ.-Prof. Thomas SzekeresIn einer Pandemie ist die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern sowie sämtlichen Mitarbeitern im Bereich der Gesundheitsberufe umso sichtbarer. Ob nun in Spitälern, in Ordinationen oder in Impfzentren und Impfstraßen – allerorts war das Engagement der Ärzteschaft spürbar. Sie alle haben bis an die persönliche Belastungsgrenze und oft darüber hinaus ihr Bestes gegeben. Sie waren jederzeit für ihre Patientinnen und Patienten da und haben die Versorgung auch abseits von SARS-CoV-2 aufrechterhalten.

Anstatt diese Leistung substantiell zu würdigen und die Ärztinnen und Ärzte bestmöglich in ihrer Arbeit zu unterstützen, damit die Qualität in der Patientenversorgung auf dem hohen Niveau beibehalten werden kann, wurde just in dieser Zeit eine Novelle des Ärztegesetzes beschlossen. Ein juristischer Formalfehler, der leicht aus der Welt zu schaffen gewesen wäre, wurde machtpolitisch für einen Rundumschlag auf die ärztliche Selbstverwaltung missbraucht. Mit schwerwiegenden Folgen: Der Österreichischen Ärztekammer werden Kompetenzen bei der ärztlichen Ausbildung und bei der Qualitätssicherung entzogen. Die ärztliche Ausbildung soll nun zu den Bundesländern, die Qualitätssicherung an das Gesundheitsministerium wandern.

Dafür fehlt uns jedes Verständnis. Wer, wenn nicht Ärztinnen und Ärzte, können kompetent ihr Wissen und ihre Erfahrung einbringen, damit die Rahmenbedingungen und Inhalte der ärztlichen Ausbildung so sind, dass die Patientenversorgung sichergestellt ist? Das ist kein neues Konzept, in allen möglichen Branchen wird der Nachwuchs von den Erfahrenen ausgebildet, so bilden Bäcker auch ihre Lehrlinge aus. Warum sollten die Rahmenbedingungen der jungen Ärztinnen und Ärzte von Bezirksämtern festgelegt werden, statt von den Experten in den eigenen Reihen?

Das ist ein Schlag ins Gesicht der Ärztinnen und Ärzte. Und es ist ein politisches Machtspiel auf dem Rücken der Ärztinnen und Ärzte und der gesamten Bevölkerung. Es wird dabei vergessen, dass es hier um das wertvollste Gut geht, nämlich um die Gesundheit der Bevölkerung.

Es ist fadenscheinig, einerseits Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung vor einem neuen Virus zu veranlassen, aber gleichzeitig still und heimlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen auf Kosten der allgemeinen Gesundheit der Bevölkerung zu ändern.

ao. Univ. Prof. Thomas Szekeres
Präsident der Österreichischen Ärztekammer

© Österreichische Ärztezeitung Nr. 12 / 25.06.2021